Opfer des Reboots: Der Hohe Rat des Neuen Jedi-Ordens
So sehr sich Lucasfilm seit 2014 Mühe gibt Star Wars in allen Medien zum Teil des neuen Kanons zu machen, so offensichtlich ist auch die Schattenseite des Bestrebens jeden neuen Film und jede Animationsserie mit Comics, Romanen, Battlefront-Maps und Charakteren in neuen Star Wars-Games zu ergänzen. Was früher zum Teil den Reiz des EU ausmachte war dessen Eigenleben. Star Wars ging auch ohne und abseits der Filme und Serien weiter. So enstanden ganze Generationen von Charakteren, die nie auf einer Leinwand oder einem Fernsehbildschirm zu sehen waren. Und trotzdem genossen diese Charaktere hohes Ansehen und hatten ihre eigenen Fangemeinschaften.

Als Comic- oder Romanleser hatte man seine eigenen Star Wars-Helden, die nicht bloßes Beiwerk zu den Filmen oder Serien waren. Entsprechend frei konnten die Autoren dieser Geschichten neue Welten, Ereignisse und Persönlichkeiten ergründen. Und irgendwann führte die Popularität von Charakteren dazu, dass man sie mit anderen zusammenführte. Nicht im kommerzialisierten Stil eines jährlichen Marvel-Crossovers, sondern weil eine Geschichte sich so entwickelt hatte, dass es wirklich Sinn machte. Eine solche Entwicklung war die Gründung von Luke Skywalkers Neuen Jedi-Orden, dem Herzstück des Expanded Universe nach Endor, welches dem neuen Kanon völlig fehlt und dazu beiträgt, dass Episode VIII wohl der traurigste Sequel-Film werden wird. Luke Skywalker wirkte im Teaser-Trailer bereits so gebrochen, wie mancher Fan nach der Erkenntnis, dass Kylo Ren als verzogener Skywalker-Sprössling ohne echten Grund eine der besten Ideen des EU zerstört hat.

Die Idee, dass Luke Skywalker nach Endor auf der Suche nach alten Jedi-Relikten und potentiellen Jedi-Schülern sein wird fand bereits anfang der 90er in der Thrawn-Trilogie und Dark Empire Ausdruck. Beide Werke erschienen fast zeitgleich und es lag leider an Timothy Zahns Weigerung sich auf Dark Empire zu beziehen, dass die Thrawn-Trilogie chronologisch vor Palpatines Rückkehr angesiedelt ist. Dark Empire und die Thrawn-Trilogie verkörperten so etwas wie den Urknall des Expanded Universe, das uns so viele Dinge eingebracht hat die selbst EU-Hater nach 2014 gerne wiedersehen würden. Dark Empire II führte etwa nach Ossus und Dark Empire III spielte auf Onderon. Daraus ergab sich dann die Idee zum ersten Prequel der Star Wars-Geschichte – den Tales of the Jedi, welche auch die Geburt der Old Republic-Ära mit allem Drum und Dran (inklusive Mandalorianern, Sith und Jedi-Lore) mit sich brachten. Und die Tales of the Jedi wurden inspirierten schließlich die Jedi Academy-Trilogie, quasi als Sequel zu Dark Empire. Original > Prequel > Sequel ist also eine Vorgehensweise die man als Star Wars-Fan bereits kannte ehe Kathleen Kennedy die Sequel-Trilogie in Auftrag gab.

Sowohl Dark Empire, als auch die Thrawn-Trilogie beschäftigen sich mit Luke, der versucht einen neuen Jedi-Orden zu gründen. In der Thrawn-Trilogie spielen Leia, ihre Zwillinge und Mara Jade die Rolle der Hoffnungsträger auf eine Wiedergeburt des Jedi-Ordens. In Dark Empire ist dieses Bild diffuser. So bringt Luke in Dark Empire außer seiner Schwester und ihren Kindern (die Geburt von Anakin Solo steht da kurz bevor) mehrere Machtnutzer auf seine Seite, angefangen mit dem ehemaligen dunklen Jedi Kam Solusar, zwei Ureinwohnern von Ossus, einem Cyborg-Überlebenden von Vaders Jedi-Verfolgung, sowie der mysteriösen und steinalten Vima Da-Boda. Nur Solusar überlebte.

