Freed vs. Boyd - die essentiellen Klassenstories über das Kriegsgeschehen
Krieg der Sterne hatte ja schon immer eines an sich, den Verweis einen politisch-militärischen Konflikt als Hintergrund. Star Wars ohne War funktioniert einfach nicht, das hat man zum Teil ja auch an den ersten beiden Prequels gesehen, die so viele Star Wars-Fans ja auch enttäuschten, weil es eher um Handelszölle, Grenzkonflikte und wild gewordene Mega-Konzerne zu gehen schien, als den guten alten Krieg der Sterne.

Dabei ist der Krieg ja eigentlich nur die Kulisse vor der sich die großen Heldengeschichten abzeichnen, sei es Sturz und Erlösung Anakin Skywalkers oder der Aufstieg Luke Skywalkers vom "Bauernbub" aus einem tatooinischen Kaff zum Jedi-Ritter. In SWTOR gibt es gleich mehere Äquivalente zu dieser persönlich erlebbaren Heldengeschichte. Doch seit es die Filme gibt und vor allem seit es die ersten Star Wars RPGs gibt, wollten zwar viele Fans Teil dieses Universums sein, maßten sich aber nie an der zweite Luke Skywalker zu sein. In SWTOR können wir das praktisch alle sein, mehr oder weniger.

Dieses weniger ist jedoch das interessante. Star Wars abseits der großen Heldentaten. Gerne werden etwa Sith-Krieger und Jedi-Ritter als schlichtweg DIE Klassen genannt, deren Story das gesamte Spiel trägt. Dabei geht es bei beiden vorwiegend um den Imperator. Genauso gut könnte man versuchen den Kopfgeldjäger in den Rang dieser beiden Geschichten zu erheben, denn der hat ja auch die Möglichkeit den obersten Kanzler der Republik zu stürzen. Nur fällt die Republik ohne einen Kanzler auch nicht, genauso wenig wie das Imperium aufgehört hat zu existieren. Es ist imho bezeichnend, dass sich Hall Hoods Jedi-Ritter-Story und ihr Finale mit dem Anschlag auf Dromund Kaas im größeren ganzen doch nur als irgendein Ereignis ausnimmt. Der Imperator ist stumm, who cares? Der dunkle Rat sicher nicht. Jahrzehnte hat man praktisch ohne seine Aufsicht die Staatsgeschäfte geführt und so wirklich eingemischt hat sich der oberste Lehnsherr ja seit Jahrhunderten schon nicht mehr.

Praktisch nimmt der Imperator wohl geringeren Einfluss auf die imperiale Politik als ein Bundespräsident. Er ist ein Staats-Oberhaupt, aber außer dass man sein Haupt auf Münzen prägt, wie es sich für Imperatoren schon gehört, erfüllt er damit auch schon seinen gesamten Existenzzweck. Gut man wird wohl auch das Datum als "Im 1300. Jahr der Herrschaft Imperator Vitiates" bezeichnen.

Wenn der Imperator seinen neuen Zorn ernennt und die Republik ihren feigen Anschlag auf ihn verübt sind die Folgen überschaubar. Der Zorn trägt keine politische Macht, er dient lediglich als persönlicher Vollstrecker und ist ansonsten völlig von seinem Dienstherrn abhängig. Ein bisschen wie Darth Vader, der damit ja auch nie in der Position wäre den Imperator zu stürzen, wie es Sith-Tradition wäre.

Diese epische Story um den Imperator ist natürlich was SWTOR mit einem KotOR gleichziehen lässt. Entweder man tötet jenen Oberschurken der sogar Revan eine Nummer zu groß war oder man schließt sich ihm an.

