Samstag, 21. Dezember 2019
Episode IX: Die Verlegenheitslösung
Gesehen habe ich Episode IX zwar schon mittwochs, aber eine abschließende Review des Films möchte ich erst angehen, wenn ich ihn auch im englischsprachigen Original gesehen habe. Fürs erste habe ich mir jedoch ein Bild davon gemacht wie Episode IX als Abschluss der neuen Trilogie funktioniert und damit bin ich doch sehr zufrieden.

Um mich nicht falsch auszudrücken, ich weigere mich Episode IX über den grünen Klee zu loben, denn der Film hat erkennbare Handlungslücken, massive Retcons und er wirkt stellenweise echt überfrachtet. In anderen Worten kann man auch sagen, Episode IX versucht all das nachzuholen, was Episode VIII versäumt hat und all diese Plots stopft man zusammen mit dem Trilogieabschluss in einen einzigen Film. Ich verstehe warum manche Fans überlegen, ob es nicht besser gewesen wäre eine Unart anderer Filmfranchises aufzugreifen und Episode IX in zwei Filme zu teilen, damit jeder Plot genügend Raum zur Entfaltung gehabt hätte. Damit wären die Sequels zu einer Trilogie in vier Teilen geworden, was natürlich komplett mit der Tradition gebrochen hätte, aber die Schuld liegt wohl bei Rian Johnson der mit seiner Episode VIII bereits alles versucht hat um mit Star Wars-Traditionen zu brechen, der neuen Trilogie seinen Stempel aufzudrücken und Rian Johnsons Episode VII sogar noch seinen eigenen Spin zu geben. Die Sequels sind ein trauriges Beispiel dafür wie schwierig es sein kann millionenschwere "Künstler" dazu zu bewegen sich auf Teamwork einzulassen. Johnson mag in seinen eigenen Werken die totale Kontrolle als Filmregisseur genießen und auch entsprechend gute Filme abliefern, aber meiner Meinung nach hat man ihm im Star Wars-Franchise schlichtweg zu viele Freiheiten gelassen. Johnsons oftmals erwähnte Arbeit am Breaking Bad-Franchise profitierte meiner Meinung nach aber auch davon, dass ihm keine kompletten Freiheiten gewährt worden waren, da er sich immer noch den aktiven Produzenten und deren Ansprüchen unterzuordnen hatte. Serien funktionieren meistens anders als Filme, denn im Seriengeschäft sind es die Produzenten welche die kreative Kontrolle behalten, immerhin werden Regisseure auch nur für einzelne Folgen angeheuert und sind in ihrer Karriere weniger vom Erfolg des größeren ganzen abhängig als ein Produzent der mit einer massiven Kurskorrektur innerhalb seiner Serie deren Erfolg und somit auch seinen Job bzw. seine Einkommensquelle riskieren würde. Kathleen Kennedy ist kein George Lucas und hat ihren Filmregisseuren freie Hand gelassen, was zu einigen Problemen geführt hat. Das mag dem Ego der Regisseure geschmeichelt haben (immerhin arbeitete Kennedy die meiste Zeit ihres Lebens für den legendären Steven Spielberg und wurde durch diesen an George Lucas vermittelt), aber es hat dem Franchise oder zumindest dieser Trilogie eindeutig geschadet. In der Filmbranche mag es ja üblich sein, jedem Regisseur alle möglichen Freiheiten in Hinsicht auf Story und Kontinuität einzuräumen, aber bei einem seriellen Franchise wie Star Wars (das Lucas ja auch wie eine solche aufgebaut hatte) funktioniert das eben nicht. Man denke auch an all die katastrophalen Sequels in anderen Filmreihen, die plötzlich alles über Bord werfen zu scheinen, nur weil sich der Regisseur gewechselt hat. Aus diesem Grund kämpft man in Hollywood auch gerne darum erfolgreiche Regisseure an Bord zu halten und die Verantwortung für ein ganzes Franchise aufzubürden (woraus sich natürlich lukrative Beteiligungen aushandeln lassen).

Ich kritisiere Johnson und Kennedy also nicht wegen ihrer politischen Agenda, sondern wegen ihrer konkreten Arbeit und der Dinge die schief gelaufen sind. Meiner Ansicht nach hat es dem Fandom geschadet, das man auf Kennedys und Johnsons Spin-Doktoren hereingefallen ist und sich zu einer eskalierenden politischen Debatte eingelassen hat. Episode VIII ist kein schlechter Beitrag zum Franchise weil man dem Film einen linksliberalen Anstrich verpasst hat, sondern weil er einem außer Kontrolle geratenen kreativen "Genie" die ultimative Selbstentfaltung erlaubte.

