Zorn des Imperiums - der Sith-Krieger 3.0
Lange Jahre wurden die Wünsche nach einer Fortsetzung der Klassenstories mit zwei Argumenten vom Tisch gefegt:

1. Viel zu teuer und aufwendig
2. Die wirkliche Geschichte einer jeden Klasse ist mit Akt 3 abgeschlossen

Shadow of Revan hat diese beiden Argumente nun vielleicht endgültig widerlegt. Teuer und aufwendig sind Klassenstories nur, wenn man sie wirklich auch so zelebriert und dafür anderenorts Abstriche machen muss. Auf Makeb wünschte sich so mancher wenigstens eine klassenspezifische Nebenquest und dieser Wunsch wurde nun erhört. Dafür genoss man auf Makeb allerdings zwei grundverschiedene Fraktionsquests, die mancher in SOR wieder vermisst hat.

Shadow of Revan war ein Experiment und hartnäckige Kritik an den Klassenstories in 3.0 kann dazu führen, dass Bioware auch wieder zurückrudern muss. Es ist gut möglich, dass die Koalitionsgeschichte von SOR und die daraus entspringenden Synergien erst eine Rückkehr der Klassenstories möglich gemacht haben. Aber sehen wir es praktisch, indem man eine ganze Fraktionsquestlinie strich konnte man acht animierte Nebenquests einführen? Naja die Rechnung geht mehr oder weniger auf, es sind eben doch acht Quests, auch wenn man je Charakter nur eine davon erlebt. Würde man den Umfang dieser acht Klassenquests mit Rishi und Yavin 4 vergleichen erhält man ungefähr den gleichen Zeitumfang wie man für die reine Story abzüglich der Solo Mode Flashpoints benötigen würde. Die Frage ist also eher, ob es überhaupt jemals wieder ein derartig günstiges Zeitfenster für Klassenstories geben wird.

Punkt 2 contra Klassenstories galt lange Zeit als Resultat des Wechsels der ursprünglichen Autoren zu anderen Projekten. Ohne Jo Berry oder Hall Hood meinten manche keine Jedi-Storylines mehr erhalten zu können. Ein Autor für eine einzige Nebenquest... wenn man drüber nachdachte, dann konnte es wohl kaum daran liegen, dass man einen aufgeblähten Autorenapparat benötigte. Waren es also doch vielleicht kreative Gründe, die Klassenstories bisher verhinderten? Jein. Was bis 3.0 wohl fehlte war eine konkrete Strategie, wie man Klassenstories künftig angehen sollte und daher durften Charles Boyd und Sean McKeever bis dahin nur theoretische Überlegungen anstellen, die allerdings unter Verschluss bleiben mussten. SOR wurde nun mit 3 Autoren verwirklicht, von denen einer sogar der freiberuflich mitarbeitende Alexander Freed war.

Für so manche Klasse passte das Ende von Akt 3 durchaus zu einem Bis-ans-Ende-seiner-Tage-Szenario und für diese Klassen stellte sich auch die Frage nicht mehr wie es weitergehen würde. Die Endszenarien wirkten perfekt für ein Open End getrimmt, wie es einer vereinheitlichten Fortsetzung der Erzählung durch Ops und FPs eben gebühren würde. Story mit völlig austauschbaren Charakteren, darauf basiert jeder Multiplayer, erst recht in einem MMO, also wäre der Verzicht auf Klassenstory aus Sicht mancher Hardliner nicht bloß gerechtfertigt, sondern eine heilige Pflicht. Der Soldat und Kopfgeldjäger stechen unter den Klassen mit ursprünglich offenen Ende natürlich hervor. Stupides von Schlachtfeld zu Schlachtfeld eilen und Befehle hinnehmen - darum geht es ja bei beiden Klassen.

Imperiale Agenten blieben nach Akt 3 hingegen ziemlich in der Luft hängen und andere Handlungsfäden blieben ebenso offen. Was aus dem Imperator wurde ist sogar eine der Kernfragen für Sith-Krieger, die eben ohne ihren Dienstherrn praktisch vor dem Nichts stehen. Und wenn der Imperator fortbesteht, dann hat auch der Jedi-Ritter seine Aufgabe doch wohl noch kaum erfüllt? Was wurde außerdem aus den Kindern des Imperators? Kann sich Lord Kallig überhaupt im Dunklen Rat durchsetzen?

