Donnerstag, 14. September 2017
Disneys Star Wars: J.J. Abrams ist nur ein Symptom
George Lucas Star Wars (1977-2014)
Disneys Star Wars (2014-)

2014 markierte in der Geschichte des Franchise nicht bloß die “Ungültigerklärung” des gesamten Beiwerks zu den Filmen, sondern auch den Beginn der Remake-Ära. Unter der Führung von Kathleen Kennedy hat sich Lucasfilm nun nicht mehr mit einem launischen Künstler als Eigentümer herumzuschlagen, sondern einem gewinnorientierten und groben Konzern. Ein Konzern zu dem auch das Wunder-Franchise Marvel gehört, wo alle Jahre wieder mit einem Reboot der Comics zu rechnen ist (neue Origin Stories jahrzehntealter und verehrter Charaktere oder Experimente wie deren Nachbesetzung inklusive). Während die Verkaufszahlen der Comics im Vergleich ja bescheiden wirken stehen die Filme einem Millionenpublikum offen, das bestenfalls oberflächlich über die Originale Bescheid weiß. Trotzdem waren die Comics zuerst da und ohne sie gäbe es heute keine Avengers.

Im Fall von Star Wars begann alles mit den drei Filmen, ehe sich anfang der 90er explosionsartig ein Expanded Universe zur Ära nach Episode VI entwickelte. Der Erfolg dieses Merchandising spülte Lucas genügend Geld in die Kassen und regte ihn auch kreativ ausreichend an, dass er das Franchise schließlich um die Prequel-Trilogie erweiterte. Ohne den Bantam-Verlag, der Timothy Zahns Thrawn-Trilogie veröffentlichte und Dark Horse Comics, wo Dark Empire erschien hätte es wohl weit weniger Material gegeben, um Star Wars in den 90ern anzufachen. Videospiele wie Shadows of the Empire waren mutlimediale Ereignisse, mit Comic- und Romanadaptionen, sowie einer Comicfortsetzung. Rogue Squadron, X-Wing vs. TIE Fighter oder X-Wing Alliance wurden um die X-Wing Comics und X-Wing Romane ergänzt. Das originale Rogue Squadron schloss seine „Story-Kampagne“ sogar mit der Schlacht von Mon Calamari ab, wie sie in Dark Empire gezeigt wurde. Dark Forces und Jedi Knight führten Jedi-Ritter Kyle Katarn ein, der später zu einem fixen Bestandteil der Romane über den neuen Jedi-Orden wurde. Katarns Schüler Jaden Korr aus Jedi Knight III erhielt sogar zwei eigene Romane.

Dann verkaufte Lucas sein Franchise an Disney und man holte sich Berater von Marvel an Bord. Was folgte war der Reboot im Jahre 2014 und die Ankündigung einer neuen Trilogie. Das Problem mit Neuerungen ist natürlich immer, dass viele Fans sie ablehnen werden. Zugleich wird einem jedoch vorgeworfen bei den gleichen Neuerungen zu sehr auf das Originalmaterial zuzugreifen, sodass man ja nur abgekupfert hat.

Episode VII

Im Gegensatz zu anderen Medien des Franchise kann man bei den Filmen nicht behaupten, man würde diese nur deshalb wie Remakes betrachten weil man das Original kennt und irgendwie zu sehr an diesem hängt, auch wenn es jetzt für ungültig erklärt wurde. Zumindest da wird dieses Argument einmal ad absurdum geführt. Ich habe auch schon gefragt, ob mein Urteil über Episode VII vielleicht unfair ist. Zugleich habe ich wenigstens einen Freund der schon vor Jahren vehement für Remakes der OT eingetreten ist, mit aktuellen Special Effects, um die Saga für eine neue Generation zu öffnen. Genau das ist die Sequel Trilogie ja eigentlich und Disney-Lucasfilm kommuniziert das auch sehr gerne, wenn man auf die Heldin der neuen Saga zu sprechen kommt. Rey ist der Luke Skywalker für eine neue Generation und so ist das ganze eigentlich keine direkte Fortsetzung, sondern der Versuch die Essenz von Star Wars (in Form eines halben Remakes) neu zu verpacken. Geben wir uns also keinen Illusionen hin, die ST ist ein Remake, das sich als Fortsetzung ausgibt. J.J. Abrams wählte für seinen zweiten Beitrag zum Star Trek Franchise ein offensichtliches Remake von Der Zorn des Khan.