Für diese Vorgänger Anakin Skywalkers ist der Fall nach Akt III entsprechend tiefer, wenn einem irgendwelche Spezialmissionen anvertraut werden, die eigentlich irgendein Special Forces Typ besser erledigen könnte. Und genau hier beginnt in meinen Augen der große Tag des Alexander Freed und Charles Boyd, sowie deren Klassenstories - Imperialer Agent und (Republikanischer) Soldat. Spion und Soldat, im Krieg zwei durchaus mit Romantik und Patriotismus in Verbindung gebrachte Klassen. Und tatsächlich sind Agent und Soldat die einzigen Klassen, die nach Abschluss ihrer Klassenquest wirklichen Grund haben an all den Kampagnen von Belsavis bis Oricon teilzunehmen. Obwohl die Schreckensmeister-Quest zwar auch einen guten Bezugspunkt für Sith-Klassen bietet sind die beiden Klassen welche ohnehin zum Personal der Fraktion gehören schlichtweg DIE Paradebeispiele für die austauschbaren Heldenfiguren welche auf so nachrangigen Kriegsschauplätzen wie CZ-198 eine Rolle spielen würden.

Es mag auch sein, dass die nach der Stabs-Verkleinerung 2012 verbliebenen Autoren durchaus auch wegen ihres Hintergrunds mit gewissen Klassen auch erzählerische Nuancen in Richtung einer Begünstigung von Soldat und Agent schaffen.

Als militärisches Personal ihrer jeweiligen Fraktion können sich Agenten und Soldaten schlecht einem Befehl ihrer Vorgesetzten widersetzen. Kanzlerin Saresh oder Darth Marr können sogar darauf beharren einen Offizier ihres Militärs zu befehlen zum Dienst auf Makeb anzutreten.

Alexander Freed hätte der Shootingstar unter den Bioware-Autoren werden, entschied sich 2012 allerdings für eine "Solo-Karriere" als freischaffender Künstler. Ein Schritt der auch dem legendären Drew Karpyshyn (der sogar im weiteren Star Wars-Fandom als Ikone gilt) wünschenswert erschien. Nur beendete Karpyshyn seine Autoren-Karriere indem er in Rente ging und nun halt als freier Autor weiterschreibt. Freeds Ruhm begründet sich dabei vor allem auf die unter allen 8 Stories am meisten Bioware-typische Erzählung, mit vier verschiedenen Endszenarien von hoher Tragweite. Und er war unter den imperialen Autoren auch der einzige, der wirklich umfassend Geschehnisse aus allen anderen Klassenstories in sein großes Finale einfließen ließ.

Charles Boyds Trooper-Story profitiert hingegen vor allem von externen Faktoren. Für sich genommen war die Erzählung meiner Ansicht nach weniger prickelnd. Boyd lässt den Wendungsreichtum eines Alex Freed, aber auch den Humor eines Hall Hood vermissen. Doch das Mitglied der 501. Legion kann auf eine starke Sturmtruppen- und Klonsoldaten-Fanbase vertrauen, die hier durchaus eine Story für ihren Geschmack geboten erhält. Als selbst großer Fan von Romanen wie Timothy Zahns Hand of Judgment-Duologie über abtrünnige Sturmtruppler, welche die Gerechtigkeit in ihre eigene Hand nehmen, wäre ich zwar durchaus affin für entsprechende Geschichten, aber Boyd dringt doch nicht so recht zu mir durch. Dennoch ist es Boyd vergönnt mehr Einfluss auf künftige Old Republic-Geschichten zu nehmen, als Alexander Freed.

Auf Werkvertragsbasis wurde Freed für Makeb und Oricon durchaus wieder eingespannt, es sieht jedoch sehr stark danach aus als wäre die reguläre Autorenschaft ansonsten in Hand ehemaliger Rep-Klassen-Autoren. Künftige Klassenstories in denen Ex-Rep-Autoren imperialen Content schreiben? Da ginge so mancher Imperialer Loyalist wie ich wohl auf die Barrikaden. Lieber keine neuen Klassenstories, als jedi- und republikverherrlichendes Getöne.

Was überraschen mag ist die vor allem von Freed geschaffene Agenten-Story. Wer Star Wars-RPGs kennt und damit meine ich noch gute alte Pen and Paper-Spieler und die unzähligen Kurzgeschichten und Romane die sie inspirierten, der weiß durchaus mit welcher Faszination Palpatines ISB beeindrucken kann. Imperiale Agenten werden künftig auch in der Serie Rebels eine wichtige Antagonisten-Rolle einnehmen und Freeds Klassenstory in ihrer "Richtigkeit" bestärken. Ob Agenten nämlich überhaupt ein echter Bestandteil der Star Wars-Saga sind wurde nämlich 2011 durchaus in Frage gestellt. Auch von meiner Seite herrschte gewisses Unverständnis darüber, weil Agenten bis dahin vorwiegend Bestandteil des Erweiterten Universums gewesen waren und auch da nur in einigen Romanen und Comics, sodass selbst der durchschnittliche Leser selten über sie Bescheid gewusst haben dürfte.