Off-screen Momente und Beförderungen - Makeb und Yavin 4

Das Ende von Yavin 4 ist ein Moment, der stark an den erzählerischen Zweck von Makeb erinnerte. Auch Makeb konnte bereits derartige klassenspezifische Momente bieten, sie wurden nur oft übersehen. So wurde der Imperiale Agent auf Makeb nicht bloß befördert, sondern entgegen seines Endszenarios wieder in die imperiale Kriegsmaschinerie eingegliedert. Versetzungen und Beförderungen, daraus ergeben sich Karrieren und die allseits wichtige Kontinuität.

Auf Yavin 4 wurde der Makeb Epilog tatsächlich fortgesetzt. Der Geheimdienst wurde wieder aufgebaut und der Commander ist nun je nach seiner Entscheidung in Akt 3 entweder die Nummer 2, ein Doppelagent oder der Top-Spion mit besonderen Freiheiten. Die von Alexander Freed in Akt 3 ausgebrachte Saat treibt nun erste Blüten. Aber auch Inquisitoren, Krieger und Kopfgeldjäger werden auf Yavin 4 an Makeb erinnert. Reps gingen auf Makeb 2013 zwar weitgehend leer aus, doch auf Yavin 4 weitet man die Epilog-Tradition auch auf sie aus. So erhalten dunkle Jedi-Ritter wohl endlich ihren Meistertitel, auch wenn sie "nur" Jedi-Kampfmeister sind. Zur Erinnerung, der letzte Kampfmeister des Ordens wurde auf Corellia vom Champion der Großen Jagd geröstet, nachdem er diesen kurzfristig auf die Most Wanted Liste der Republik gesetzt hatte.

Tatsächlich ist es jedoch Rishi wo 3.0 eine neue Tradition beginnt, die sich hoffentlich noch lange halten wird. Auf Rishi erhalten wir in den Klassenstories von Botschaftern und Inquisitoren explizite Hinweise auf on-screen nie stattfindende Ereignisse. Ratssitzungen, Empfänge, Besprechungen mit den eigenen Gefolgsleuten - es gibt sie doch. Der Erbe Aloysius Kalligs ist also bei weitem nicht so isoliert wie man nun vielleicht jahrelang angenommen hat. Dark Council Elite, bitches! Man sitzt also wirklich im Dunklen Rat und hat Charakteren wie Darth Soverus oder dem mysteriösen Darth Rictus bereits die Hand geschüttelt.

Auch Sith-Krieger haben "ihren Moment", wenn Diener 1 von der Festung des Imperators spricht, hinter dessen Mauern sich der Zorn wohl hätte verschanzen sollen, nachdem er Darth Baras eliminiert hatte.

Makeb und der Sith-Krieger

Auch für Sith-Krieger war Makeb eine Art Bewerbungsgespräch. Darth Marr testete auf Makeb nicht nur die Loyalität und Fähigkeit des Kopfgeldjägers, sondern auch die des Sith-Kriegers, der zu diesem Zeitpunkt auf ziemlich wackligen Beinen stand. Der Krieger sollte sich auf Makeb beweisen, damit man seine Autorität nicht infrage stellte. Ein Trick Marrs, der sich der Fähigkeiten des Kriegers als Kriegsheld und an der Front führender Kommandant vollends bewusst war. Marr wusste, dass er auf Makeb gewinnen musste und wandte sich daher an den besten Krieger des Imperiums.

Der beste Krieger, größte Held und Retter des Imperiums - Marr mag den Imperator verachten, doch seinen Vollstrecker würde er gerne auf seiner Seite sehen. So darf man auch auf Makeb seine Platitüden schwingen, der Imperator würde uns alle retten, doch am Ende hat einen Marr doch in eine Falle gelockt und auf Rishi wird einem die Involvierung auf Makeb von Diener 1 auch vorgehalten.