Darum mag J.J. Abrams für Kathleen Kennedy und Disney auch als Idealbesetzung erscheinen, denn er ist der Remake-und-Reboot-Experte für Milliarden-Franchises wie Star Trek und Star Wars. Wie gesagt, es geht beim neuen Star Wars weniger darum die Story schlüssig weiterzuentwickeln, als viel mehr darum die kulturell und finanziell erfolgreichste Version von Star Wars (die OT) neu zu erzählen. Die „Essenz“ von etwas zu erfassen wird so auch pervertiert, denn aus der intellektuellen Aufgabe wird ein grobschlächtiger Kopierversuch. Darum hat Episode VII nun einen Super-Todesstern, den Untergang des Senats als letzten Rest der Republik, eine auf einem Wüstenplaneten lebende Heldin, einen Maskenträger als Bösewicht, eine ermordete Mentorenfigur und einen entstellten Oberbösewicht. Und natürlich viele Sturmtruppen und designmäßig keinen Deut weiterentwickelte Sternenzerstörer und TIE Fighter. Alles sieht so aus, als hätte man die OT eben mit Mitteln des 21. Jahrhunderts nacherzählt. Für den Erfolg muss die Geschichte auch nicht innovativ sein. Neue Fans gewinnt man so auf jeden Fall und einige der alten bleiben einem auch treu, weil man dem Original so nahe gekommen ist bzw. doch einige Abweichungen eingebaut hat.

Als Fan stand ich nach Episode VII auch vor dem Problem, dass mir von Episode VII vor allem einige visuell imposante Szenen in Erinnerung blieben (der Nachtangriff auf das Dorf auf Jakku, X-Wings über dem See auf Takodana) und dass man für den shock value Han Solo sterben ließ. Die Raumschlacht über Starkiller Base war mir zu gehetzt und unpersönlich, einige der visuellen und Sound-Effekte passten in meinen Augen und Ohren außerdem eher zu Star Trek oder eher, dem Stil den Abrams in seinen beiden Star Trek-Filmen pflegte. J.J. Abrams wirkt für mich als Drehbuchautor und Regisseur zwar wie ein Star Wars-Fan, aber einer der sich sehr stark auf Oberflächlichkeiten konzentriert, die heutzutage allerdings hoch im Kurs stehen.

Remakes statt Fortsetzungen

Battlefront ist ein weiteres Beispiel dafür wie Disney-Lucasfilm zu kopieren versucht was erfolgreich war. Doch wie Gender Mainstreaming-Wissenschaftler gerne sagen, Sprache definiert die Wirklichkeit. In diesem Fall bedeutet dass, das das neue Battlefront wieder als Battlefront I geführt wurde. Mit diesem Wirrwarr schafft man es auch die Leute daran zu hindern genauer über das nachzudenken, was wirklich vorgefallen ist. Kurzum, bei den Star Wars-Games ist man beinhart darauf aus Reboots durchzuziehen, egal wie erfolgreich oder beliebt das Original war. Battlefront I und II waren Kultspiele, die auch Jahre später noch populär waren. Das neue BF I und II sind hingegen typische Produkte ihrer Zeit. Massenware, die nach ca. 2 Jahren durch eine Fortsetzung ersetzt werden muss, weil sie dem wirtschaftswissenschaftlichen Produktzyklus unterworfen ist. Wir schreiben 2017 und demnächst wird Battlefront II erscheinen, mit Content und DLC der bereits die letzten drei Filme einbezieht. 2018 wird man dann wohl auch noch einen Han Solo-DLC nachschieben. Und anlässlich von Episode IX 2019 dürfte es dann Battlefront III geben. BF I und II sind dann wieder obsolet und die Spielerschaft zieht brav weiter. Und wer weiß, vielleicht legt EA ja einige der populärsten Maps aus den Vorgängern als DLCs nach.

