Montag, 23. Dezember 2019
Thrawn hätte Palpatines Endgame vorausgesehen
Als Vorwarnung an Thrawn-Fans und Legends-Anhänger gleich voraus, ich war kein großer Fan der kanonischen Thrawn-Romane, doch ich finde Timothy Zahn hat es in ihnen geschafft Thrawn nach über 20 Jahren noch interessanter zu machen. Legends-Thrawn war ein Meisterstratege, der mit unzureichenden Mitteln das bestmögliche Ergebnis erzielen konnte und darin stimmt er mit dem kanonischen Thrawn überein, doch gerade in Hinsicht auf Palpatines Rückkehr sehe ich den kanonischen Thrawn in der besseren Ausgangslage. Ich will nicht behaupten der kanonische Thrawn wäre erfolgreicher gewesen, denn bisher sieht es so aus, als wäre das Gegenteil der Fall gewesen. Doch der kanonische Thrawn hat im Laufe seiner Karriere bisher eher die Rolle eines verhinderten Helden eingenommen, der mit deutlich mehr Rückschlägen und Hinterhältigkeit zurecht kommen musste als sein Legends-Gegenstück. Der kanonische Thrawn musste sich jedoch immer wieder neuen Herausforderungen stellen und konnte diese dann doch überwinden, indem er die Achillesferse übermächtiger Feinde ausmachte. Für den kanonischen Thrawn standen keine Legionen von Klontruppen oder hunderte Katana-Dreadnaughts bereit, er musste sich oftmals hingegen mit imperialen Bürokraten, Machtspielchen seiner Vorgesetzten und seiner gespaltenen Loyalität herumschlagen. Das hat den kanonischen Thrawn in meinen Augen menschlicher gemacht, was allerdings auch das Bild mancher Fans vom überlegenen, kühlen und unnahbaren Genie Thrawn zerstört haben mag. Wenn ich Thrawns frühe Erfolge gegen einen imperialen Suchtrupp oder feindselige Kadetten bedenke, dann muss ich dem neuen Thrawn jedoch auch zugestehen, dass er mir als einzelne Person gefährlicher vorkommt als in den Legends. Kanon-Thrawn betreibt Sparring mit imperialen Attentäterdroiden und könnte es im Nahkampf wohl sogar mit so manchem Death Trooper oder Tarkin aufnehmen. Legends-Thrawn war nur Stratege, doch Kanon-Thrawn ist ein geborener Krieger.

In den Legends spielte sich Thrawns Kampagne gegen die Neue Republik aus organisatorischen Gründen vor den Dark Empire-Comics und damit vor Palpatines Rückkehr ab. Schuld daran ist, dass es anno 1990 noch keinen wirklichen Masterplan für das Expanded Universe gab und sowohl der Comicverlag Dark Horse, als auch Bantam Books auf ihrer jeweiligen Publikationsschiene etwas mit der Star Wars-Lizenz schaffen wollten, das die Fans aus ihrem Winterschlaf wecken sollte. Im Kanon hätten wir dieses Problem nun nicht, da Thrawn schon vor der Schlacht von Scarif verschollen ist. Aber genau das könnte Thrawn im Kanon noch gefährlicher und vor allem heldenhafter gemacht haben. Die Motive von Legends-Thrawn wurden schlussendlich darauf reduziert, dass er das Imperium dafür nutzen wollte die unzähligen Gefahren in den Unbekannten Regionen zu bekämpfen, darunter auch eine künftige Invasion durch die Yuuzhan Vong. Kanon-Thrawns Loyalität zum Imperium ist da deutlich eigennütziger, denn wie sich gegen Ende der neuen Thrawn-Trilogie herausstellt hat sich Thrawn selbst als Chiss-Spion ins Imperium eingeschleust, um bei Palpatines eventuellen Tod ein Wörtchen mitzureden. Aber während der Imperator durch seine eigene Arroganz geblendet wohl immer nur angenommen hat Thrawn wäre ein möglicher Verräter den man einfach entsorgen kann, so dürfte Thrawn mehr als ausreichend Zeit gehabt haben die Pläne und geheimen Absichten des Imperators zu verstehen. Palpatine mag seine Gedanken und Pläne verborgen gehalten haben, aber Thrawns einzigartiges Talent die Persönlichkeit und Strategien einer Person anhand von deren Kunstvorlieben zu entschlüsseln sollte ihm reichlich Gelegenheit geboten haben bis in die Tiefen von Palpatines Charakter zu blicken. Zu bedenken gilt auch, dass Thrawn Palpatines Berater hinsichtlich der Unbekannten Regionen war und so äußerst genau erfahren haben dürfte, welche Pläne Palpatine dort verfolgt haben dürfte. Dass er so nebenbei auch das Todesstern-Projekt entdeckt spielte zwar für den Imperator die größere Rolle, zumal dieses Projekt vor Thrawn geheim gehalten wurde, doch wie wir aus der Sequel-Trilogie wissen lag die Zukunft der Galaxis in den Unbekannten Regionen und in Palpatines diesbezügliche Pläne konnte sich Thrawn deutlich leichter Einblick verschaffen.

