Deserteure: Aric Jorgan vs. Harron Tavus
Vielleicht habe ich mich auch nicht weit genug umgehört, aber es wundert mich doch, dass nach Kapitel XI nur sehr wenige und kaum sehr umfangreiche Vergleiche zwischen Jorgan und Tavus gezogen wurden. Beide desertierten, aber da enden für viele auch bereits die Ähnlichkeiten. Und so ganz falsch ist das auch nicht. Tavus schloss sich dem Feind an, Jorgan wurde lediglich abtrünnig und schloss sich dann einer "lokalen Widerstandsbewegung" an. So gesehen ließe sich Jorgan nur als Deserteur und nicht als Hochverräter einstufen. Aber auch Jorgan demonstriert auf Zakuul eine latente Neigung zum Hochverrat, weil er durchaus Sympathien für einen Staatsstreich gegen Saresh anklingen lässt.

Die Todesstrafe

Die Alte Republik vollstreckte Todesstrafen nur im äußersten Notfall. Vor allem in Kriegszeiten verschwammen allerdings hin und wieder die Grenzen. Der zum Sith-Lord gewordene Ulic Qel-Droma saß 300 Jahre vor SWTOR ebenfalls wegen Hochverrats auf der Anklagebank des Senats und es stand auch die Todesstrafe im Raum, vor allem wenn sich Qel-Droma nicht zur Besserung oder Wiedergutmachung bereit erklärt hätte. Die Jedi-Ritter übten immer einen mäßigenden Einfluss auf die Gerichte aus, sodass man nur mit Grauen daran denken mag was nach dem Fall des Ordens unter Sareshs Militär-Regime los sein könnte.

Auch Harron Tavus hätte im Fall einer Festnahme nicht automatisch die Todesstrafe gedroht. Die Republik besitzt mit Belsavis ja sogar einen eigenen Gefängnisplaneten für Schwerverbrecher, die anderenorts hingerichtet werden würden. Bis zur Invasion durch das Imperium war Belsavis auch noch sicher und erfüllte seinen Zweck. So schwerwiegend Tavus Verrat auch war, die Republik hielt zu seiner Zeit weiterhin an ihren Idealen fest und "Wehrkraftzersetzung" war kein todeswürdiges Urteil. Der Einfluss der Jedi auf die moralischen Standards der Republik hatte auch zur Folge, dass Reue und Bedauern, sowie Besserungswillen seitens der Republik oft belohnt wurden. Wer sich bei seinem Prozess einsichtig zeigt (und das tat Tavus ja auch) kommt wohl immer mit dem Leben davon, auch wenn sich dieses dann nur noch in einem Hochsicherheitsgefängnis abspielt.

Unter Saresh hat sich die Republik grundlegend geändert. Die Jedi sind weg. Der Senat ist ausgeschaltet. Die Militärjustiz liegt vollständig in den Händen von Sareshs Junta. Je nachdem wie radikal Saresh wirklich ist könnte Desertion nun zum todeswürdigen Strafbestand geworden sein, genauso wie Hochverrat. Wir wissen aus Aygos und Lanas Berichten bereits, dass Saresh Oppostionelle verschwinden lässt. Kerkerstrafen und geheime Gefängniskomplexe für politische Gefangene, so kann man sich wohl Sareshs Umgang mit Gegnern ihrer Politik vorstellen. Die Republik ist am direkten Weg in die Diktatur.

Jorgans Fahnenflucht dürfte unter Saresh erheblich schwerwiegender bestraft werden, womöglich ähnlich scharf wie Tavus Hochverrat. Im Gegensatz zu Tavus hat Jorgan zwar keinen Staatsstreich geplant oder dem Kriegsgegner in die Hände gespielt, aber in einem Schauprozess könnte man sich die Wahrheit ja zurechtbiegen. Jorgan arbeitete an der Seite von Sith. In der Führungsriege der Allianz befinden sich ein abtrünniger SID-Agent und die ehemalige Ministerin des Sith-Geheimdiensts. Ausreichend Beweise dafür Jorgan lebenslang hinter Gitter zu sperren oder sogar still und heimlich hinzurichten, um der Republik einen medialen Shitstorm über den zweiten Fall von Hochverrat Havoc Squads in 12 Jahren zu ersparen.

Hochverrat

Auch die Vorbereitung oder Beihilfe zum Hochverrat stehen bereits unter Strafe. Die eigene Regierung versteht keinen Spaß, wenn man gewählte oder zumindest mit Amtsgewalt ausgestattete Würdenträger gewaltsam entfernen will. Harron Tavus war in Sachen Hochverrat in mehr Punkten schuldig als Jorgan. Tavus schloss sich einem aktiven Kriegsgegner an, er verleitete andere SpecForce Einheiten dazu sich ihm anzuschließen und er spielte dem Feind Waffen und Material in die Hände. Außerdem kämpfte Tavus auf der Seite des Imperiums darum dass republikanische Staatsgebiet zu verkleinern und schlussendlich auch den Senat zu stürzen. Tavus wurde zum Feind.