Wer es immer noch nicht glauben will, KotOR III kommt in Form eines Remakes von KotOR I und das erste offizielle KotOR III käme dann einige Jahre später, wenn sich mit KotOR II DLC kein Geld mehr machen lässt. Und die Story wird ganz anders, denn es gilt ja zu verschleiern, dass wir es mit KEINEN Remakes zu tun haben. Zudem wird das Remake dann auch kürzer und mit Addons angereichert, wobei ein ausbleibender Hype dann vielleicht auch zur Einstellung führt, wie bei Mass Effect Andromeda.

Erklärungsbedarf

Eines der interessantesten Phänomene des Star Wars-Universums war immer, dass so ziemlich jedes irgendwann erwähnte Ereignis und jeder Charakter irgendwo und irgendwie beschrieben wurde. Von 1977 bis 2014 gab es soviel Material, dass man die Lebensgeschichten eines jeden Besuchers der Mos Eisley Cantina nachlesen konnte. Es gab Fakten zu jedem Droidenmodell, jedem Raumschiff und Planeten. Autoren versuchte alle Lücken zu schließen, die existierten, vor allem zwischen den Filmen. So entstand ja auch Shadows of the Empire, denn das Videospiel beschrieb zum Teil den Versuch Han Solo aus den Händen Boba Fetts zu befreien.

Standalones

Rogue One wird als genuin neue Geschichte und Experiment im Star Wars-Franchise gehandelt, doch Geschichten über die Todessternpläne gab es vor 2014 einige. Eine davon handelte von Kyle Katarn und wurde im Videospiel Dark Forces erzählt. In der schlussendlich zusammengestückelten Geschichte wirkte es dann so, als wären die Pläne von einer Rebellen-Zelle zur nächsten gereicht worden, gerade rechtzeitig bevor das Imperium zuschlagen konnte. Was ironischerweise dem Ende von Rogue One entspricht, als die Todessternpläne buchstäblich die Hände wechseln, während Darth Vader jeden zwischen ihm und den Plänen stehenden Rebellen ermordet.

Rogue One und Han Solo könnten übrigens beide mit der gleichen Legends-Quelle verglichen werden, der Han Solo-Trilogie von A.C. Crispin. Band 3 beschrieb nämlich wie Hans Ex-Freundin und große Liebe, Rebellen-Commander Bria Tharen, bei der Übertragung der Todessternpläne an Leias Tantive IV starb. Jyn Erso als Han Solos Ex? Das wär doch was gewesen.

Kyle Katarns Rolle als Rebellen-Agent in den Legends wird gerne mit der Jyn Ersos verglichen, denn Katarn begann seine Karriere als Sturmtruppler, ehe er Söldner wurde. Er kooperierte schließlich mit Rebellen-Offizierin Jan Ors, die man wohl mit Cassian Andor vergleichen kann.

Was für Standalones würden denn hoch im Kurs stehen? Ein Obi-Wan-Film, ein Vader-Film, ein Maul-Film, ein Boba Fett-Film... doch jeder dieser Filme würde sich wie im Fall von Marvel irgendwo beim Legends-Material bedienen und uns eine Geschichte erzählen wie sie sich der Drehbuchautor (nachdem er vielleicht einige Stückchen der Legends kennt oder kennen gelernt hat) vorstellen würde. Der Übergang zur Fan Fiction ist fließend, nur dass diese Form von Fan Fiction eben offiziell ist und Fans mit abweichenden Meinungen oder mehr Buchstabentreue auf die Palme bringt. Andererseits können sich Autoren, die versuchen Legends-Charaktere inhaltlich und namentlich in ihre Kreationen einzubauen, darauf freuen für ihr Vorgehen bejubelt zu werden. Nur wer es eben besser zu wissen meint, Geschlecht, Name und einige Details auswechselt, der macht sich eben unbeliebt. Wobei man im Zweifel für den Angeklagten auch davon ausgehen sollte, dass manche gar nicht wissen können, dass ihre Schöpfung vielleicht etwas ähnelt, das es bereits einmal gegeben hat.

Eine ähnliche Geschichte unter einem neuen Buchdeckel

Schon vor 2014 gab es Geschichten die wie eine Wiederholung von älteren Geschichten wirkten. Mein persönliches Ärgernis waren da etwa die unzähligen Han Solo-Geschichten, die damit begannen, dass Han Solo irgendetwas für die Rebellion erledigen musste, weil er als Schmuggler vielleicht entsprechende Kontakte oder Erfahrung hat, wobei er auch auf keiner Fahndungsliste als Rebell vermerkt ist. Nun gibt es solche Han Solo-Geschichten auch im neuen Kanon und mit dem neuen jungen Han Solo könnte man auch weitere Standalones über Hans Zeit als Rebell produzieren.

