Wenn Star Wars wie Marvel wird
Wer sich die jüngsten Veröffentlichungen zu Marvels Filmplanung in den nächsten Jahren angesehen hat ist erstaunt wie dicht das Programm sein wird. Man hat die Saat für Avengers 3 Teil 1 und 2 sogar schon in Avengers 1 ausgebracht und plant hier wirklich über Jahre sehr große Story-arcs zu erzählen.

Marvel zeigt wie mutig Disney geworden ist und warum man mit Star Wars ein zweites mächtiges Franchise besitzen wollte. Man braucht nur das Erweiterte Universum anzusehen, um zu verstehen warum Disney Marvel und Star Wars für wertvolle Akquisitionen hält.

2014 wurde der Kanon im Star Wars-Universum zurückgesetzt, nur noch die Filme und die Animationsserie The Clone Wars blieben über. Man hat beschlossen das Universum neu aufzubauen und die alten Star Wars Legends erst einmal ersatzlos zu streichen. Das alte Material ist allerdings immer noch lebendig und fließt laufend in die Neukreationen ein, ohne allerdings weiterhin über Deutungshoheit zu verfügen.

Mit den Star Wars Legends ist es wie mit den Marvel Comics, sie existieren und erzählen oft sehr weirde Geschichten, die auf der Leinwand kaum Erfolg hätten. Und sie verwenden beide hochkomplexe Beziehungsgeflechte, die eigentlich schon Jahre Vorkenntnisse und Studien des richtigen Quellenmaterials aus Jahrzehnten erfordern würden. In den Filmen ist für dieses Chaos kein Platz, also musste man bei Marvel ein neues Filmuniversum schaffen, dass dafür keinen Rückhalt in den weiterhin chaotischen Comics besitzt.

Bei Star Wars ging man anders vor, man wagte das, was sich die hunderttausend Comickäufer die es noch gibt, bei Marvel nie gefallen lassen würden, man erklärte das alte Material für ungültig und begann die Geschichte bis auf weiteres neu zu schreiben, um fürs Erste keine Widersprüche mehr aufkommen zu lassen.

Dennoch finden sich in dem Marvel Filmen reichlich Verweise auf das Comicuniversum, auch wenn alles anderes abzulaufen scheint. Man nehme Captain America Winter Soldier und Civil War, zwei Kultgeschichten im Comicuniversum, die den Autor Ed Brubaker mit Preisen überhäuft haben. Die Filme laufen sehr anders ab als die Comics, doch im Kern sind sie sich weiterhin sehr ähnlich.

Das wird wohl auch bei Star Wars der Fall sein, beliebte Charakter erhalten ihr Spinoff und ihre Cameos. Nach und nach wird man wohl versuchen möglichst viele Fan Favorites aus Comics und Romanen auf die große Leinwand zu bringen und mit zahlreichen Einzelfilmen experimentieren, in welche Richtungen man gehen kann. Am Ende kommt dabei jenes riesige Universum auf die Leinwand, das bisher nur die Hardcore-Fans aus den Comics und Romanen kannten. Natürlich wird eine Mara Jade auf der Leinwand etwa eine andere sein, als in den Comics, doch je nachdem wie die Besetzung funktioniert, kann eine Darstellerin oder ein Darsteller von Format auch für neue Höhenflüge bestimmter Charaktere sorgen.

Diese Verbreiterung des Franchises und Veröffentlichung von 1-2 Star Wars Filmen pro Jahr scheint jedenfalls der Fall zu sein. Man kann das nun als notorischer Nörgler ablehnen oder sagen okay, damit ist wenigstens die Zukunft meiner Lieblingssaga gesichert. Es muss einem ja auch nicht alles gefallen, was die Drehbuchschreiber aus geliebten Charakteren machen.

Den meisten Spaß werden jedoch die Millionen von weniger vertieften Fans daran haben, die eben nur oberflächlich über bestimmte Vorfälle und Charaktere Bescheid wussten. Genauso ist es ja auch bei Marvel. Als jemand der die Comics nicht kennt liebe ich die Thor-Filme und habe vor einigen Jahren Ed Brubakers Captain America Comics gekauft und gelesen, nur weil es einen Film darüber geben würde. Weil ich diesem Universum nur schwach verbunden bin kann ich diese Filme auch genießen, egal wie grob sie vielleicht mit dem Quellenmaterial umgehen und die wahren Fans ärgern mögen.

Als Star Wars-Fan habe ich eine sehr fundamentalistische Meinung dazu wie ein Großadmiral Thrawn oder Gillad Pellaeon agieren "müssen" und wenn sie anders dargestellt werden steige ich sicher irgendwann auf die Barrikaden, aber Millionen Kinobesuchern könnten diese Inkarnation bejubeln. Vielleicht wäre es daher ja besser etwas Abstand zu nehmen und sich darauf zu konzentrieren, dass man seinen Helden nun mit einer größeren Welt teilen kann und man kann das auch zur Bewerbung von essentiellen Romanen oder Comics aus dem Reich der Legends nutzen. Thrawn ist schon ein cooler Typ, lies doch die Thrawn-Trilogie...

Mit den Filmen werden auch Charaktere zum Gesprächsstoff, über die man vorher nur sehr selten und bestenfalls in einschlägigen Foren diskutieren konnte. Plötzlich geht man aus dem Kinosaal und kann sich mit Freunden über einen Charakter unterhalten, mit dem diese sonst nie und nimmer in Berührung gekommen wären.

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