Fallen Empire und die Essenz von KotOR II
Viele von Fallen Empire aufgeworfene Fragen und Themen kennt man auch aus dem von BioWare eher totgeschwiegenen KotOR II. Die Gründe für BioWares mangelnden Enthusiasmus für KotOR II sind einfach erklärt. Die Fortsetzung zu KotOR wurde damals von Obsidian entwickelt und auch wenn man vielleicht von einer freundschaftlichen Weitergabe der Lizenz sprach, intern dürften doch einige Gefühle gekränkt gewesen sein. So mancher BioWare Veteran wie James Ohlen oder Drew Karpyshyn ist auch heute noch ein Teil BioWares und Ohlen wie Karpyshyn sitzen sogar im Austin-Studio. Nicht jeder Künstler ist eben gut darauf zu sprechen, wenn das Management sein Werk an die Konkurrenz weiterreicht.

Trotzdem warf KotOR II einige interessante Fragen auf, die es wert sind auch von BioWare thematisiert zu werden. Doch ich muss auch zugeben, dass ich KotOR II wegen seines unfertigen Zustands und der losen Fäden immer schon weniger geschätzt habe als BioWares Original. Das Sequel hatte Potential, doch es ging in manchen Bereichen etwas zu weit und scheiterte dann an der Umsetzung vieler Visionen.

Die Verbannte und der Jedi-Orden

KotOR II spielte durchaus mit einem Klischee, als man neben Revan und Malak auch noch eine dritte im Bunde einführte. Revans Generälin, die nach der Schlacht um Malachor V ihre Verbindung zur Macht verlor und im Gegensatz zu Revan und Malak dem Krieg den Rücken zukehrte. Sie stellte sich dem Jedi-Rat und wurde stellvertretend für Revans Vergehen aus dem Orden geworfen. Doch Kreia stellt einem eine ihrer kryptischen Fragen, ist denn ein Jedi ohne den Jedi-Orden nicht doch noch ein Jedi?

In den Jahren zwischen den Mandalorianischen Kriegen und KotOR II verdiente sich die Verbannte ihren Lebensunterhalt als Söldnerin. Sie tauchte regelrecht aus dem Nichts wieder auf und wurde zur Heldin eines Konflikts mit dem Sith-Triumvirat, welcher das Ende der damals bekannten Sith-Splittergruppen aus Revans Imperium besiegelte. Man kann die Geschichte der Verbannten durchaus mit jener des Outlanders in Fallen Empire vergleichen. Beide waren die Helden eines anderen Krieges und gerieten nach diesem rasch in Vergessenheit. Nun sind sie zurück, doch man erinnert sich nicht mehr an ihr altes Ich, sondern nur noch ihre neue Heldenrolle. Die verbannte Jedi-Ritterin, die den Sith-Triumvirat bezwang. Der Outlander der dem Ewigen Imperium die Stirn bot.

Die Jedi-Generälin Meetra Surik ist genauso vergessen und nicht länger relevant wie der Champion der Großen Jagd, der Zorn des Imperators oder der Held von Tython. Ihre Heldentaten liegen fast 10 Jahre zurück, in einer Galaxis die in den letzten 5 Jahren von einer fremden Macht erobert und regiert wurde. Dass man irgendwann den Sith-Imperator niederstreckte ist schon völlig bedeutungslos geworden, denn nun regiert ein neuer weit mächtigerer Imperator die Galaxis. Man ist wie eine Sportlegende, deren Rekorde gebrochen wurden.

Die Frage ist allerdings, ob man nach all diesen Jahren und einem Exil (man wurde ja auch von seiner Crew und seine Fraktion im Stich gelassen, denn es gab keine großangelegte Befreiungsaktion) noch treu zu seinen früheren Prinzipien steht. Für die Galaxis und einen selbst sind ja Jahre vergangen. Man schlief keine 5 Jahre durch, man wurde von Träumen und Visionen geplagt, in denen man der gleichen Psychofolter ausgesetzt wurde wie einst wohl auch Revan. Die Verbindung zu Revan ist es auch, die eine weitere Parallele zur Verbannten darstellt.

Revans Stellvertreter

Auf Yavin 4 hat uns Revan die Fortführung seiner größten Mission anvertraut. Eine Mission die am Ende von KotOR II schon an die Verbannte überging. Somit macht sich SWTOR einmal mehr zu KotOR III, denn nun kämpft man wie Revan gegen den wahren Bösen – den unsterblichen Imperator. Man hat die Bezeichnung "The true Sith" wohl falsch interpretiert. Der wahre Sith ist Valkorion, der letzte noch lebende Sith-Lord des alten Imperiums. Und dass er den Sith-Kodex ablehnt macht ihn auf seine Weise zu einer noch grandioseren Bedrohung. Valkorion steht, wie es einem Oberboss gebührt, weit über seinen Lakaien und ist nicht an deren Regeln gebunden.

Am Ende von KotOR II zog die Verbannte aus um an Revans Seite zu eilen und in den Unbekannten Regionen dem wahren Sith gegenüberzutreten. Wie wir aus Drew Karpyshyns Revan-Roman wissen scheiterte sie, aber zumindest befreite sie Revan und brachte diesem seine Maske zurück. Wenig später endete Revan neuerlich in einem Kerker, diesmal in jenem des Sith-Imperators. Und die Verbannte lag tot am Boden, doch zumindest ihr Geist stand Revan weiterhin bei. Für 300 Jahre bekämpfte Revan den Imperator, doch dann begann er zu schwächeln. Was folgte war das Drama um den gebrochenen Revan, der auf Yavin 4 sein Ende fand.

