Revans Fluch: Der Anti-Held

Darth Revan: lawful evil

Als man Darth Revan in KotOR I führte geschah das mit wenig unnötigen Brimborium um seinen Fall auf die dunkle Seite. In KotOR I standen die dunklen Lords Darth Revan und Darth Malak im Zentrum der Geschichte, wobei es vor allem um Darth Malak ging, der deutlich mehr zum Megalomanen taugte als sein Meister. Von Revan selbst erfuhren wir eher wenig. BioWare beließ es dem Spieler sich ein Bild von Revan auszumalen und gab uns lediglich Verweise auf dessen strategische Brillanz und den Ruf, den sich Revan in den Mandalorianischen Kriegen erkämpft hatte.

KotOR II entstand leider nicht mehr unter der Ägide BioWares und doch bediente sich Obsidian sehr freimütig am Vorgänger. Da man selbst keine bessere Idee hatte griff man auch wieder auf Revan als zentrale Figur der Geschichte zurück und ging den üblichen Sequel-Weg, bei dem man einen bisher unbekannten Kriegskameraden Revans aus dem Hut zauberte. In KotOR II ist es vor allem Kreia die ihren ehemaligen Schüler in ein positives Licht rückt, auch wenn es nach Revans Wiedergeburt wohl keinen Kontakt mehr zwischen den beiden gegeben haben dürfte. Kreia handelt stattdessen in Eigeninitiative und weil sie als Revans Meisterin und größter Fan vom Jedi-Rat einst auch verbannt wurde. Dass so jemand auf die dunkle Seite rutschen könnte und in ihrer Anti-Establishment-Kritik eine Mischung aus Wahrheit und Fiktion schafft, die auf einige Spieler bis heute sehr gut und glaubwürdig klingt, ist nur zu verständlich. Die dunkle Seite kann alles pervertieren, auch die besten Absichten, nobelsten Handlungen und philosophische Erkenntnisse über die Macht. Manche werden durch die dunkle Seite auch wahnsinnig.

Wie auch immer, Kreias Fantum in Sachen Revan verklärte den Tyrannen Darth Revan zu einem widerwilligen Helden, der mit seinem Angriff auf die Republik deren Selbstverteidigungswillen stärken wollte. Revans Plan, nach Kreia, beinhaltete die Stärkung der Republik. Aus Kreias Sicht hatte sich Revan der dunklen Seite geopfert und war ihr nicht verfallen. Er opferte seine Seele, um die Welt zu retten. Nur wenn wir eines wissen, dann das ein Deal mit dem Teufel nie fair ist. Revan plante vielleicht anfangs wirklich noch die Stärkung der Republik, doch wie manch realer Diktator und Putschist verfiel er wohl später wie Malak dem Machtrausch. Mit seinem eigenen Imperium hätte Revan wohl geplant die Wahren Sith auszulöschen, doch dann? Die dunkle Seite gibt man nicht einfach so auf, vor allem wenn man sich in seinem Egoismus irgendwann für den großen Heilsbringer hält. Revans Triumph hätte wohl so geendet wie KotOR I, er wäre zum bösen Diktator geworden, der meint die gesamte Galaxis regieren und nach seinen Vorstellungen gestalten zu können. Größenwahn.

Lawful Evil in anderen Ären

KotOR II hat einen interessanten Beitrag zur größeren Saga geleistet, weil man versucht hat Darth Revan in einem schmeichelhaften Licht darzustellen. Das ganze trug jedenfalls die Debatte voran, ob man die dunkle Seite nicht auch für Gutes nutzen kann. Laut George Lucas: Nein, man wird immer korrumpiert. Trotzdem haben es einige Autoren versucht diese Möglichkeit zu erforschen.