Die Ressourcen, welche das Imperium und später die Erste Ordnung in die Starkiller Basis oder Palpatines geheime Sith-Flotte investiert wurden wären Thrawn und dessen Protege Eli Vanto zweifellos aufgefallen. Thrawn konnte wohl anhand von Palpatines Sith-Artefakten auch ableiten, dass es geheime Sith-Welten in den Unbekannten Regionen gegeben haben sollte und dass der Imperator sehr an diesen interessiert war. Thrawn konnte mittels seiner Chiss-Kontakte wohl auch erfahren, wann Palpatine Sith-Kultisten zu diesen Welten ausfliegen ließ und wo er geheime Werften für die spätere Erste und Letzte Ordnung konstruieren ließ. Es ist nicht ganz klar, wie die Chiss auf die Anwesenheit der Ersten Ordnung in den Unbekannten Regionen reagierten, doch angesichts der gleichzeitigen Anwesenheit der Letzten Ordnung dürfte es sehr schwierig gewesen sein, selbst über Jahrzehnte genau zu erfahren wer und was in dieser Region so sein Unwesen treibt. Die Ahnungslosigkeit der Ersten Ordnung könnte jedoch auch an einer bewussten Täuschungskampagne Snokes gelegen sein, der wohl in Kontakt mit den Sith-Kultisten Palpatines stand. Gleichzeitig wären die Chiss wohl kaum daran interessiert gewesen ihr Wissen über die Aktivitäten ex-imperialer Fraktionen mit Offizieren der Ersten Ordnung zu teilen.

Laut neuesten Lore-Erkenntnissen dürfte die Starkiller Basis auf Ilum errichtet worden sein und damit wird vielleicht auch ein erster Hinweis darauf gegeben, wie Thrawn und Eli Vanto von Palpatines Sith-Flotte erfahren haben dürften - denn wohin verschwanden denn die Millionen oder Milliarden Kyber-Kristalle die über Jahrzehnte abgebaut wurden? Passenderweise hat Thrawn Director Krennic ja einen seiner Stellvertreter abgeworben, der bestens über den Kyber-Verbrauch des Todesstern-Baus bescheid gehabt hätte. Von da an wäre es leicht gewesen zu errechnen, dass ein Großteil der abgebauten Kyber-Kristalle wohl in den Bau miniaturisierter Superlaser geflossen sein dürfte. So unsympathisch mir Assistant Director Colonel Brierly Ronan auch gewesen ist, er wäre der Schlüssel gewesen, mit welchem die Chiss von Stardust, der Starkiller Basis und Palpatines Sith-Flotte erfahren hätten. Thrawns Entscheidung nach Eli Vanto ausgerechnet den schwierigen Ronan zu den Chiss zu schicken macht nun rückblickend mehr Sinn als erwartet. Selbst ohne Thrawn hätten es Eli Vanto und Ronan wohl geschafft Admiralin Ar'alani über die imperiale Superwaffenproduktion ins Bild zu setzen.

Selbst Eli Vantos Beschäftigung mit der geneaologischen Daten über die "Skywalker" aka die machtsensitiven Chiss-Navigatoren wäre als Vorbereitung auf die Entstehung der Ersten und Letzten Ordnung sinnvoll gewesen. Während die Ex-Imperialen in den Unbekannten Regionen im Dunkeln tappen würden, hätten die Chiss die Möglichkeit besessen sich spielend fortzubewegen und jeder Konfrontation auszuweichen. Vorausgesetzt man hätte es geschafft genügend Navigatoren im Dienst zu behalten.

Interessant wären angesichts der neuen Faktenlage auch Spekulationen zum möglichen Einfluss Ezra Bridgers und sogar Ahsoka Tanos auf die Pläne Thrawns. Sollte es Thrawn und Ezra in die Unbekannten Regionen verschlagen haben, so könnte Thrawn sehr einfach Kontakt mit Admiralin Ar'alani aufgenommen haben. Mit Ezra Bridgers Jedi-Ausbildung und seinen Machtfähigkeiten wäre es Thrawn wohl möglich gewesen eine ganz neue Art von "Skywalkern" heranzuziehen. Vielleicht hätte Ezra ja herausgefunden, warum die Chiss-Navigatorinnen für gewöhnlich als Teenager ihre Machtempfänglichkeit einzubüßen beginnen. Thrawns einstige Zusammenarbeit mit Anakin Skywalker und seine Erfahrungen mit den Sith hätten auch vielleicht geholfen das Vertrauen Ezras zu erlangen. Die Verbindung zu Anakin wäre auch sehr hilfreich gewesen Ahsoka Tano dazu zu bewegen sich für die Sache der Chiss zu interessieren. Wenn Ezra und Ahsoka keinen Jedi mehr sein sollen, dann könnten sie ja zumindest versucht haben das "Skywalker"-Erbe unter den Chiss zu verbreiten. So nahe an der Ruhestätte Palpatines wäre es wohl auch sinnvoll gewesen ein Gegengewicht zur dunklen Seite zu bilden.

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