J.J. Abrams ist für mich kein Messias, auch wenn ich Episode VII damals ganz gut fand. Abrams setzt massiv auf Nostalgie und VII ist für mich insgesamt ein gelungener mittelmäßiger Beitrag zum Franchise, sehr stromlinienförmig und leicht verdaubar. Es war klar, dass die Sequel-Trilogie das Rad nicht neu erfinden würde und eher ein auf Nostalgie ausgelegter Cash grab hätte sein sollen, wäre nicht Episode VIII aufgetaucht. Dementsprechend ging ich auch mit geringen Erwartungen in die Episode IX-Premiere, immerhin ist Palpatines Auferstehung in den Legends ein Thema gewesen, das gerne totgeschwiegen wurde. Als ich seinerzeit in die Legends einstieg war Dark Empire jedoch eines der Werke die quasi als Plfichtlektüre galten. Die Sequel-Trilogie ist keineswegs so innovativ wie sie sich gerne darstellt und man hat eine ganze Schiffsladung an Ideen aus den Legends gekapert. Snoke ließe sich als Lumiya oder ein anderer von Palpatines Handlagern interpretieren, Kylo Ren ist quasi Darth Caedus und die Flotte mit Superlasern erinnert an die Schiffe des dunklen Imperiums über Byss. Als Fan der Legends, finde ich es spannend diese Dinge nun im neuen Kanon wieder auftauchen zu sehen, selbst wenn man ihnen einen neuen Anstrich verpasst hat. Meiner Meinung nach bleiben die Legends als Quellenmaterial dank Episode IX relevant. Es mag zwar nicht alles so funktionieren wie in den Legends, aber die Ideen dahinter sind immer noch die selben. So gesehen hat mich Episode IX mit den Sequels und der Disney-Ära sogar versöhnt und das ist eine nennenswerte Leistung. Nach Episode VIII kam zwar noch Solo und ich liebe diesen Film als einen der besten Filme seit Lucas, aber die Konkurrenz ist eben auch nicht sehr stark. Bestenfalls mittelmäßig zu sein ist seit Lucas Rücktritt schon das beste was man sich erwarten kann, abgesehen von Serienprojekten vielleicht, wo allerdings deutlich striktere Spielregeln gelten und höhere Ansprüche an Koordination und Kontinuität gestellt werden. Was mir an Solo gefällt ist die Kontinuität die der Film aufgegriffen hat, denn er hat sich eben nicht wie andere über diese gestellt, sondern eher untergeordnet. In dieser Hinsicht finde ich den Film ähnlich lobenswert wie das Legends-Vorbild, die Han Solo-Trilogie A.C. Crispins, die auch eine ganze Menge an Lore aufgriff und in ihre Geschichte miteinbezog. Episode IX griff nun die Lore auf, welche für Episode VII geschaffen wurde und dafür bin ich immens dankbar, denn nach Episode VIII hatte ich arge Zweifel daran, dass Star Wars als einheitliche Kontinuität weiterhin funktionieren könnte. Mein Frust durch Episode VIII wurde aber auch noch durch Lucasfilm Drang verstärkt Baatu als Promotion des Galaxy's Edge Themenparks in alle möglichen EU-Werke (Comics, Romane) zu pressen. Ich war dadurch derart angepisst, dass ich alle meine zu diesem Zeitpunkt vorbestellten Star Wars-Artikel stornierte (darunter auch Fallen Order) und drauf und dran war Star Wars als Franchise abzuschwören. Fallen Order und The Mandalorian haben mir jedoch Mut gemacht, dass das Franchise auch noch guten Content zu bieten hat. Und auch wenn ich Episode IX nicht als Meisterwerk bezeichnen würde, dass der Film die Lore und die Plots seiner Vorgänger würdigt stellt meine seit Episode VIII sehr niedrigen Erwartungen zufrieden.

Insgesamt würde ich soweit gehen zu behaupten die Sequel-Trilogie sei unnötig und alles was sie hinterlässt ist ein Status Quo, der sich mit dem nach Endor bzw. Jakku vergleichen ließe. Nur dass nun keine Erste Ordnung in den Unbekannten Regionen lauert. So kann man Episode IX auch vorwerfen, dass dieser Film die Trilogie obsolet gemacht hat. Wer klassisches Star Wars schätzt wird die Sequels künftig einfach meiden, denn dank The Mandalorian wissen wir zumindest, dass sich die Post-Endor-Jahre auch ein wenig wie in den Legends inszenieren lassen, mit imperialen Warlords und allerlei anderen Bedrohungen. Ohne eine neue Trilogie am Horizont kann man Star Wars wieder so erleben wie es nach Episode III, als Franchise, das sich wieder etwas mehr daran orientieren muss, was den Fans gefällt (denn auf die reinen Kinobesucher kann man so nicht mehr zählen). In dieser Hinsicht finde ich die geplanten Miniserien für Disney+ auch sehr positiv, denn sie werden nicht unter den Problemen der Sequel-Filme (Mr. Johnson wirft alle Pläne über den Haufen) leiden und müssen für ihren Erfolg auch darauf achten das Publikum nicht unnötig zu vergraulen. So eine Serie ist schneller weg vom Fenster als ein geplanter Film. Selbst George Lucas gefiel die Idee von Star Wars-Serien ja, immerhin waren seine Episoden ähnlich aufgebaut und er war mit Herz und Seele dabei The Clone Wars stetig weiterzuentwickeln. Wäre Lucas länger am Ruder geblieben hätte er vielleicht sogar Star Wars 1313 bzw. die geplante Realserie zustande gebracht. Ich würde sagen Serien gehören zu Star Wars und haben wie TCW auch schon dazu geführt, eine neue Generation von Fans ins Franchise einzuführen. Sollte man die Story nach den Sequels nicht bald fortführen sehe ich es allerdings auch so, als ob man die Sequels vorerst lieber unter den Teppich kehren würde. Schlecht für alle Fans der neuen Sequel-Charaktere, die sich dadurch vernachlässigt vorkommen könnten.

Permalink (0 Kommentare)   Kommentieren