Vermächtnisse und Leidenschaften
Als Monarchie hat das Sith-Imperium zwar einen Monarchen und eine eigene Adelsklasse mit verschiedenen Rängen vorzuweisen, doch die buchstäbliche Macht ist nicht völlig uneingeschränkt vererbbar, es gibt immer den Unsicherheitsfaktor, dass selbst die Kinder zweier mächtiger Sith ohne Machtempfänglichkeit geboren werden können. Ein solcher Fall war etwa der Sohn von Revan und Bastila Shan, Vaner Shan. Und die Shan-Dynastie blieb überschattet davon, dass immer wieder machtblinde Generationen auftraten.

Was das Sith-Imperium von der Republik abgrenzt ist die aktive Machtausübung des Sith-Ordens. Man könnte daher auch von einer Theokratie sprechen, denn genau genommen ist der Machterhalt von Sith-Dynastien davon abhängig, dass dessen Vertreter Ränge innerhalb des Sith-Ordens bekleiden. Imperator oder Lord sind demnach völlig irreführende Titel. Sie bezeugen aber bereits den Wandel des Sith-Imperiums, das seine Lords auch mit eigenen Namen ausstattet und so von ihrer Abstammung entfremdet. Man weiß ja wo das Sith-Imperium in der galaktischen Geschichte steht, nämlich zwischen dem alten Reich eines Marka Ragnos, Naga Sadow und Ludo Kressh, sowie der Entwicklung eines völlig ohne Blutlinien auskommenden reinen Sith-Ordens von Darth Bane, Plagueis, Sidious und Vader. Das Sith-Imperium steht inmitten dieser Entwicklung und der Darth-Titel verdeutlicht bereits wie die Sith ihre formellen Familiennamen aus einer klassischen Sith-Titulatur gestrichen haben. Interessanterweise gibt es dennoch Verweigerer.

Während Darth Zhorrid als Tochter von Darth Jadus etwa keinen Hinweis auf ihre Herkunft im Namen trägt ist Lana Beniko trotz ihres Status als Lord bzw. Darth ein Unikum. Man bekommt völlig neuen Respekt vor Lana, wenn man bedenkt, dass sie sich gegen den gesellschaftlichen Zwang gestellt hat. Allerdings hätte es Lana unter anderen Umständen auch nicht leicht gehabt, denn ihre Eignung als Sith wäre durch die Sphäre für Sith-Philosophie zweifellos auf die Probe gestellt worden. Lana diente zunächst unter einem Mitglied des Dunklen Rats der Sith (Darth Arkous), der seine Beraterin zweifellos vor den Inquisitoren schützen konnte. Später war sie ein Protege Darth Marrs, der sie in den Ministerrang erhob und so wohl ebenfalls vor zudringlichen Inquisitoren schützen konnte. Als Marr starb wäre Lana womöglich fällig gewesen und Darth Aruk hätte sein politisches Gewicht genutzt, um seine Sphäre für Sith-Philosophie (er war für die Reinheit des Ordens zuständig und die Bekämpfung von Irrlehren wie die Sekte der Revaniter) zu stärken.

Dass Lana weiterhin ihren Familiennamen führt kann aber auch als antimodernes Statement aufgefasst werden, denn praktisch knüpft sie ja an die Tradition der alten Sith an. Doch unter Vitiate hatten die Sith einige Probleme mit aufmüpfigen Dynastien aus dem Alten Reich, wie etwa den Kresshs. Exal Kressh rebellierte offen gegen ihren zeitweiligen Mentor und die Kressh-Familie wurde für ihre fortwährenden rebellischen Tendenzen schließlich ausgelöscht. Schon Jahrhunderte vor Exal war es Vodal Kressh, der einen Aufstand gegen den Sith-Imperator Vitiate gewagt hatte. Dafür wurde Kressh samt seiner Anhänger auf Athiss aus der Geschichte getilgt. Doch Kresshs Geist blieb umtriebig und sorgte für die aus dem Flashpoint bekannte Krise auf Athiss. Lanas Weiterverwendung eines Familiennamens könnte sie daher auch als jemanden deklariert haben, der den womöglich von Vitiate geforderten Maßnahmen ablehnend gegenüberstand.

