Rael Aveross und die Bindungsangst des Jedi-Ordens


Claudia Grays diese Woche erschienener Roman Master and Apprentice ist definitiv eines der interessantesten Werke der jüngeren Vergangenheit, schon allein weil sich Gray nicht scheut die sehr menschliche Seite ihrer Protagonisten darzustellen, selbst wenn das nicht immer 100%ig jugendfrei abläuft. In Master and Apprentice wird uns etwa Jedi-Ritter Rael Aveross vorgestellt, ein ehemaliger Schüler Count Dookus, der ganz bewusst lockere Sexulakontakte pflegt, weil ihm diese trotz des Jedi-Kodexes ja erlaubt sind. Nur Bindungen sind verboten und diese Bindungsangst der Jedi wird auch durch einen anderen Aspekt von Aveross Charakter begreiflich. So unemotional Aveross mit seinen Affären umgehen mag, er wurde doch vom Jedi-Rat als Berater und Regent für eine noch sehr junge Prinzessin eingesetzt, die für Aveross wohl zu einer Art Ersatztochter geworden ist. Und damit ist Rael Aveross auch die Antwort auf die Frage, wie wohl ein Anakin Skywalker mit seinen Kindern umgegangen wäre oder warum es durchaus sinnvoll war Obi-Wan Kenobi von Luke und vor allem Leia fern zu halten.

Rael Aveross ist an sich ein unorthodoxer Jedi, doch sein Wunsch seiner Prinzessin ein möglichst annehmliches Leben zu bescheren ließ ihn durchaus einige moralisch fragwürdige Entscheidungen treffen. Auch wenn man Aveross zumindest anfangs keine mörderischen Absichten unterstellen kann, wie sie für Anakin typisch wären, er ist keinesfalls neutral was die politischen Verhältnisse auf der Heimatwelt seines Schützlings betrifft und es ist seine Feindseligkeit gegenüber jeglicher Opposition, die ihn zu einer tragischen Figur werden lässt. Jahre vor seiner Vormundschaft über Prinzessin Fanry war Aveross gezwungen seine damalige Padawan in einem Duell auf Leben und Tod zu töten und seine Trauer blendete ihn schließlich für Fanrys wahre Absichten und ihre Entwicklung. Mehrmals merkt man in Aveross Verhalten, wie er einfach über Fanry hinweg entscheidet und ihr einen Kurs vorbestimmt, den sie schlussendlich als Königin nicht einhalten wird (kleiner Spoiler). Was die Sache besonders interessant macht, denn Aveross verhält sich trotz seines eigenen lockeren Verhältnisses zur Jedi-Doktrin doch wie ein Jedi und da er Fanry erst kennen lernte als diese schon 8 Jahre alt war, kann man davon sprechen, dass die junge Prinzessin damals bereits auf eine Weise vorgeprägt war, mit der Aveross nicht gerechnet hat. Aveross verhielt sich als Vaterfigur wie man es von einem Jedi erwarten würde, er konnte sich gar nicht vorstellen, dass sein Schützling eine extreme Unabhängigkeit von ihm anstreben könnte und eines Tages alles verwerfen wird, was er für sie orchestriert hat. Aveross betrachtete Fanry quasi als Tochter, aber für Fanry war Aveross überhaupt nur ein Regent und nicht ein möglicher Ersatzvater. Die Ähnlichkeiten zum Fall Anakins sind erheblich, denn Anakin geriet fast im gleichen Alter ebenfalls unter die Vormundschaft eines Jedi-Ritters. Und während Obi-Wan Anakin mehr oder weniger wie einen Stiefbruder betrachtete war Obi-Wan für Anakin dann doch eher nur ein Mentor und Freund. Anakin hatte ja nicht bloß eine Familie außerhalb des Jedi-Ordens, sondern wusste auch wie es sein könnte außerhalb des Jedi-Ordens zu leben. Die Jedi brauchten Anakin also doch wohl mehr, als Anakin die Jedi brauchte. Jedenfalls bis zu dem Punkt an welchem Anakin hoffte nur durch die Geheimnisse der Macht seine Familie retten zu können.

Die Jedi sind also durchaus an einer Form von Bindung interessiert, der Bindung an den Jedi-Orden, wobei es im Vordergrund darum geht die Ordensmitglieder an die Organisation zu binden und gar nicht an alternative Karrieren denken zu lassen. Selbst Rael Aveross wendet sich ja nicht ganz von den Jedi ab und umso schockierender dürfte Count Dookus Ausstieg gewesen sein. Dooku hatte alles was ihm die Jedi geben konnten: Anerkennung, den Meisterrang, politische Verbindungen und sogar das Angebot eines Sitzes im Jedi-Rat - aber dann trat Dooku zurück und im neuen Kanon liegt Dookus Rückzug aus dem Jedi-Orden in Episode I bereits mindestens 7 Jahre zurück. Angesichts der Karrieren von Rael Aveross und Qui-Gon Jinn scheint Dookus Vermächtnis als Jedi-Meister ja gewesen zu sein zwei äußerst unkonventionelle und problematische Schüler hinterelassen zu haben, wobei sich Qui-Gon schließlich sogar für seine Zeit eher unüblich spirituellen Überlegungen zuwandte. Dooku war ein scharfsinniger Kritiker der Jedi und der Republik, was er auch an seine Schüler weitergab und selbst der regeltreue Obi-Wan Kenobi ist ein Erbe von Dookus Misstrauen gegenüber der politischen Szene. In Episode II ist es ja auch Obi-Wan, der ja sein Misstrauen gegenüber allen Senatoren und auch gegenüber dem Kanzler kund tut.

Die Treue der Jedi gegenüber der Republik ist eine ähnlich fatale Bindung, wie Rael Aveross Zuneigung gegenüber Prinzessin Fanry. Sentimentale Anhänglichkeit wäre ja noch erträglich, aber um ein Episode III-Zitat umzumünzen, Liebe macht blind. Und so bewundere ich wieder einmal Count Dooku, der sich womöglich vom Jedi-Orden und der Republik abgewandt hat weil er das große Problem der Jedi-Philosophie erkannte. Nicht mehr lange und wir haben womöglich einige Antworten zu den Fragen über Count Dookus Lebenswandel, denn bereits Ende April soll die Count Dooku-Biografie DOOKU: JEDI LOST als Hörbuch erscheinen. In den Legends war Dookus Wandlung noch weniger ausgefallen, denn dort wandte er sich erst kurz vor oder nach Qui-Gons Tod von den Jedi ab. Im Kanon hingegen? Da konnte bereits Padawan Qui-Gon Jinn (30-40 Jahre vor Episode I) beobachten wie sein Meister Machtblitze einsetzte. Und Dooku trat bereits über 7 Jahre vor Episode I aus dem Jedi-Orden aus, woraufhin er auch jeden Kontakt mit seinen Ex-Padawanen abbrach. Dooku machte Rael nach den Ereignissen des Romans jedoch ein unmoralisches Angebot und lud ihn nach Serenno ein, um Geheimnisse der Macht von ihm zu lernen.

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