Das Netflix-Problem
Netflix-Serien weisen ein Phänomen auf, denn jede Folge einer eigens für Netflix produzierten Serie wird am gleichen Tag veröffentlicht. Man kann Anfang und Ende von House of Cards noch am selben Tag sehen und sich gleich bis zum Staffelfinale durchskippen. Woche für Woche warten und von quälender Spannung gelähmt im Büro sitzen gehört der Vergangenheit. Alles, sofort!

Eine ganze Staffel gleich in einem Rutsch durchsehen zu können nimmt dem ganzen natürlich auch etwas an Spannung. Keine wilden Fantheorien zu Cliffhangern, kein engagiertes Ausarbeiten von möglichen Hinweisen auf Killer oder Nebenplots. In einem Rutsch wird die Serie runtergeschluckt und sogleich verdaut, mit einem gelangweilten Rülpser oben drauf. War es das wert? Auf die nächste Staffel muss man sodann gleich wieder ein Jahr warten.

Das kommt mir auch aus dem "Story-Jahr 2015" bekannt vor. Ziost bietet zwar eine faszinierende und umfangreiche Story, doch man schlingt sie runter, rülpst und fragt gleich nach der Hauptspeise. Aber das war's, Ziost war Teil 1 der aktuellen Staffel und auf Teil 2 können wir wieder einige Monate warten. Wie bei Netflix-Serien hat man auch bei Content Updates wie Ziost das Problem, dass die Staffel auch so schon nicht sehr lange ist. 10 Folgen? Bei anderen Serien ist das gerade einmal die Hälfte und "Content" der vom Spätsommer bis zum Jahresende hält.

Manche finden das Netflix-Prinzip aber auch ganz großartig, denn deren Begeisterung stammt daraus dieselbe Staffel immer und immer wieder zu sehen. Fans deren Liebe durch Wiederholungen wächst gibt es natürlich auch, doch sind sie der Mainstream? Ich finde nicht, aber was bleibt einem als Alternative? Fan-Sein auf den ersten Blick? Ist das nicht naiv? Gegenüber der Netflix-Generation komme ich mir alt vor, bin ich doch noch mit der klassischen Serie via Satellit, Funk und Kabel aufgewachsen. Vielleicht ist das Netflix-Prinzip einfach noch ein Kulturschock für mich, aber ich habe so das Gefühl, dass ich nicht der einzige bin.

Aus der Sicht von renitenten Alten sind Staffeln mit 10 Folgen weniger Content und das ganze als 7,5 Stunden-Film zu veröffentlichen macht noch weniger draus. Man wartet nicht mehr auf neue Folgen einer Serie, sondern einen etwas überlangen Film. Darauf wartet man ein Jahr und zugegeben, gegenüber in drei Teile aufgespalteten Filmen wie "Der Hobbit" hat das durchaus Mehrwert, aber man fühlt sich in beiden Fällen irgendwie geschröpft.

Klassische Serien und regelmäßige Story-Updates wären sich nicht so unähnlich. Beides wird mit gewisser Vorlaufzeit produziert, wenn man also die jeweils aktuelle Folge über den Schirm flattern sieht ist die ganze Staffel vielleicht bereits abgedreht. Man nimmt als Produzent zwar Feedback auf, kann aber selten nur noch eingreifen und etwas nach Fanwunsch verändern, weil die Folgen eben schon im Kasten sind. Gefällt einem die Richtung eines Plots allerdings nicht setzt man auch mal aus und steigt später wieder ein, was sich in den allmächtigen Einschaltquoten niederschlägt. Im Lebenszyklus jeder Serie geht es irgendwann auch einmal bergab und sollte man den Abstieg nicht einbremsen folgt die Absetzung. Für Fans ist das plötzliche Serienende meistens katastrophal und Grund zahllose Petitionen zu starten, die zu nichts führen. Im Idealfall werden Serien wie Fringe oder The Mentalist noch mit einer finalen Besänftigungsstaffel für die Fans abgeschlossen, um das Serienende ausklingen zu lassen und nicht einfach den Faden durchzuschneiden (wie in Stargate Universe). Nach dem "Serientod" gibt es oft noch einige halboffizielle Comics oder Romane, in denen die Story fortgesetzt wird, jedenfalls bis es zum Reboot kommt.

Aus Sicht der Generation Netflix ist 2015 vielleicht wirklich ein Story-Jahr, denn es wird ZWEI große Story-Updates für SWTOR geben, fast wie zwei Staffeln House of Cards. Doch als old school Gamer hätte man sich etwas anderes erwartet, nämlich so etwas wie zwei Staffeln Game of Thrones. Diese noch ganz klassische über mehrere Wochen veröffentlichte Pay-TV-Serie hat zwar auch nur 10 Folgen pro Staffel, doch jede Folge wird mit Trailern, Teasern, Autoren- und Darsteller-Statements zelebriert. Die PR-Maschinerie läuft bei GoT auf Hochtouren, doch diese Serie ist ja auch Hochglanzfernsehen der Marke HBO. Der Zukunft gehört jedoch angeblich "Billigfernsehen" wie es Netflix und Amazon anzubieten versuchen. Möglichst geringe Kosten, PR-Aufwand eingeschlossen, sind das höchste Ziel in der schönen neuen Welt.

Die geringere Verbreitung von Netflix in Europa ist auch ein Indikator dafür, dass zwischen der US- und EU-Community eine Kluft besteht, denn während die Entwickler wahrscheinlich voll auf der Trendwelle surfen... spürt man von dieser auf unserer Seite des Atlantiks noch eher wenig. Das alte Europa muss trotzdem mitziehen, aber wir sind ja auch nicht die primäre Zielgruppe und es macht sogar Sinn die Community in die kontinentaleuropäische und angloamerikanische Community zu unterteilen. Wir sprechen also nicht nur die falsche Sprache, um mit den Entwicklern zu kommunizieren, wir denken wohl auch falsch.

2014 hat man es noch probiert in 9 Wochen-Abständen die Story mit jedem Game Update um eine neue Folge zu erweitern. Doch man scheiterte wegen Housing, stolperte dann und ließ uns bange warten, ob wir 3.0 noch vor Jahresende erwarten könnten. Scheinbar hat man danach einfach aufgegeben. 2015 könnten zwischen den Story-Updates nun mehrere Monate liegen. Sie sind ja umfangreich, aber nicht umfangreich genug, wie ein 7,5h Block zwar umfangreicher als ein 2h Film ist, aber doch nicht mit einer 15h Serie mithalten kann. Aber auch eine Staffel mit 10 Folgen kann die Fans einige Wochen oder Monate beschäftigen, wenn man sie aufteilt. Ein aufgeblasenes und in mehrere Abschnitte zerlegtes Ziost hätte vielleicht einen besseren Eindruck erweckt, vorausgesetzt man hätte Ziost in drei Flashpoints (Militärischer Außenposten, New Adasta, der Turm) und ein Daily-Gebiet zerlegt.

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