Nun bliebe auch die Frage, ob es in einer Gesellschaft wie dem Sith-Imperium überhaupt noch von Bedeutung war, ob man von einer namhaften Sith-Dynastie abstammte. Fakt ist, gerade unter den Aufsehern auf Korriban spielte die Reinheit von Abstammungslinien noch eine wichtige Rolle. Dessen ungeachtet kamen viele namhafte Sith-Lords und auch ein Großteil der Aufseher in den letzten Jahren bei Angriffen auf das Imperium und die Sith-Akademie um. Manche Auffassung könnte mit ihren Vertretern gestorben sein. Reinblütige Sith wurden verehrt, doch sie waren nur noch eine Minderheit. Die Genetik spielte bereits gegen sie, denn gerade weil sich Menschen und Sith paaren konnten wurde das genetische Erbe der Reinblüter zunehmend dünner. Ein Beispiel für die Spätfolgen einer solchen Entwicklung kann der Verlorene Stamm der Sith auf Kesh (aus den Kurzgeschichten von John Jackson Miller) bieten. Die auf Kesh gestrandete Crew eines Minenschiffs aus der Armada Naga Sadows umfasste auch viele ethnische Sith. Diese wurden zwar gezielt um ihre Zukunft betrogen, als eine Art Mordkomplott der obersten Hebamme aufflog, welche dafür gesorgt hatte, dass reinblütige Kinder rasch verstarben, doch ihr genetisches Erbe dürfte sich durch verschleierte Vaterschaften oder bereits eine von Sith-Genen durchzogene Herkunft erhalten haben. Zumindest tauchten auch einige Jahrhunderte nach dem Aussterben der Reinblüter immer noch Kinder mit rötlicher Hautfärbung auf. Zur Zeit der Ewigen Allianz sind die ethnischen Sith am Aussterben, wozu die Kriege des Imperiums und interne Machtkämpfe sogar noch beitragen. Weiter beschleunigt wird die Prozess vor allem dadurch, dass fast 99% der ethnischen Sith dem Sith-Orden angehören, der die bereits erwähnten internen Machtkämpfe ausfechtet und in den kriegerischen Auseinandersetzungen oftmals direkt an der Front auf die nicht selten auch tödliche Jagd nach Jedi-Rittern geht.

Sith wie Naga Sadow verstanden bereits 1300 Jahre vor der Ewigen Allianz, dass die Sith als Spezies langfristig nicht in der Lage sein würden ihre Vormachtstellung zu behalten. Deshalb protegierte Sadow auch einige menschliche Kommandanten wie die Korsins, deren bekannteste Vertreter auf Kesh zu den Gründern des Verlorenen Stamms der Sith wurden. Der bekanntere Gav Daragon war hingegen wohl nur einer von vielen menschlichen Handlangern Naga Sadows. Als Sadow in seinem Exil auf Yavin 4 schließlich den gefallenen Jedi-Ritter Freedon Nadd unterrichtete war es wieder ein Vertreter der Menschheit der von Sadow zum Erhalter des Sith-Gedankenguts auserkoren wurde. Sadows Rolle als Bewahrer des Sithtums ist jedoch eine außerordentliche. Während Vitiate die Sith reformierte und veränderte gehörte Sadow zu seiner Zeit zur auserkorenen Führungsschicht des Alten Reichs, denn Sadows Abstammung von den verbannten Jedi-Rittern war reiner als etwa die seines Rivalen Ludo Kressh, der mehr an die zur Krieger-Schicht der Massassi gehörenden Sith erinnerte. Sadow war der Erbe der verbannten Jedi-Ritter, die sich mit den Sith vermischt hatten, während Kressh eher ein Erbe der indigenen Sith gewesen war. Sadows Vorfahren waren daher wohl auch mehrheitlich Sith-Hybriden bzw. womöglich sogar Menschen, die sich seinerzeit wahrscheinlich länger mit Menschen oder Sith-Hybriden fortfpflanzten. Sadow war also wohl eher ein Nachfahre der Lords der Sith als ein Nachfahre der indigenen Sith. Sadows Vorfahren waren verbannte Jedi-Ritter und sie herrschten über ein Volk mit dem sie sich später zunehmend paaren mussten, um ihren Fortbestand zu sichern. Dementsprechend sah sich Sadow wohl weit weniger als indigener Sith und noch mehr als Nachfahre dieser verbannten dunklen Jedi.

