Montag, 13. Juli 2009
Empire: Total War - Unterschiede bei den Schwierigkeitsgraden und Benachteiligung von Fraktionen
Seit dem Release anfang des Jahres scheint Empire noch immer regelmäßige Patches nötig zu haben und ist definitiv nicht fertig zu nennen. Der anfangs versprochene Kampagnen-Multiplayer lässt ebenfalls auf sich warten. Mit dem letzten Patch wurde ein gratis Unit-Pack unter das Volk gebracht und ein weiteres steht zum Kauf via Steam bereit, ein schwacher Trost für all jene die Monate lang über eine trostlose fade Mischung aus Standardeinheiten mit sich nur in der Farbgebung unterscheidenden Uniformen jammerten. Was man wirklich versucht hat zu verändern sind Balancing und Gamecrashs. Waren letztere der Grund Nr. 1 Empire im Laden liegen zu lassen, hat man bei ersterem nur marginal eingegriffen.

Die spürbarste Veränderung war und ist die Neuregulierung der Ökonomie. Nach dem ersten großen Patchen fanden sich einst florierende Wirtschaften mit einem Überschuss von 120.000 Gulden plötzlich mit bis zu 60.000 in den Miesen wieder. Wie später mitgeteilt wurde, ein Phänomen das vom Schwierigkeitsgrad abhängig ist. Leicht und Normal teilen sich dabei in etwa dasselbe Niveau, auf schwer wird es schon mal um 3000 weniger, was besonders in der Anfangsphase erschwerend wirkt. Auf sehr schwer verschärft sich das ganze noch einmal.

Fakt ist, auch wenn die Entwickler viel daran gesetzt haben, etwa mit einer vom Schwierigkeitsgrad abhängigen Finanzierung neue Herausforderungen zu schaffen, so haben sie doch nicht vergessen die typischen Kniffe zur Stärkung der KI anzuwenden. So wurde zwar versucht "Kleinstaaten" etwas Wind aus den Segeln zu nehmen, damit deren Armeen kompakt bleiben und nicht 8 wildgewordene genuesische Full Scale-Armeen gegen Runde 300 Mitteleuropa schlicht und einfach überrennen, während sich Spanien hinter wahren Mauern an bis zum Anschlag aufgefüllten Armeen versteckt, aber im Eifer des Gefechts gelang es beispielsweise Sachsen bei mir erst kürzlich Prag und Schlesien zu besetzen, während ich auch schon erleben durfte, wie sich Armeen aus Württemberg Westfalen und Hannover einverleibten oder das allseits beliebte Venedig problemlos bis Mittelitalien das Land einen konnte. Je nach Schwierigkeitsgrad ändert sich nun nicht die Denkweise der KI, sondern nur gewisse Parameter wie ihr Einkommen pro Runde oder der Punkt ab dem man bei Verhandlungen Erfolge erzielen kann.

Erkennbar wird das wenn etwa Kleinstaaten plötzlich mit massiv geschützten Hauptstädten und einer heftigen Angriffsarmee aufwarten dürfen oder wenn eigentlich schwer angeschlagene Imperien, in einer letzten Provinz wie Kroatien ihre einst versprengten Truppenreste massiv wieder aufrüsten und dabei keine Probleme mit einer Überlastung des Budgets zu haben scheinen. Im übrigen sind solche Rest-Imperien selten gewillt Frieden zu schließen und stellen, da ihre Truppen scheinbar nicht auf die Hälfte reduziert werden wenn das Geld aus ist bzw. weil die KI selbst dann noch ca. mindestens 5000 Gulden pro Runde und Städtchen kassieren dürfte, ein gewisses Problem dar.

Ärgerlich wenn man auf solche billigen Tricks zurückgreifen muss, die man zur Genüge aus Mods kennt, die durch die "Taschengeldsperre" und einseitige Bevorzugung der KI in Finanzangelegenheiten versuchen das Spiel "realistischer" oder "herausfordernder" zu machen. Im Gegenteil, nichts versaut einem diesen Realismus mehr als wenn ein Ländchen wie Savoyen mit 2 voll ausgebauten Armeen auftrumpft während sich ein hochentwickeltes Frankreich samt Spanien und Nordafrika gerade einmal 3 solche ím Feld leisten kann. Wo bleibt da die Fairness? Würde die KI koordiniert Raubzüge auf meinen Gebieten starten, mit kleinen Kontingenten vorstoßen und Verbündete mobilisieren, wäre das etwas anderes, als wenn eine Maximal-Armee eine aufgrund Geldmangels auf die Miliz reduzierte Hauptstadt ansteuert oder nach 5 Runden Häfen von hochgerüsteten Flotten belagert werden, die sich, wenn man selbst die angreifende Fraktionen übernehmen würde, nur unter größten Entbehrungen mobilisieren ließen.