Darth Vectivus und Darth Caedus

In der Geschichte der Sith war Darth Vectivus wohl eine Ausnahme von der Regel oder ein trügerisches Vorbild, mit dessen Hilfe die selbsternannte Sith-Lady Lumiya Jacen Solo davon überzeugen konnte auch Sith-Lehren zu studieren. Es sollte Jacens Untergang sein, denn er degenerierte immer weiter und wurde schließlich zu Darth Caedus, der ebenso wie Revan mit guten Intentionen begonnen hatte, aber am Schluss seiner eigenen Großmannssucht zum Opfer fiel. Jacen wollte die Zukunft verändern, doch am Ende ging er einige Schritte zu weit. Die Rechnung für Darth Caedus ging auf, er hatte sich selbst richtig eingeschätzt und mit seinem Fall und Tod die Macht wieder ausbalanciert. Revans Ziel war jedoch ein anderes, als eine Vision zu verhindern, indem er sich quasi selbst zum Schurken machte und damit den Aufstieg eines anderen Übeltäters verhindern konnte. Revan wollte die dunkle Seite für offensive Zwecke nutzen.

Nur wer war jetzt Darth Vectivus? Eine mythische Gestalt, die einst einen lukrativen Minenkomplex betrieb und als sehr prinzipientreu galt. Später suchte Vectivus angeblich die Sith auf, nachdem er auf einem seiner Asteroiden einen Nexus der dunklen Seite entdeckt hatte. Vectivus wurde dann zum Sith ausgebildet, erhielt wohl seinen Sith-Namen und wurde angeblich selbst zum Sith-Meister. Danach kehrte Vectivus in sein Heim zurück und soll laut Lumiya friedlich bis an sein Lebensende gelebt haben. Gelogen? Vielleicht steckt ein Körnchen Wahrheit dahinter. Als Teil der Regel der Zwei wird Vectivus wohl kaum friedlich gestorben sein, aber ein Geschäftsmann würde durchaus zu Banes Sith-Orden gepasst haben, der es verstand in den Schatten zu agieren und wie mit Plagueis, Sidious und Tenebrous angesehene Persönlichkeiten rekrutierte, die auch im Zivilleben den Sith-Masterplan mittragen konnten. Einige von Vectivus Qualitäten ließen sich auch in Plagueis und Tenebrous ausmachen, denn Lumiya lockt Jacen Solo auf ihre Seite, indem sie Vectivus Friedlichkeit betont. Vectivus plante nie die galaktische Eroberung, beging keine Massaker und war nicht komplett degeneriert. Was Jacen nicht wissen konnte ist wohl, dass bis Sidious alle von Banes Erben dieser Vorstellung entsprechen konnten. Nur Vader und dessen blutlüsterne Handlanger und Möchtegern-Sith agierten chaotic evil. Mit diesem Bild von Sith als durchgeknallten Massenmördern wuchs Jacen allerdings auch auf. Ihn in Sidious-Manier mit netten Worten, einem Versprechen einer breiteren Perspektive und dem Verweis auf Jedi-Dogmen zu bekehren musste fast gelingen. Lumiya stellte die Sith in bester Sith-Tradition als eine von vielen Sichtweisen auf die Macht dar.


Darth Sidious

Einem Sith etwas anzudichten und seine Handlungen beschönigend zu beschreiben hat Tradition. Außer im Fall von Juggernauts wie Vader lassen sich die meisten Sith irgendwie gut darstellen, da sie wie Diktatoren und clevere Kriminelle immer darauf achten eine gute Rechtfertigung und Erklärung parat zu haben. Darth Caedus waren mehr oder weniger zwei 9teilige Buchreihen gewidmet, die ich als Hardcore Star Wars-Fan nicht ganz unbeachtet lassen kann, wenn ich etwa über Revan nachdenke. Revan selbst war kein grauer Jedi, sondern jemand der vom Graubereich auf die dunkle Seite abgerutscht war.