Vitiate wiederum hatte für Blutlinien weniger übrig, war er doch ein Bastard, der seinen Vater und seine Geschwister ermordet hatte. Vitiate ermordete auch hunderte Sith-Lords und riskierte die Auslöschung zahlreicher Sith-Welten, sowie der Massassi-Kriegerkaste, um seine Getreuen auf eine Odyssee nach Dromund Kaas zu entführen. Vitiate lag nie etwas am Sith-Orden, der Sith-Kultur oder dem Erhalt des Reichs der Sith, denn ihn kümmerte es nur zu herrschen und ein Reich aufzubauen, wozu ihm die Überreste seines Geburtsstaats die beste Gelegenheit lieferten. Das Sith-Imperium war nur ein Experiment für Vitiate, ein Anfang für sein wahres Traumprojekt sich ein goldenes Imperium zu schaffen, das alles überstrahlte. Man erkennt darin wohl auch den Wunsch sich von seinem Vater (Lord Dramath), Mentor (Marka Ragnos) und seiner Herkunft (Sith) endgültig zu distanzieren. Als Valkorion wollte Vitiate kein Sith mehr sein und sich nicht mehr von den Sith für ihren endlosen Kreuzzug gegen die Jedi und die Republik missbrauchen lassen. #DaddyIssues meets #Größenwahn.

Um in einem Reich wie Vitiates trotzdem eine Sith-Dynastie zu begründen wäre es ausschlaggebend gewesen möglichst viele potentielle Erben in die Welt zu setzen, um sicherzustellen, dass man überhaupt machtsensitiven Nachwuchs besitzt. Bei diesem bestünde dann auch noch die Gefahr, dass er die Sith-Ausbildung nicht überleben könnte, einer Intrige zum Opfer fällt oder in einer Schlacht fällt. Mehr Nachwuchs bedeutet also ganz klassisch auch einen gesicherten Fortbestand der Dynastie. Zugleich wäre es sinnvoll sein genetisches Erbe möglichst weit zu streuen, also seine Nachkommenschaft mit verschiedenen Partnern zu zeugen. Dazu kommt auch noch, dass man in einer primär von Leidenschaft geprägten Gesellschaft nicht unbedingt die innigste Beziehung und ein intaktes Familienleben für seine Kinderschar aufrecht erhalten muss. Je weniger sich die Kinder als Rivalen betrachten, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein einzelnes Kind sich zum Alleinerben aufschwingen will. Eine kühle abweisende Haltung und ein kaum vorhandenes Familienerbe wäre also von Vorteil, auch um einen Elternmord zu verhindern. Was die genetische Unsicherheit betrifft, ob ein Kind wirklich das eigene ist, so haben weibliche Sith eindeutig den entscheidenen Vorteil. Sie können immer davon ausgehen, dass es ihnen kein fremdes Kind als das eigene vorgeführt wird. Eine solche Gesellschaft könnte als matriarchalischer aufgebaut sein als die uns bekannte. Dennoch wird die Herkunft durch die zunehmende Entwertung der Abstammung jedoch relativiert. Entscheidend bliebe jedoch die Stärke die ein Nachkomme in der Macht aufweist. Möglichst starke Erben in die Welt zu setzen wäre auch im Sinne des Sith-Ordens. Ein männlicher Sith würde in der Partnerwahl also fast animalisch auf seine Erfolge als Krieger oder seine Fähigkeiten im Umgang mit der Macht reduziert. Jemandem wie Kaiserin Acina wäre bei der Wahl eines geeigneten Partners für die Fortpflanzung als auf jedem Fall daran gelegen, dass der Gatte die besten Chancen verspricht die Kinder zu beschützen bzw. diesen ein schlagkräftiges Erbe mitzugeben, um sich selbst zu schützen. Der Sith-Orden lässt es zu, dass sich derartige darwinistische Strömungen innerhalb seines Einflussbereichs entwickeln, weil er schlussendlich doch das Recht des Stärkeren propagiert und Mordkomplotte und Intrigen als evolutionäre Maßnahmen deutet. Man kann diese Reduktion der Sith auf wilde Tiere aber auch als eine Art extreme Naturkultur propagieren. Sith haben sich womöglich auch von vielen gesellschaftlichen Modellen und Zwängen befreit. Sie sind so befreit, sie leben wieder mit ihren natürlichen Instinkten im Einklang. Und tatsächlich, die dunkle Seite der Macht wurde in den Legends auch einmal als rohe Seite der Macht beschrieben. Raubtiere töten ja auch und werden dabei vermeintlich von einer Aura der dunklen Seite umgeben, allerdings können sie auch nur durch das Erlegen ihrer Beute überleben. Sind die Sith also nicht böse und unzivilisiert, sondern nur unangepasst und daher missverstanden? Man kann den unzivilisierten Teil durchaus so deuten. Und das böse wäre Betrachtungssache.

