Aftermath
Am Dienstag, 8. Sep 2015 im Topic 'star wars'
Der zweite Todesstern ist zerstört, Imperator Palpatine und sein dunkler Vollstrecker Darth Vader sind tot und Chuck Wendig hat Aftermath vergeigt...
Aber man kann den "Zwischenfall" Aftermath nicht kleinreden, denn das Buch ist Teil einer Trilogie und die wird vom gleichen Autor geschrieben werden. Sieht so das erste Debakel der neuen Einheitskontinuität aus? Im alten EU hatten wir das häufig. Ein mittelmäßig beliebter Autor erhält den Zuschlag für eine ganze Trilogie und erlaubt sich bereits in Band 1 grobe Schnitzer.
Was ist das Problem mit Aftermath? Der Roman begeht alle Fehler die man sich als langjähriger Fan nur vorstellen kann.
Da werden völlig austauschbare Charaktere verwendet, man bedient sich eines reinen "EU-Charakters" (Rae Sloane aus A New Dawn) und verwendet den einzigen etablierten Filmhelden als MacGuffin (Wedge Antilles, der verhaftet wird und dann... naja). Die Inhaltsangabe versprach eine großartige Konferenz über die Zukunft des Imperiums und man reibt sich hinsichtlich der Gastauftritte und man reibt sich als Fan bereits die Hände. Da werden nun wohl alte, neue und zukünftig bedeutende Imperiale auftauchen. Mas Amedda soll ja auf Coruscant nach Palpatines Zügel die Macht übernommen haben, laut dem Darth Vader Comic entkam Tagge vom Todesstern und wurde zum Grand General befördert, sogar Tarkin könnte Großneffen, Großnichten oder anderweitige Verwandte gehabt haben (wie der Tarkin-Roman angedeutet hat sind die Tarkins eine weitläufige Dynastie). Doch dann verwendet man ebenso unbekannte und nichtssagende Figuren.
Der selbsternannte Moff. Die alte Generalin. Der seltsame Berater. Der verdorbene Bankier. Die aufstrebende Admiralin. Mit Ausnahme von Admiralin Rae Sloane kennt man keinen von ihnen.
Von grandioser Charakterzeichnung fehlt ebenso jede Spur wie von einem spannenden Plot oder interessanten Enthüllungen. Dem Buch fehlt einfach alles was es irgendwie lesenswert gemacht hätte. Der einzige wirkliche Informationsgehalt sind Randnotizen, etwa die Gründung des neuen Senats auf Chandrilla, die Abgabe der Vollmachten aus Episode II durch Kanzlerin Mon Mothma und dass Han Solo plant Kashyyyk zu befreien. Aber all das hätte man so oder so auch über Fanseiten oder den Presseinformationen zu anderen Star Wars-Romanen nach Endor erfahren. Ich meine mehr über den Zustand des Imperiums nach Endor aus PR-Texten zur Comicreihe Shattered Empire erfahren zu haben als durch Aftermath und das ärgert mich als Fan natürlich.
Und ganz am Ende sät Wendig auch noch die völlig klischeehafte Saat für die Fortsetzung. Ich gebe hier nicht dem Autor die Schuld, sondern LucasBooks, Lucasfilm oder DelRey, wer auch immer dem Autor diesen Vertrauensvorschuss gewährt hat. Nicht dass ein im SWU erproberter Autor es nicht hätte vergeigen können, doch als Fan hätte man wenigstens gewusst was einen da erwartet.
Ist Wendigs geheimnisvoller Fleet Admiral eine Kreuzung aus Daala, Thrawn und Isard, dann ist Sloane wohl dessen loyaler Pellaeon. Nur diesmal hat "Thrawn" eben einen Supersternenzerstörer, den sich Pealleon in der Thrawn-Trilogie für seinen Mentor gewünscht hätte. Als Fan hat man es mit Aftermath nicht leicht. Man lehnt Teil 1 der Trilogie ab, doch man kann es kaum erwarten Band 2 in die Finger zu bekommen, weil Daala, Thrawn und Isard im EU durchaus interessante Charaktere waren. Kann Wendigs Fleet Admiral da mithalten oder wird er leichtfertig verheizt? Wir werden es wohl 2016 erfahren. Die Erwartungen an Band 2 bleiben jedenfalls groß, denn in der für Aftermath gewählten Ära existierten im alten EU Werke mit Kultstatus, die selbst als Star Wars Legends noch Verehrung genießen. Die Rede ist hier von den Romanen eines Kevin J. Anderson, den X-Wing Romanen Michael Stackpoles und Aaron Allstons und natürlich der legendären Thrawn-Trilogie eines Timothy Zahn.
Während Veteranen wie Anderson, Stackpole und Zahn an der Seitenlinie auf ihren Einsatz im neuen SWU warten müssen bleibt ihr Spielfeld der Jugend überlassen. Bei solcher Konkurrenz hat es Wendig sicher nicht leicht, denn die Jahre nach Endor gleichen einem Tretminenfeld bei dem man Zahn-Fans, Allston-Fans oder Stackpole-Fans auf die Zehen steigen kann. Das kann man vielleicht auch verstehen, wenn man etwa einen Lieblingsfilm hat, der nach Jahren neu verfilmt werden soll und der neue Regisseur benimmt sich "respektlos" und will seine eigenen Ideen im Franchise durchsetzen, womit das Remake den Ärger von Fans des Originals provoziert und vielleicht floppt das Remake deshalb auch, weil es den Geschmack der Fans verfehlt. Chuck Wendig wird voraussichtlich der erste Autor der neuen Einheitskontinuität sein, der den Zorn der Fans des alten EU zu verspüren bekommt, weil er der erste Remake-Autor sein wird.