Boyds Trooper tun sich mit ihrer Authentizität leichter, Klone und Sturmtruppen existieren außer in Episode I in jedem Star Wars-Film und genießen unverminderte Popularität. Dass sie dabei nicht immer nur die Bösen sind hat uns The Clone Wars vorgeführt, indem den Klonen, die in Epsiode III brutal Jedi-Padawane erschießen, ein eigener Charakter verliehen wurde. Sie sind ja auch nur Menschen. In Old Republic kann man als Trooper nun der überkorrekte Hyperpatriot, ein Mörder mit Lizenz zum Töten, korrupter Frontoffizier oder ein brutaler Rächer sein.

Wenn Spieler von der Agenten-Story schwärmten war mir das lange Zeit ein Rätsel. Bis ich selbst damit anfing und tatsächlich, was der Erzählung an Epik fehlt gleicht sie durch Atmosphäre aus. Man fühlt sich wie Jack Bauer, wenn es darum geht manch harte Entscheidung zu treffen. Und anders als alle anderen imperialen Storylines fühlt man sich als Agent wirklich als Imperialer, das Fußvolk unter den Sith. Man beginnt die eigene Fraktion mehr von unten zu begreifen und sich stärker mit ihr zu identifizieren als Mr. Supersith.

Soldaten erleben den Kalten Krieg ebenso anders. Anstatt metaphysischer Aspekte und Superschurken kämpft man mit Verrätern und Massenvernichtungswaffen. Der Soldat ist auf republikanischer Seite schlichtweg die Verkörperung der republikanischen Kriegsführung, man ist die Speerspitze der republikanischen Kriegsmaschinerie und wird sogar bis zum Major befördert. Hoch genug um als Verdienst gewertet zu werden, aber immer noch tief genug, um einen Einsatz an der Front und gewisse Freiheiten zu rechtfertigen.

Auch der Agent wird im Zuge seiner Makeb-Storyline wieder dem Militär zugeteilt. Das war ja bereits auf Corellia der Fall und gewissermaßen ist der Imperiale Agent seit Corellia ein Imperialer Soldat. Wenngleich eine Art Scout, Infiltrator und Kommandoeinheit in einer Person. Man wird sogar zum Commander befördert, ein Titel der schon Luke Skywalker gut stand.

Auf Makeb ist der Soldat ein erprobter Kriegsveteran und diese Rolle behält man auch, wenn man zu den korruptesten Vertretern seiner Klasse gehört. Sogar skrupellose Mörder kommen unter Kanzlerin Saresh zum Zug, die oberste Kanzlerin will gewinnen und wenn es solche Gestalten sind, die ihr den Sieg garantieren, nur zu.

Ob nun Agent oder Soldat, beides sind die direktesten Vertreter ihrer Fraktion. Sith und Jedi mögen ihre Spielchen spielen, doch in der guten alten Zeit vor den Prequels wollte man doch auch nicht immer nur der Lichtschwertschwinger sein? Ich erinnere mich jedenfalls noch an Zeiten als Star Wars-Fans lieber die orangenen Pilotenuniformen der Rebellen-Allianz als Jedi Roben trugen. Von einem Rollenspiel-Standpunkt aus ist es auch einfacher ein heldenhafter Niemand als ein groß gefeierter Jemand zu sein, weil man sich dann auch nicht die Frage stellen muss, würde Anakin Skywalker für die GSI mit Makrofernglas und Sucherdroide durch Tatooine streifen? Vielleicht Han Solo. Irgendein namenloser Vertreter von Rebellen-Zelle XY würde sich jedoch sicher dazu bereit erklären für die entsprechenden Credits als Testperson für GSI einzuspringen.

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