Die Schlacht von Jakku wurde im Umfeld von Episode VII zur großen Entscheidungsschlacht nach Endor aufgebaut und es stimmt schon, dass es eine solche in den Legends nicht gab. In den Legends kollabierte das Imperium aber auch nicht so einfach und es gab vehementen Widerstand durch allerlei Imperiale Kriegsherrn. Und auch das Scheitern von Lukes Jedi-Akademie ist eine völlig neue Entwicklung, sowie der Umstand, dass Leia tatsächlich nie zur Nachfolgerin Mon Mothmas als Integrationsfigur und Kanzlerin der Neuen Republik aufstieg. Doch all das sind keine unwesentlichen Bestandteile des Expanded Universe gewesen. Lukes Jedi-Akademie wurde etwa zu einem sehr populären Motiv, das nach einer Romantrilogie, einem Comic und einem eigenen Corran Horn-Spinoff-Roman zum Schauplatz von Jedi Knight II und Jedi Knight III wurde, zwei in den Jahren vor KotOR relativ populären Star Wars Games mit Jedi-Ritter, später Jedi-Meister, Kyle Katarn. 2014 hat Katarn genauso aus der offiziellen Timeline getilgt wie Revan und KotOR. Der Verlust beliebter Charaktere und ihre Nichtigkeitserklärung treffen Fans natürlich hart. Ich war ja einer dieser Katarn-Fans, die auch durchaus davon angetan waren, als Paul Kemp zwei Romane über dessen Ex-Padawan Jaden Korr schrieb. Qualitativ standen die Bücher Kemps kanonischen Roman Lords of the Sith über Vaders und Palpatines sabotierten Staatsbesuch auf Ryloth in nichts nach, wobei der beste Kemp-Roman in meinen Augen immer noch The Old Republic: Deceived ist, über die Plünderung Coruscants und die Tage danach (teilweise aus der Perspektive von Darth Malgus geschrieben). Nur weil Kemp nun kanonische Werke schreiben darf sind diese nicht unbedingt soviel besser und im Gegenteil, einige Autoren haben es unter den strikteren Anweisungen von Lucasfilm nach 2014 sogar schwieriger, weil sie weniger kreative Freiheiten besitzen.

Kemps Lords of the Sith steht in meinen Augen etwa in Konkurrenz zu James Lucenos Legends-Roman Dark Lord: The Rise of the Darth Vader, wobei dieser Luceno-Roman nun durch eine neue Marvel Comic-Reihe über Vader direkt nach Episode III überschrieben wird. Es ist wirklich eine Ironie des Schicksals, denn Lucenos Roman entstand nach Episode III noch auf Basis von Notizen George Lucas, während Kemps Roman und die Comic-Serie von der Story Group und den auserwählten Autoren getragen werden. Kemp widersprach Luceno etwa darin, dass Vaders Anzug für ihn eine Behinderung sei. Während Luceno auf Lucas aufbauend davon berichtete, dass Vader durch seinen Anzug eingeschränkt sei und Machtblitze ihn der Gefahr eines Erstickungstodes durch den Defekt des Beatmungssystems aussetzen würden, machte ihn Kemp mit Segen der Story Group zum quasi unverwüstlichen Cyborg-Krieger. Die neue Comicreihe will wohl etwas abschwächen und erklären, Vader sei am Anfang doch nicht so imba gewesen, wie 5 Jahre später in Lords of the Sith.