Makeb beweist, warum und wofür das Imperium den Sith-Krieger braucht. Sieht man die gesamte Story aus der Sicht des Kriegers, so erlebt man hier tatsächlich eine Heldengeschichte vom Ausmaß der des Jedi-Ritters. Der einzige Unterschied ist nur, man tötet am Ende von Akt 3 nicht den großen Schurken, sondern rechnet ganz persönlich mit einem Verräter ab. Insgeheim ist einem Darth Marr wohl dankbar dafür, dass man auch Darth Baras beseitigt hat, der Marrs eigenen Reform-Plänen im Weg stand und Marr gleichzeitig am liebsten beseitigt hätte. Darth Marr zeigt dem Krieger gegenüber doch die Anzeichen von Respekt, wenn man das Wohl des Imperiums in den Vordergrund stellt.

Die Rishi-Affäre

Rishi steht bereits im Zeichen eines bröckelnden Bündnisses zwischen der Hand und dem Zorn des Imperators. Je nach persönlichen Vorlieben, kann man natürlich weiterhin versuchen dem Imperator treu zu bleiben. Oder man stimmt Darth Vowrawn einfach zu, dass man nach mehr Macht im Imperium strebt. Die Begegnung mit Diener 1 kann sogar eskalieren und man darf den möglichen Ops Boss mit der Macht würgen, um ihm gleichzeitig den beabsichtigten Bündnisbruch ins Gesicht zu schleudern.

Darth Vowrawn hat indessen bereits Majestätsbeleidigung begangen und etwas getan, wozu sogar Darth Marr zu feige war, er hat eine der Hände des Imperators entführt und verhört. Aus diesem Grund versucht Vowrawn auch die Hilfe des Zorns zu erlangen, immerhin könnte der gewiefte Machtpolitiker Vowrawn die politische Zukunft des Zorns sichern und ihm vielleicht sogar zu einem Ratssitz verhelfen. Vorschweben würde mir persönlich natürlich Darth Baras Nachfolge, denn anders als den auf diesen Posten berufenen Darth Arkous war der Krieger ja ein Schüler Baras, hat diesen standesgemäß besiegt und sich damit die Nachfolge damit eigentlich nach allen Regeln der Sith-Tradition verdient.

Doch der Krieger könnte Vowrawn ja auch töten? Alles was man Vowrawn an den Kopf werfen kann ist doch nur Rhetorik. Mit dem Aufdecken der Spionagedroiden hat man die Gunst des Imperators bereits verloren. Und Vowrawn weiß was der Imperator plant, was er vermutlich auch an Darth Marr weitergeleitet hat, der schon vor Jahrzehnten erste Puzzlestücke über Vitiates geheime Pläne erfuhr, als ein gewisser Teneb Kel den Dunklen Rat für einen Darth-Titel das Wissen um die Kinder des Imperators anbot. Darth Vowrawn war damals einer der Eingeweihten und gehörte neben Marr zu den wenigen, die wussten wo der spätere Darth Thanaton dieses Wissen wohl fand. Für Vowrawn ist das Spiel mit dem Krieger nur ein weiterer Schachzug in einem weit größeren Spiel. Wie auch immer man sich gegenüber Vowrawn und der Hand verhält, die konkreten Taten sprechen Bände und man hat die Spionagedroiden eben zerstört, das Vertrauen des Imperators ist dahin.

Der Zorn des Imperiums!

Wer es immer noch nicht akzeptiert hat wird nach Revans Niederlage vom Imperator persönlich darauf hingewiesen, dass er plant die gesamte Galaxis zu opfern und der Zorn nur die Ehre hat als letzter Opfer dieses Massakers zu werden. Und wieder versucht ein "Meister" den Krieger zu ermorden. Nach Tremel und Baras ist es nun eben der Imperator, allen stand man schlussendlich bei der Verwirklichung ihrer Ziele im Weg.

Für Krieger ergeben sich aus Yavin 4 zwei Möglichkeiten, entweder man sinnt auf Rache oder man sieht im dunklen Sith-Imperator ohnehin eine Bedrohung. Doch praktisch ist man ja jetzt seinen Job los und eigentlich Verräter? Gut, dass Darth Marr eben anders denkt als konservative Sith Lords.