Sogar Darth Sidious aka Imperator Palpatine hat man in den Romanen der Star Wars Legends angedichtet lawful evil zu sein. Aus der Sicht von imperialen Revisionisten baute Sidious seine Todessterne, Superwaffen, Supersternenzerstörer, Armeen, Flotten und dunklen Jedi auf, um der Bedrohung durch die Yuuzhan Vong entgegenzuwirken. Laut Großadmiral Thrawn war Sidious über die Existenz der Far Outsiders informiert. Die Generation der Enkel und Söhne einstiger imperialer Größen etablierte Palpatine damit als weitsichtigen Anführer, der von den Rebellen völlig ungerechtfertigt ermordet wurde, weil er wie in den Klonkriegen ja nur das Beste für die Galaxis im Sinn hatte. Palpatines Massaker an den Jedi erklären diese Revisionisten auch damit weg, dass diese wohl wirklich den Aufstand probten und ja auch der Reformierung der Republik in ein Imperium im Weg gestanden wären. Harte Entscheidungen mussten getroffen werden. Und dann jagen die Rebellen beide Todessterne in die Luft und Jahrzehnte später ist man den Vong fast schutzlos ausgeliefert. Und die Neue Republik versagt auf der ganzen Linie, weil man die demokratische Führung beschwichtigt, zerstritten ist und die Gefahr nicht schon seit Jahren kennt. Mit Sidious an der Macht hätte man die Vong sicher und schnell besiegt... genauso wie sich andere Revisionisten einreden Darth Revan hätte mit der Sternenschmiede das Sith-Imperium und Vitiate besiegen können.

Revans Fluch: Die dunkle Seite ist eine Droge

Die Revisionisten können Ereignisse schon zurechtbiegen, dass ein rechtzeitig gestorbener Verbrecher noch zum Helden werden kann. ”You either die a hero or you live long enough to see yourself become the villain”, um aus The Dark Knight zu zitieren. Darth Caedus verstand das wohl von allen genannten noch am besten. Caedus ahnte vermutlich bereits zu Beginn, dass ihn seine Pläne auch das ultimative Opfer kosten würden. Caedus starb allerdings den Tod eines Schurken, weil er zu weit gegangen war. Trotzdem hatte er Erfolg, weil er sein Ziel (eine vorzeitig erfüllte Prophezeiung vom Aufstieg eines Sith-Lords) erreicht hatte. Weder Revan noch Caedus hätten ihre Macht jedoch freiwillig aufgegeben, es gab für sie immer noch mehr zu holen und noch mehr zu erreichen. Diese Eigenschaft der dunklen Seite ist dank DARK DISCIPLE auch bereits Teil des neuen Star Wars Kanons. Von der dunklen Seite wieder los zu kommen erfordert eine aufwendige Intervention und meist auch Verrat, Schmerz und Tod. So kam Asajj Ventress von der dunklen Seite los und auch Darth Revan konnte anfangs nur durch Malaks Verrat, eine Jedi Task Force und seinen kompletten Gedächtnisverlust zurückgeholt werden.

Die dunkle Seite macht süchtig und ist daher auch so schwer zu kontrollieren, weil sie alles korrumpieren kann. Sogar Ideale können von der dunklen Seite gegen einen verwendet werden. Jeder Riss im moralischen Fundament bietet ihr eine willkommene Angriffsfläche und setzt sie sich einmal fest kann sie das gesamte moralische Gefüge sprengen. Man nimmt sich vielleicht vor nur seine Feinde mit der dunklen Seite zu attackieren, doch dann werden vielleicht Verbündete zu Feinden oder man trifft auf Kollaborateure. Das Problem mit der dunklen Seite ist, dass sie für einen Machtnutzer sehr real ist. Man kann hier nicht von normalen menschlichen Emotionen reden, die irgendwann auch wieder verfliegen, sodass man nach einem Racheakte wieder zu seinem alten Selbst zurückkehrt. Die dunkle Seite der MACHT verleiht einem nämlich Macht, man erhält hier etwas mehr oder weniger greifbares und das dürfte auch im Nervenzentrum ein Glücksgefühl auslösen. In HEIR TO THE JEDI erlebt Luke Skywalker seine erste Begegnung mit der dunklen Seite etwa als "Gefühl der Unverwundbarkeit" und als einen Moment, in dem er mit immenser fast drogenartig verstärkter Intensität die Macht wahrnimmt und zu allem fähig zu sein glaubt. Dieses Gefühl beängstigt Luke jedoch, weshalb er es verfliegen lässt. Nun könnte man mit übermenschlicher (Aliens haben es vielleicht einfacher) Selbstdisziplin Drogen wie diese nutzen, ohne abhängig zu werden und quasi als leistungssteigernde Hilfsmittelchen einsetzen, doch irgendwann muss man aufhören und man kann sie nicht ständig einsetzen. Selbst Doping muss kontrolliert werden, will man gesundheitliche Schäden vermeiden. Wer als Grauer jedoch auf die dunkle Seite zurückgreift setzt seine Droge nie ab, man ist immer von der Macht umgeben und nutzt sie zu jeder Zeit, weshalb die dunkle Seite auch nicht so einfach abgesetzt werden kann.