Kevin J. Anderson hatte in seiner Jedi Academy-Trilogie schließlich die Aufgabe die erste Generation der neuen Jedi vorzustellen und er griff neben bereits etablierten Charakteren (Kam Solusar und Mara Jade) auch auf Eigenkreationen zurück, wie Tionne, Cilghal und Kyp Durron. Leia hatte in den Legends nach der Thrawn-Trilogie nie die Zeit ihre Jedi-Ausbildung abzuschließen, bis ihre Kinder längst erwachsen waren und sie selbst all ihre politischen Ämter bereits niedergelegt hatte (während der Dark Nest-Trilogie ließ sich Leia schließlich von Meisterin Saba Sebatyne als Jedi-Padawan unterrichten). Die Solo-Kinder spielten in der Jedi Academy-Trilogie nur eine kleine Nebenrolle, ihr großer Auftritt kam schließlich in den Jugenbuchreihen Young Jedi Knights und Junior Jedi Knights.

Der Erfolg der X-Wing-Romane Michael Stackpoles sorgte schließlich dafür, dass auch Corran Horn unter dem Alias Keiran Halcyon in die Jedi-Akademie eintrat. Das geschah in einem der ersten Spinoffs des Universums, dem Roman „I, Jedi“. Später durfte auch der Videospielheld Kyle Katarn (wahrscheinlich der bekannteste Star Wars Videospiel-Charakter vor Revan) seine Jedi-Ausbildung auf Yavin 4 fortführen, was man passenderweise zu Jedi Knight II machte. In Jedi Knight III übernahm Katarn schließlich sogar die Mentoren-Rolle und unterrichtete Jaden Korr, der Jahre später mit zwei eigenständigen Star Wars-Romanen geehrt wurde.

Als es in den Legends zur Ernennung des ersten Jedi-Rats des neuen Jedi-Ordens kam setzten die Autoren vor allem auf bekannte Namen: Mara Jade, Kyle Katarn, Corran Horn, Kyp Durron, Kam Solusar, Tionne Solusar und Cilghal gehörten alle zu den Meistern des Ordens und diese Riege wurde später noch um andere Fan-Favoriten ergänzt, wie Meisterin Saba Sebatyne, die während der Yuuzhan Vong-Invasion mit ihren eigenen Jedi-Schülern um formelle Aufnahme in den Jedi-Orden ersuchte (Saba wurde durch eine leicht abtrünnige Jedi-Meisterin ausgebildet und bildete ohne formelle Zugehörigkeit zum Orden selbst Jedi aus). Saba wurde schließlich auch Leias Jedi-Meisterin und sie spielte eine sehr vokale Rolle in allem was nach den Vong kam, bis hinauf zu einer kurzen Phase als Großmeisterin des Ordens während Lukes Exil. Selbst die zweite Generation wurde später mit einer Aufnahme in den Rat geehrt, als Jaina Solo praktisch als Nachfolgerin Mara Jades zur Meisterin ernannt und in den Rat aufgenommen wurde. Im Jedi-Rat zu sitzen bedeutete für Legends-Charaktere wirklich an der Spitze angekommen zu sein. Schade, dass es so etwas im neuen Kanon nun nicht mehr geben wird.

The Clone Wars versuchte seinerzeit mit den Mitgliedern des Jedi-Rats der Prequels auf ähnliche Weise Fangemeinden zu kreieren, nur geschah das eben umgekehrt, denn anstatt einen populären Jedi in den Rat zu befördern versuchte man durch die Filme bekannte Ratsmitglieder in der Serie zu verwenden, um ihre Popularität zu steigern. TCW-Mastermind Dave Filoni war etwa ein enormer Fan von Plo Koon, weshalb dieser neben Yoda und Mace Windu die meisten Einsätze erlebte. Fast unerklärlich blieb manchen wohl die Begeisterung für Kit Fisto, der schon nach Episode II eine Fangemeinde aufbauen konnte, die zu einigen Auftritten in Comics, sowie mehreren TCW-Folgen führte.

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