Der Schüler eines verräterischen Meisters muss mit diesem hingerichtet werden - so die Sith-Tradition, wie sie ein erzkonservativer Darth Thanaton noch auslegte, auch wenn er selbst dem gleichen Schicksal nur mit etwas Glück abwenden konnte. Thanaton ist jedoch tot und diese verlogenen Traditionen hat man ihm mit ins Grab gelegt. Darth Marr hat schon Lana Beniko begnadigt, die eigentlich für den Mord Darth Arkous verantwortlich gemacht wird, da ist es ein leichtes für ihn den Krieger ebenso zu begnadigen. Schon auf Makeb ist das Verhältnis des Kriegers zu Marr natürlich etwas spannungsgeladen, denn man "muss" sich Marr gegenüber beweisen und nun scheint es so, als wäre man Marr gänzlich ausgeliefert.

Wie wir von Unter-Moff Benson und Lana Beniko wissen neigt Marr dazu seine Günstlinge zwar in Machtpositionen zu hieven, allerdings von der echten Macht etwas abzugrenzen. Benson ist als Statthalter auf Makeb nicht einmal Moff und Marr hat ihm sogar einen eigenen Titel für diese Funktion geschaffen. Beniko ist Chefin des neuen Sith-Geheimdienstes, bleibt zugleich aber dem Dunklen Rat unterstellt, anstatt Darth Zhorrid oder Jadus zu ersetzen. So könnte der Sith-Krieger nach Yavin 4 ein weiterer Günstling Darth Marrs sein dem der Ratssitz verwehrt wird.

Aktuell scheint sich Marr aber auch einem Umbau der imperialen Verfassungsarchitektur zu widmen. So werden Inquisitoren von Marr darauf hingewiesen, dass Marr die derzeitige Ratsherrschaft für besser als die Wahl eines neuen Imperators erachtet. Von der Monarchie zur Militärjunta, nachdem der Rat praktisch bereits Jahrhunderte lang die Amtsgeschäfte führen konnte. Mit Marr als Vorsitzenden kann der als Regierung des Imperiums gestärkte Dunkle Rat nun allerdings auch deutlich freier von früheren Konventionen den Umbau imperialer Institutionen in Angriff nehmen. Sich den Sith-Geheimdienst zu unterstellen ist der erste Beweis, der neuen Ambitionen des Dunklen Rats. Für derartige Behörden benötigt man allerdings auch unkonventionelles Personal, das wie Lana Beniko keine politischen Ambitionen hegt. Effiziente Funktionäre, die einfach nur ihre Aufgabe erfüllen, so dürfte sich Darth Marr wohl die idealen Imperialen vorstellen.

Die Restrukturierung des Imperiums könnte auch eine Machtposition für den Zorn schaffen, der immerhin bereits die Unterstützung Darth Vowrawns besitzt und sich Marrs Respekt verdient haben sollte. Auch wenn der Imperator irre ist und war, so hatte er wohl doch einige gute Ideen, die man wieder aufgreifen könnte. Die imperiale Garde und die Position des Zorns wären solche. Die Garde als entpolitisierte Eliteeinheit, die nur einer Institution gegenüber loyal ist, wäre durchaus wertvoll, auch um Aufständische wie Lord Grathan und Malgus in Schach zu halten, die sich einst der ihnen unterstellten Truppen bedienten. Nach dem Verlust General Raktons und der Auflösung der Black Ops Division wäre eine neue imperiale Eliteeinheit jedenfalls dringend nötig.

Um aufmüpfige Lords, Rebellen und Verräter auszuschalten wäre neben der Garde allerdings auch der Zorn eine geeignete Waffe. Eine Waffe gegen interne wie externe Bedrohungen des Imperiums, die auch dorthin gehen kann wo eine Armee zu auffällig wäre - das ist die Idee hinter dem Zorn des Imperiums, wie er Darth Marr auf Makeb, Rishi und Yavin 4 wohl bereits vorschwebte: Der Zorn des Imperiums - ein institutionalisierter Held des Imperiums!

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