Veeroa Denz und die Zersplitterung des Sith-Ordens
Dass alle Sith auch zum Sith-Imperium gehören war bis 4.0 eine Gegebenheit und störte größtenteils nur Rollenspieler oder solche die es gerne wären. Doch es gab auch Ex-Sith, etwa den geflohenen Akolythen, dessen Sohn man in einer Nebenquest auf Hutta auf Geheiß der Mutter nach Korriban verschiffen konnte. Oder die diversen namenlosen NPCs auf Makeb, die sich als verbannte Sith in den Heldengebieten tummeln. Die Idee, dass es neben abtrünnigen Jedi auch abtrünnige Sith geben könnte war nicht völlig aus der Luft gegriffen.

Darth Angrals Abtrünnigkeit hingegen änderte wenig daran, dass er weiterhin im Interesse des Sith-Imperiums und vor allem des Imperators agierte. Der Sith-Rat mag sich von ihm distanziert haben, aber nur aus diplomatischen Gründen und wohl auch aus etwas Eifersucht auf Angrals möglichen Erfolg. Terrak Morrhage war da schon ein anderer Fall, der Geist des antiken Sith-Lords kontrollierte zwar einen imperialen Kreuzer und kontrollierte Imps, Reps und einige Sith-Akolythen, aber er blieb dann doch eine Randnotiz. Selbst Darth Malgus und die Schreckensmeister waren immer noch sehr imperial, auch wenn sie ihr eigenes Imperium schaffen wollten. Für Imps blieb es beim Kampf gegen sie ein Bürgerkrieg.

Gerade in der Klassenstory des Sith Inquisitors war ich auf meinem ersten Inqui versucht nach Zashs Tod und Thanatons Mordversuch zu flüchten. Für mich erschien es logisch, dass ein derart gebrandmarkter und für tot erklärter Sith-Lord am besten aufgehoben wäre, wenn er sich absetzen würde. Doch die Story zwang mich zum Kampf gegen Thanaton, auch wenn mir das für meinen liberalen hellen Sith (der lieber Jedi gewesen wäre) unlogisch erschien. Deshalb bewundere ich Veeroa Denz. Veeroa hat das Chaos bei der Invasion Korribans genutzt und ihre Version von Aufseher Harkun ermordet. Als Sith wäre sie damit zur Meisterin geworden. Als ihr eigener Herr floh sie allerdings von Korriban.

Veeroa Denz ist Sith und doch keine Imperiale oder ein Mitglied des Sith-Ordens. Ähnlich wie Lana ist sie auch etwas unkonventionell und ließe sich als graue Sith betiteln. Vor allem ist Veeroa aber nur eine von vielen, denn sie war wohl nicht die einzige flüchtige Akolythin. Der Sith-Orden musste zwei Angriffe auf seine Akademie und den Verlust des Großteils seiner Ausbildner verkraften, während die Zahl der Lords durch Krieg und Intrigen stark ausgedünnt war. Lana Beniko zufolge starben fast alle Mitglieder des Dunklen Rats bei er Verteidigung gegen die Invasoren. Einige verschwanden aber auch, wie Lana gegenüber Sith durchklingen lässt. Nur Darth Acina blieb als einzige dem Imperium treu und bestieg den Thron.

Aus Kapitel II von Fallen Empire weiß man jedoch bereits, dass auch Darth Vowrawn die Invasion überlebt haben sollte. Vowrawn, der in Shadow of Revan vor der Hand des Imperators floh und seinen Posten als Minister für Logistik im Dunklen Rat verließ. Vowrawn, der womöglich ein Liebling des damaligen Lead Writers und heutigen Creative Lead Designers Charles Boyds ist. Hat sich Vowrawn nach dem Friedensvertrag zurückgezogen oder steht er nun als Königsmacher hinter dem Thron? Warum Vowrawn wichtig ist lässt sich daran ablesen, dass er neben Darth Marr zu den wenigen Figuren gehörte, die 2011 im zweiten offziellen Webcomic zu SWTOR eingeführt wurden. Blut des Imperiums führte Darth Thanaton als jungen Sith-Schüler ein und wies Darth Marr und Darth Vowrawn einen Platz als Vertreter des Dunklen Rats zu.