George Lucas hatte James Luceno einen Blick in seine Notizbücher erlaubt, als dieser die Vorgeschichte zu Episode I (Cloak of Deception) und Episode III (Labyrinth of Evil, wobei der Romane viele Dinge enthielt die Lucas später in The Clone Wars verankern ließ) schrieb. Aber Luceno schrieb auch den Roman Darth Plagueis und eben den Epilog zu Episode III Dark Lord: The Rise of Darth Vader. Was Luceno zum Expanded Universe beitrug hatte vor 2014 den Segen von George Lucas und auf gewisse Weise waren seine Romane durch diese engere Zusammenarbeit (Luceno durfte Lucas Fragen zukommen lassen und erhielt so einen Einblick in Lucas Notizen) auch höherwertig als viele andere, die ohne Unterstützung von oben zustande kamen. Auch The Clone Wars basierte auf dieser Zusammenarbeit zwischen George Lucas und den eigentlichen Autoren. Wobei Lucas bei der Animationsserie noch häufiger lenkend eingriff. Das ist nun auch eine der Wahrheiten mit der man als Star Wars-Fan umgehen muss. Einige der Dinge die Lucas genehmigt hat wurden aufgehoben, weil man in Bausch und Bogen alles auf Papier gedruckte vor 2014 ungültig erklären ließ. Und die Story Group ist keineswegs an so etwas wie Lucas Vorgaben gebunden. Wenn Anakin nicht der Auserwählte war, dann ist es eben Rey, weil das mehr Geld einbringt oder aus anderen Gründen gerade opportun ist. Star Wars besitzt kein visionäres Mastermind mehr, sondern nur noch Bürokraten und daher wirkt das neue Star Wars auch irgendwie bürokratisch. Das neue Star Wars wird wohl kaum noch Risiken eingehen, wie es Lucas mit den Prequels oder einigen Story-Arcs in The Clone Wars getan hat. Für die Masse ist das auch besser so, denn eine Episode ganz ohne Sturmtruppen war ja unerträglich. KotOR wurde schon kritisiert weil es Sith-Truppen und einen vage an Sternenzerstörer erinnernden Kreuzer verwendete. Bei SWTOR fiel die Kritik wegen offensichtlicherer Anleihen weit harscher aus. Es musste aber wie Star Wars aussehen, um sich auch zu verkaufen, so jedenfalls das Kalkül. In der Lore selbst gaben die Tales of the Jedi eigentlich einen weit archaischeren Look vor.

Der große Ärger mit George Lucas entstand vor 2014 oft, wenn sich Lucas nicht an Geschichten des Expanded Universe gebunden sah. So erlaubte er es The Clone Wars ein völlig neues Mandalore zu entwerfen, als jenes, das zur gleichen Zeit in den Romanen beschrieben wurde. Und Lucas ließ auch die Hintergrundgeschichten einer Charaktere verändern. So schuf er Satine Kryze als Jugendliebe Obi-Wan Kenobis, während er in den Jugendbüchern der Jedi Apprentice-Reihe noch unglücklich in eine andere Padawan (Siri Tachi) verliebt war. Die Klonkriege selbst fielen anders aus, als sie Timothy Zahn in der Thrawn-Trilogie noch angedeutet hatte. Und mancher Charakter aus dem EU spielte in den Prequels überhaupt keine Rolle, obwohl er angeblich eine tragende Rolle bei Palpatines Aufstieg gespielt hatte. Die Disney-Ära begann mit der Versprechung, dass es nie wieder zu solchen Widersprüchen kommen sollte. Allerdings existiert das Problem, dass jedem Filmemacher bisher enorme Freiheiten eingeräumt werden und jeder etwas hinzufügen will, das nachher gewissenhaft in jedes künftige Werk eingebaut werden muss. Entweder würgt man irgendwann die Kreativität von Regisseuren und Drehbuchautoren ab oder man wiederholt die Fehler der Lucas-Ära.