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xellmann, Montag, 20. November 2017, 18:34
hey Pfanne,

danke für die Gedanken über die Macht der dunklen Seite. Wenn ich mir was für Weihnachten wünschen darf, mach mehr solchen Content. Ich liebe Philosophie und deine Ideen und Gedanken bringen mich immer dazu in eine weit entfernte Galaxie abzuschweifen und mir eigene Gedanken zu machen.

DANKE :-)

PS: irgendwann müssen wir mal was trinken gehen. Ich glaub wir könnten Wochenlang sprechen. ( Sanne und die anderen nehmen wir auch mit)

danker, Montag, 20. November 2017, 19:04
Man sagt der Mensch unterscheidet sich vom Tier durch seinen Verstand. Wenn man davon ausgeht das ein dunkler Machtanwender der Selbstreflexion nicht fähig ist, dann wäre er wirklich nur ein Tier. Wobei Tiere im normalen Alltag nicht aus Spaß töten und auch keine Genugtuung dabei empfinden.

xellmann, Montag, 20. November 2017, 20:28
hmm es gibt durchaus Tiere zb Katzen die mit ihrer Beute spielen ehe diese sie Töten.

Ist das jetzt animalisch oder "böse". Der Stärkere triumphiert über den schwächeren. Das macht unsere Evolution aus. Ohne diese einfache Formel wären wir nicht was wir sind.

Kann man einer Rasse oder ein Individuum vorwerfen ihren tiefsten Instinkten zu folgen. Ich denke nicht. Auch Grausamkeit und Genugtuung sind Mechanismen welche Evolutionsbedingt gesteuert sind.

pfannenstiel, Montag, 20. November 2017, 21:38
In dem Fall kann die Beute auch als Geschenk gedacht sein oder als Maßnahme um sein Revier zu markieren. Dunkle Machtnutzer sprechen davon dem Willen der dunklen Seite zu dienen, wobei sie nicht so falsch liegen, auch wenn sie primär die Macht nutzen, um eigene Interessen durchzusetzen. Sie handeln zum Selbsterhalt und mit der Zerstörung die sie anrichten beleben sie das Ökosystem der Macht. Dunkle Machtnutzer handeln da auch unreflektiert, aber trotzdem gemäß dem Willen der Macht, den sie selbst nur bedingt erkennen wollen.

xellmann, Montag, 20. November 2017, 21:56
Die Frage ist nutzen sie den Willen der Macht oder nutzt die Macht die Anwender. Der Unterschied zwischen Hell und Dunkel ist das der eine der Macht Dient und der andere sie kontrollieren will. Vielleicht sind beide nur Spielzeuge im Angesicht der Macht. Das hat ja auch Valkorion angedeutet in Kotfe.