Jorgan ist hingegen nur abtrünnig, aber hegt im Gegensatz zu Tavus weniger militärische und mehr politische Absichten, die sich als Hochverrat einstufen ließen. Jorgan möchte Saresh, ihren Nachfolger und den Rest der Regierung entfernen. Jorgans Zielsetzung ist direkter und klarer. Ein gewaltsamer Staatsstreich ist wohl auch "sauberer" als sich dem militärischen Feind anzuschließen und einen Krieg anzuzetteln. Ist Jorgan also der bessere Verräter?

Jorgan ist zumindest der aussichtsreichere, denn Putschisten haben schon mehr Diktatoren zu Fall gebracht als plötzlich auftretende Demokratiebewegungen oder Demonstranten. Im Gegensatz zu Tavus kann Jorgan für seine Ziele wohl auch mehr Anhänger innerhalb der Republik mobilisieren, denn man verrät die Republik nicht, sondern stellt sie wieder her. Jorgans Pläne lassen sich in dieser Hinsicht mit den Überlegungen der Jedi in Episode III vergleichen. Als militärische Befehlshaber hat man die Möglichkeit das Kriegsrecht gegen den Kanzler zu verwenden, wenn dieser den Interessen der Republik im Weg steht (Frieden oder Sieg). Sidious war für den Krieg verantwortlich und steuerte auch die Gegenseite, er war damit ein Verräter. Saresh und ihre Marionette führen den falschen Krieg und missbrauchen ihre Vollmachten dafür eine politische Agenda umzusetzen. Amtsmissbrauch könnte jener Tatbestand sein mit dem man Sareshs Regime absetzen kann. Saresh müsste Rechenschaft für ihre Taten ablegen, doch sie schützt sich weiterhin durch rechtliche Immunität. Man könnte Saresh wohl mit bestimmten südeuropäischen Premierministern vergleichen, die sich durch ihre parlamentarische Immunität ähnlich vor jeder Anklage schützten.

Normalerweise schrecke ich vor zeitgenössischen Bezügen zurück, doch Sareshs Machtpolitik lässt sich wohl mit Putin, Orban oder Erdogan vergleichen. Die Republik ist unter Saresh jedenfalls zum Failed State mutiert, einer Bananenrepublik auf sehr hohem Niveau. Und genau in solchen sind Staatsstreiche bekanntlich sehr gut möglich. Wirtschaftliche Stagnation, Unterdrückung, ein starker und mächtiger Militärapparat, ein leicht kontrollierbares politisches System – alles da. Amüsantes Detail am Rande, es gibt sogar ein Handbuch zu diesem Thema: " Wie man einen Militärputsch inszeniert: Von der Planung bis zur Ausführung" von Ken Connor und David Hebditch, wobei die Originalausgabe "How to Stage a Military Coup: From Planning to Execution" für die Autoren BioWares wohl interessanter wäre.

Gründe

Zumindest in einem sind sich Jorgan und Tavus wirklich ähnlich, den Gründen für ihren Verrat. Beide handelten aufgrund ihrer Unzufriedenheit mit den politischen Verhältnissen und weil sie von der Republik und ihrem politischen Kurs zutiefst enttäuscht wurden. Während Tavus das Drama von Ando Prime zu bewältigen hatte musste Jorgan miterleben wie Saresh zunächst auf Ziost dem Sith-Imperator in die Hände spielte und während der Invasion wertvolle Ressourcen für ihren persönlichen Rachefeldzug gegen die Sith vergeudete. Beide Kommandeure wurden in Folge dieser Konflikte zwar befördert, aber mussten mitansehen wie ihr Vorgesetzter zum Opfer der Politik wurde. Jek Kardan schied aus dem Militärdienst aus und der Colonel wurde zum ersten Opfer der Invasoren. Die Republik unternahm nichts die beiden Amtsvorgänger zurückzuholen.

Genau wie Tavus bekam Jorgan zu spüren wie wenig sich die politische Führung für die Rettung guter Männer und Frauen aus der Gewalt des Feindes interessierte. Jorgan landete vor dem Kriegsgericht, sein Squad wurde auseinander genommen und jeder Rettungsversuch für den Colonel verboten. Elara wurde womöglich unehrenhaft entlassen oder zwangsversetzt, weil sie als Search and Rescue-Expertin wohl am vokalsten für eine Such- und Befreiungsaktion eintrat, aber auch weil sie als Ex-Imperiale eine politische Zielscheibe war. Vielleicht arbeitet sie nun für die auf Makeb eingeführten Protektoren. Selbst Yuun könnte aufgrund seiner Bereitschaft nach dem Colonel zu suchen aus den Streitkräften gedrängt worden sein. Es war die politisch-militärische Führung die Havoc zerstörte und nicht bloß ein Senatskomittee.

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walks by night, Mittwoch, 23. März 2016, 12:19
"Wie man einen Militärputsch inszeniert: Von der Planung bis zur Ausführung"

Ist anscheinend etwas humoriger ausgelegt, trotz der Bezüge auf historische Ereignisse.
Daher könnte der Titel auch
"Wie man einen Militärputsch inszeniert: Von der Planung bis zur Hinrichtung"
heissen XD

pfannenstiel, Mittwoch, 23. März 2016, 13:03
Grundsätzlich ist der Inhalt aber zutreffend, der Humor geht nur in der Übersetzung etwas verloren. Ich würde es als halb-ernst beschreiben.