Mit dieser Sichtweise...

Ist es vielleicht überraschend, dass ich mehrheitlich imperiale und vor allem überwiegend Sith Krieger spiele. Naja, ich liebe die Klasse Sith Juggernaut aus visuellen Gründen (Kampfanimationen, Skills, sogar die lässige Lichtschwerthaltung). Von allen Klassen ist der Krieger allerdings auch die restriktivste was die Lore und RP betrifft. Man muss fast Mensch oder Reinblut sein, man muss aus einer alten Sith-Dynastie kommen usw. Das alles prädestiniert Krieger dazu lawful evil zu sein. Ich bin allerdings kein Freund solcher Schemen, weil sie wie Sternzeichen bei Nichtfunktionieren plötzlich um Aszendenten ergänzt werden und die Zuordnung wieder schwammig wird.

Ich (rollen)spiele meine Charaktere lieber anhand von Charakteristiken, die über dem klassischen Gut und Böse stehen. Folglich sind nur sehr wenige meiner Chars wirklich dunkel. Mein dunkler Ritter ist mein bestes Beispiel dafür, wie verlockend die dunkle Seite sein kann. Er erlag der dunklen Seite weil er nach der Macht strebte Vitiate zu bezwingen. Seinen weiteren Fall zuzusehen finde ich interessant, weshalb er wohl auch in KotFE einige sehr dunkle Entscheidungen treffen wird. Spannend wird dieses Rollenspiel für mich immer dann, wenn man aufgrund der Eigenschaften eines Charakters eine Entscheidung treffen muss, welche die DS/HS-Zuordnung sprengt. Einer meiner dunklen Jugger entschied sich auf Ziost etwa dafür die bewusstlos geschockten Soldaten und später auch die Jedi-Meister zu verschonen, nur um damit Vitiate zu schwächen. Dass dieser Plan nicht funktioniert konnte ihm da noch nicht bewusst sein. Im Gegensatz dazu habe ich sogar auf helleren Kriegern Darth Baras exekutiert. Die Gefahr durch Baras Flucht aus seinem Exil und dessen Neigung zu fruchtlosen Machtkämpfen auf Kosten des imperialen Erfolgs waren mir eine Lehre.

Aus dem vorhin bereits einmal erwähnten Buch DARK DISCIPLE weiß man zumindest eines: wahre Sith sind dazu verdammt der dunklen Seite zu erliegen. Nur alternative Organisationen von Machtnutzern schaffen es durch Selbstbeschränkung (die dem Sith-Kodex entgegensteht) ein gesünderes Verhältnis zur dunklen Seite aufzubauen. Die Nachtschwestern von Dathomir leben etwa im Einklang mit ihrer Natur und diese ist auf Dathomir eben stark von der dunklen Seite geprägt. Sie versuchen diese Macht nicht zu kontrollieren und neigen nicht zum Sith-typischen Größenwahn, entsprechend sind sie etwas schwächer als Sith, aber werden von der dunklen Seite nicht ruiniert.

Die größte Gefahr birgt Ambition. Nur weil Asajj Ventress jede Ambition aufgegeben hat kann sie schlussendlich die dunkle Seite nutzen ohne die Konsequenzen fürchten zu müssen. Ähnlich können auch Einsiedler wie Jolee Bindo oder sogar Spindrall gewertet werden. Sie haben ihre Ketten abgelegt und sind deshalb frei, sie brauchen nichts mehr und leben gewissermaßen in den Tag hinein.

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