Sith die mit dem Zustand des Ordens und des Imperiums unzufrieden sind könnten auch Ähnlichkeiten zu Darth Bane aufweisen. Drew Karpyshyn, Autor der Darth Bane-Trilogie und Ikone vieler Star Wars-Fans, ist dieses Jahr wieder zum Autorenstab von SWTOR zurückgekehrt. Nimmt man nur die Bane-Trilogie und SWTOR zur Hand könnte man meinen Lord Kaans Sith-Bruderschaft wäre jener klägliche Rest, der vom Sith-Imperium eines Tages übrig bleiben würde. Die Idee als unorthodoxer Sith ins Exil zu gehen oder wie Bane den Aufbau eines eigenen Sith-Ordens als Splittergruppe zu betreiben besitzt für mich durchaus einen gewissen Reiz.

Und irgendwo da draußen existiert auch noch Lord Scourge. Es wurde nie geklärt inwieweit Scourge wirklich unsterblich ist, doch da Drew Karpyshyn den Revan-Roman schrieb, der Scourges Karriere als Sith-Lord nachzeichnete, besteht die Chance den einstigen Zorn des Imperators in Season 2 wiederzusehen. Im Zusammenhang mit Scourge ließe sich auch ein Auftritt von Revans Machtgeist nicht ausschließen. Seiner Gefährtenstory nach hatte Scourge zuletzt Angst davor seine Emotionen zu verlieren und zu einem Monster wie Vitiate zu werden. Nun entpuppt sich Vitiate als Valkorion aber alles andere als emotionslos. Könnte das nun auch für Scourge gelten? Der von Karpyshyn geschaffene Scourge hätte sicher so einiges zu Yavin und Ziost zu sagen gehabt. Als einstiger Zeitgenosse Revans, der mit diesem intensiven Kontakt hatte könnten Revans Ansichten über die Macht durchaus auf Scourge abgefärbt haben, er hat diesen Fakt die letzten 300 Jahre vielleicht nur unterdrückt. Als Handlanger des Imperators und Überläufer ist Scourge für die Sith-Imperialen ein Verräter, er kann nicht mehr "nach Hause".

Lana Beniko ist selbst eine abtrünnige Sith, die sich nach dem Sturz des Dunklen Rats abgesetzt hat. Als Ex-Ministerin gehörte sie sogar zu den ranghöchsten Sith-Imperialen. Könnte Lana ins Imperium zurückkehren? Vielleicht, jedenfalls eher als jemand wie Scourge. Ihr Reisen nach Zakuul und ihre Freundschaft mit Republikanern machen Lana jedoch suspekt. Außerdem sind Lanas Ansichten über die Macht nicht unbedingt Mainstream, wenngleich man sie in 4.0 auch etwas sithiger gestaltet hat.

Lana und Veeroa dürften einiges über andere ehemalige Sith-Imperiale wissen, geben dieses Wissen jedoch nicht so einfach preis. Lanas besondere Machtsinne machen sie ohnehin zu einem Magneten für besondere Individuen. Veeroa wiederum scheint einer der "Kontakte" Lanas zu sein, die einiges über auf Nar Shaddaa versteckte Ex-Sith wissen dürfte, immerhin ging sie mit manchen wohl zur Akademie. Wenn Lana Kontakte wie Veeroa Denz besitzt, dann besteht die Möglichkeit, dass sie auch noch andere Ex-Sith oder aufgeschlossene Machtnutzer zu ihrem Netzwerk zählen kann. Als ehemalige Geheimdienst-Ministerin wäre es eigentlich Lanas Aufgabe gewesen "Verräter" wie Veeroa zu melden, stattdessen nutzt sie diese für ihre eigenen Zwecke. Fanatische Loyalität zum Imperium? Fehlanzeige.