Die Gefährten sind die wahren Helden des Wiederaufbaus

KotOR II wagte etwas wozu BioWare erst in Fallen Empire den Mut aufzubringen beginnt, nämlich einen Teil der Geschichte an die Gefährten auszulagern. HK-47s geschnittener Plot um die HK-50 Droiden ist da nur ein Beispiel dafür. Es gab in KotOR II sogar Missionen in denen man (als Weiterentwicklung der Infiltrationsmission in KotOR I) als seine Gefährten spielte.

Gefährten verließen den Spieler und entwickelten ein Eigenleben. Mand'alor der Bewahrer befehligte die mandalorianischen Hilfstruppen bei der Schlacht um Telos. Und am Ende übernahmen Suriks Padawane Sitze im neuen Jedi-Rat. Sich zwischen Gefährten zu entscheiden und Gefährten aus Story-Gründen zu verlieren ist so gesehen nichts neues, nur in einer MMO-Umgebung sorgt das eben für Unmut. Man könnte aber auch kritisieren, dass die Leute heute einfach immer alles haben wollen. Mira und Hanharr. Mand'alor und G0-T0 als permanente Gefährten.

Auf in den nächsten Krieg

Verbunden mit dem letzten Argument ist auch das Handeln der Verbannten oder Revans nach KotOR II bzw. KotOR I. Beide blieben nicht, um eine Machtposition in der Republik oder ihrem Imperium zu bekleiden, auch wenn es im DS Ende von KotOR I so aussieht. Beide zogen weiter. Auf in den nächsten Krieg, diesmal gegen den wahren Sith. Genausowenig kann man sich im MMO-Setting von SWTOR vorstellen Ewiger Imperator zu werden. Wieder etwas das eigentlich nichts neues ist und doch gerne vergessen wird.

Im Unterschied zu KotOR I & II hat man sich in KotFE allerdings eine Machtbasis aufgebaut, um das zu tun was Revan tun wollte, nämlich gegen den wahren Sith in die Schlacht zu ziehen. Die Allianz auf Odessen lässt sich so auch mit Revans Gefolgschaft aus den Mandalorianischen Kriegen oder seinem Sith-Imperium im dunklen Ende von KotOR I interpretieren. Man hat Angehörige beider Seiten unter einem Banner vereint. Nun rekrutierte Revan damals zwar keine "Imperialen", aber er stützte sich schon als Jedi-General auf loyale Reps und einige abtrünnige Elemente, wozu auch der eine oder andere Sith aus der Bruderschaft Exar Kuns gehört haben soll. Spätestens als Darth Revan stützte sich der Revanchist auf ihm treu ergebene Republikaner und jene die sein Sith-Imperium mit offenen Armen begrüßten. Revan herrschte einerseits mit gefallenen Jedi aus den Mandalorianischen Kriegen und andererseits mit bereits als Sith ausgebildeten Anhängern aus seiner Akademie auf Korriban. Im Gegensatz zur nach Ausgleich strebenden Allianz von Odessen bediente sich Darth Revan ausschließlich der dunklen Seite. Er wollte sein Imperium dunkel einfärben, denn nur die dunkle Seite erlaubte ihm Zugang zur Sternenschmiede. Ohne die dunkle Seite konnte Revan seinen geplanten Kriegszug nicht realisieren. Somit war Darth Revan ein durch und durch dunkler Charakter, der die dunkle Seite aber aus strategischen Gründen gewählt hatte. Genau das hat einem Revans Lehrmeisterin Kreia in KotOR II auch zu erklären versucht. Für sie traf Revan einst eine bewusste Entscheidung für die dunkle Seite. Kreia wusste auch vom wahren Sith und wenn man KotFE zum Vergleich heranzieht, so kann man sich anhand von Kapitel I-II und XII wohl durchaus vorstellen, warum sich Revan entschied vor Vitiate zu knien. Selbst Darth Marr bestätigt uns, dass zu knien keine so blöde Entscheidung gewesen wäre. Revan war ein Stratege, der gewissermaßen über der Macht stand. Für ihn war die Macht ein Mittel zum Zweck. Dieses distanzierte Verhältnis zur Macht dürfte auch von Kreias Lehren inspiriert gewesen sein, denn Kreia versuchte die Macht aktiv zu zerstören.

Valkorion und Revan glaubten über dem Willen der Macht zu stehen bzw. dass dieser ohne Belang für sie wäre. Revan sah sich nicht als Auserwählten, er sah sich als jemanden der etwas tat, der Entscheidungen traf und die Zukunft in die eigene Hand nahm. So kam es wohl zu einer Art unfreiwilligen Freundschaft zwischen Revan und Vitiate, denn auch der Imperator sah sich nicht an den Willen der Macht gebunden. In seinem Größenwahn, angespornt von der Willenlosigkeit seiner Untertanen, begann Vitiate sich als Gottheit zu betrachten. Er machte Revan zu seinem Werkzeug und fühlte sich dem dunklen Lord in jeder Hinsicht überlegen. Revan Macht zu verleihen war vielleicht sogar ein Experiment für Valkorion, der sehen wollte, wie weit es Revan als sein Champion bringen würde. Er wäre ja jederzeit in der Lage gewesen ihn aufzuhalten?

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