Was sich seit 2014 aufgetan hat ist eine für Lucasfilm grandiose Situation, in der man einige der populärsten Geschichten aus dem Bestand des Expanded Universe neu verkaufen kann. Nicht neu, im Sinne von Neuauflagen oder Remastered Editions von Spielen wie Jedi Knight. Sondern eben neu im Sinne von Kampfpiloten die auch undercover Einsätze als Agenten abschließen, Imperiale die Korruption innerhalb des Imperiums bekämpfen und dabei an das Gute in Palpatines Regime glauben. Man nehme also eine Brise Wraith Squadron oder Rogue Squadron und kombiniere das mit Mara Jade und den Sturmtruppen der Hand of Judgement – fertig ist Inferno Squad. Oder man nimmt jene Kurzgeschichte in der Rae Sloane nach der Explosion des zweiten Todessterns die Imperiale Flotte in den geordneten Rückzug schickt, etwas das in den Legends eine der Heldentaten des späteren Großadmirals Gilad Pellaeon gewesen ist. Und siehe da, auch Sloane wird später Großadmiralin und arbeitete für einen mysteriösen Flottenadmiral, der ein neues Imperium in den Unbekannten Regionen errichten wollte. Pellaeon nennt sich nun Sloane und Thrawn spielte keine Rolle, dafür aber die Neukreation Gallius Rax, der nur in der Aftermath-Trilogie in Erscheinung trat und auch starb. Als Antagonist liegt Rax meilenweit hinter Thrawn und genau wie Pellaeon im Expanded Universe wurde der Erfüllungsgehilfe zum heimlichen Helden oder eher zum gefeierten Anti-Helden. Während Sloane als Frau dargestellt wird die mit ihrem Job verheiratet war entpuppte sich Pellaeon als Offizier aus den Klonkriegen, den seine zahlreichen Affären am beruflichen Aufstieg hinderten, wobei er allerdings einige Kinder in die Welt gesetzt haben könnte, die später selbst erfolgreiche und loyale imperiale Offiziere wurden (wie Admiral Vitor Reige oder Captain Mynar Devis). Illegitime Söhne als Anführer des Imperiums? So einen gibt es auch in Gestalt von General Armitage Hux, dem Sohn von Kommandant Brendol Hux. Beide spielten eine Rolle in der Aftermath-Trilogie und Hux senior diente an der Seite von Großadmiralin Sloane als Gründungsmitglied des First Order Regimes. In Episode VII wirkt General Hux wie der militärische Anführer der First Order, vergleichbar mit Tarkin oder eben Admiral Reige und Großadmiral Pellaeon, die beide in den Legends zu militärischen Anführern des Rest-Imperiums wurden. Reige diente etwa als Admiral unter Staatschef (und künftigem Imperator) Jag Fel und Pellaeon selbst unterstand nominell der zivilen Regierung in Form des Rats der Moffs.

Schön und gut, dass man EU-Charaktere unter neuem Namen und mit leichten Veränderungen wiederverwertet. Doch nach drei Jahren haben diese oft noch sehr wenig etablierten Background und mal ehrlich, sympathisch sind viele dieser Figuren nun auch nicht wirklich. Gleiche Chancen für alle, doch es ist fraglich, ob der aktuelle Kanon 2051 noch bestehen wird. Man hat 37 Jahre Content weggeworfen, um neues vermutlich weit weniger haltbares Material nachzuschieben. Ich bin der #GiveUsLegends Bewegung gegenüber durchaus aufgeschlossen, die sich im Marvel-Stil wünscht, dass man unter dem Legends-Banner einfach neue Geschichten veröffentlichen soll, die mit dem neuen Film-Universum nichts am Hut haben. Ob sich das verkaufen würde ist allerdings eine andere Frage. Wie will man auch eine Sword of the Jedi-Reihe über Jaina Solo vermarkten, wenn diese nichts mit Rey oder Kylo Ren zu tun hat? Also bin ich dafür bestimmte Werke aus der Legends-Verbannung zu entlassen und in den Kanon aufzunehmen, den Darth Plagueis-Roman etwa. Oder man soll sich doch bitte auf Ereignisse aus den Legends beziehen und diese so kanonisieren, ohne das jeweilige Material vom Legends-Banner zu befreien. Alles ist besser als Chuck Wendig nach der Thrawn-Trilogie noch einen Klassiker ruinieren zu lassen. Vielleicht dürfte sich Wendig diesmal die Darth Bane-Trilogie oder die X-Wing-Romane vorknöpfen? Immerhin hat Wendig mit Gallius Rax ja schon einmal einen Charakter beschrieben, der sich aller potentiellen Rivalen entledigt hat, was auch ganz gut zu Darth Bane passen würde. Wendig ist in meinen Augen nicht ganz so schlecht wie sein Ruf, aber er hatte die undankbare Aufgabe Zahns Thrawn-Trilogie zu ersetzen und er hat sich so gar nicht demütig an diese Aufgabe herangewagt.

Ein Teil von Star Wars ist nun schlicht und ergreifend tot und nachfolgende Generationen kreieren aus den Relikten dieser Ära irgendwelche Geschichten die einfach nur falsch und schlecht ausgedacht wirken, wenn man ursprünglich dabei gewesen ist.

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