Trotz angepriesener Innovationen ist Empire gegenwärtig noch weit von dem entfernt was man erwartet hätte, wie eine funktionierende Diplomatie, eine kluge KI und ein gerechtes Handelssystem. Stattdessen läuft des Hase ungefähr so:

- Mit jeder Schwierigkeitsstufe sinken die Einnahmen, weil
- die laufenden Kosten für Truppen erhöht werden und
- weil die Rekrutierungskosten gesteigert werden.
- Zugleich erhöht sich der Wert für den Erfolg von Verhandlungen, somit wird die Diplomatie ziemlich nutzlos.
- Auch erhält der Feind massive Zuschüsse um seine Armeen im Gegensatz zur normalen oder leichten Schwierigkeitsstufe zu verdoppeln oder verdreifachen.
- Infolgedessen steigen die Regimentsanzahlen die sonst als kleine Kommandos Raubzüge starten würden.
- Das heißt auch dass sich die Zahl der Armeen und Möglichkeiten eines Angriffes.
- Dagegen hat man aufgrund der finanziellen Probleme wenig aufzubieten.
- Grenzgebiete werden schwerer zu halten.
- Eroberte Städte haben höhere Unruhewerte und eine Revolution scheint in den meisten eroberten Hauptstädten fast unausweichlich.


Immer noch existiert zudem eine deutliche Benachteiligung mancher Fraktionen. So werden beim Balancing noch immer deutlich Großbritannien und die "Westmächte" bevorzugt, primär jedoch die protestantischen. Natürlich will man niemanden etwas unterstellen und die Briten wurden etwas von ihrer Überlegenheit runter geholt, aber um auf schwer oder sehr schwer mit Österreich, Spanien oder Frankreich durchzuhalten ist mehr erforderlich als würde man es mit Großbritannien, Holland oder Schweden versuchen. Beim letzten Patch wurden Schweden und Holland etwa massiv mit neuen Einheiten begünstigt, ebenso kamen für den Militärstaat Preußen zahlreiche hinzu. Weil die aktivsten Spieler-Communitys vielleicht in diesen Ländern liegen, genauso wie man unbedingt die USA als Fraktion etablieren musste, um auf den US-Markt vorzustoßen?

Halten wir einfach mal fest, Österreich, Russland und das Osmanische Reich waren und sind den meisten Fraktionen unterlegen. Das einst mächtige Polen wurde abgeschwächt und im Feld sind preußische Linieninfanteristen ihren österreichischen Konterparts so oder so überlegen. Und das obwohl Österreich, wie auch Polen von Feinden regelrecht umzingelt sind und sich Bündnispartner zu verabschieden pflegen wenn Krieg ausbricht. Es hilft auch wenig Friedensverträge auszuhandeln, denn diese werden von der Gegenseite immer wieder gebrochen und die Verbündeten springen dann auf einmal ab. Zwar hat man Österreich aufgrund ansonsten unterlegener Werte einige Mann mehr pro Linieninfaterie-Regiment zugestanden, doch im Falle von Russland oder der Türkei hat man darauf verzichtet. Fast schon amüsant dass Preußen mit nur 2 Provinzen in der Lage ist, das Einkommen eines Staates wie Österreich bereits zu Spielbeginn in den Schatten zu stellen, während der Norden im Gegensatz zum heiß umfehdeten Süden ziemlich sicher vor plötzlichen Kriegserklärungen der Nachbarländer ist.

Am deutlichsten war diese Bevorzugung gewisser Länder einst am britischen Linieninfanteristen zu erkennen, dieser war als Rückgrat jeder Streitmacht mit seinen Werten so ziemlich jedem anderen Linieninfanteristen überlegen. Ziemlich unnötig sieht man sich Großbritanniens sichere Lage an, da Seeinvasionen der KI immer noch eine Seltenheit sind. Auf der Insel darf man sich seiner überlegenden Streitkräfte freuen und in 3 Provinzen, von denen 2 gleich Metropolen-Rang genießen, auch noch überlegene Gewinne einfahren, während am Festland Madrid kein Vergleich und selbst Paris nur unbedeutend wertvoller ist. Als Franzose hat man ohnehin das Problem das der Feind gleich vor der Haustür liegt und man die Kolonien um britisches Territorium vergrößern muss. Mit Spanien ist man hingegen mehr Opfer als Täter, gilt es doch gegen maßig Feinde die fast wertlosen europäischen Besitzttümer zu wahren, während die wertvollsten Kolonien unter Treuhandverwaltung Neuspaniens stehen, das sich immerzu in einen Krieg gegen die Pueblo stürzt, das gerne auch Mexiko erobert, wenn dieses nicht als eigener Stadt hervorgeht und sich auszubreiten beginnt, während man zwischen Europa und Amerika hin und hergerissen Siegesprovinzen einzusammeln versucht, um die Kolonien vollends zu beherrschen. Wenn dann auch noch Großkolumbien die Bühne betritt ist der Albtraum perfekt und wer freut sich? Briten, Preußen, Schweden und Holländer, wobei nur die Briten koloniale Ambitionen großflächig durchsetzen können.

Permalink (0 Kommentare)   Kommentieren