Wenn man Veeroa Denz rekrutiert erweist sich diese als bockig. Sie schlägt jedes Angebot aus ihr Training zu vervollständigen, sie verweist darauf, dass ihren eigenen Kodex hat und nur solange dem Spieler dienen wird, bis dieser Krieg vorbei ist. Selbst Flirtversuche weist sie ab. Ganz un-sith-typisch tritt sie allerdings als Leibwächterin für den Fremdling in die Allianz ein, aus Dankbarkeit dafür, dass dieser dem Widerstand auf Nar Shaddaa geholfen hat. Ich sehe Veeroa als Ex-Sith ähnlich wie Asajj Ventress. Sie ist widerspenstig, moralisch dunkelgrau, doch sie hat auch ihre lichten Momente. Wie Asajj ist sie außerdem eine ehemalige Sklavin, nur wurde sie nicht von einem gestrandeten Jedi-Meister aus der Sklaverei befreit, sondern durch die Sith, die sie auf Korriban jedoch auch den Qualen einer typischen Sith-Ausbildung (als Alien) unterzogen. Da haben wir also eine Sith, die Sith und das Imperium nicht leiden kann.

Auch Xaleks Auftritt als Sith-Lord stellt die Frage, inwieweit dieser auf Ilum noch imperial ist. Xaleks Rachefeldzug ist definitiv nicht vom Imperium sanktioniert, was einen diplomatischen Zwischenfall provozieren sollte. Ohne seinen Schutzherrn ist Xalek zudem ziemlich auf sich allein gestellt, sollte jemand seine Auslieferung verlangen. Ist Xalek vielleicht schon einer jener Sith, die sich vom Imperium los gesagt haben und nun auf eigene Faust durch die Galaxis streifen? Der Wegfall des Jedi-Ordens als Antagonist sollte ja auch die Sith in ihrem Zusammenhalt geschwächt haben. Ohne den gemeinsamen Feind wird die Einigkeit der Sith auf eine harte Probe gestellt. Acina griff nach der politischen Macht, doch Imperium vs. Republik ist ohne Sith und Jedi nur halb so spannend.

Mit Saresh hat die Republik eine strippenziehende Altkanzlerin, mit der nicht jeder zufrieden ist, genauso wie das Imperium nun mit Acina eine Anführerin hat, die keine besonderen Sympathien weckt. Das alte Fraktionsmodell ist seit Fallen Empire nicht mehr attraktiv, zumindest für mich. Unter Marr war das noch anders. Mit Fallen Empire bringen die Autoren die Galaxis auf einen Stand vor Taris/Balmorra zurück, als noch ein Kalter Krieg zwischen den beiden Supermächten herrschte. Doch man geht auch einen Schritt darüber hinaus und schafft eine Story, die über beide Fraktionen hinaus geht und einem Nachkriegs-Gestaltungsspielräume einräumt. Am Rande der Galaxis wird man selbst zur dritten Fraktion. Da Republik und Imperium in den Hintergrund treten bleibt es jedoch bei einem Kampf zwischen zwei Fraktionen, den Rebellen und dem Imperium, was wiederum einen thematischen Shift von den Prequels zu den Sequels darstellt. Während auch auf der großen Leinwand wieder Rebellen gegen Sturmtruppen kämpfen werden, bemüht sich auch SWTOR von den Prequels los zu brechen. Weg von Republik vs. Konföderation, wieder hin zu Rebellen vs. Imperium. Es gehört nun einmal zu Star Wars, dass die Helden in der Unterzahl sind und nicht wie im Fall der Republik langfristig ohnehin mit dem Sieg rechnen können. Imo war es nötig die alten Strukturen aufzubrechen und mehr auf die Linie der Sequels einzuschwenken.

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