SWTOR und seine invertierten Star Wars-Archetypen

Sith-Killer statt Jedi-Killer

In der Prequel-Ära treiben sich mit General Grievous, Asajj Ventress und den Gebrüdern Maul, sowie in geringerem Ausmaß auch Count Dooku, gleich mehrere erprobte Jedi-Killer herum. Das macht die dunkle Seite dann auch böse, denn sie bringt jene Gestalten hervor, die dafür bekannt sind Helden der vierten oder fünften Reihe um die Ecke zu bringen. Aber in SWTOR ist alles irgendwie anders und der Star Wars-Mythos kommt mir zumindest in vielen Fällen invertiert, also genau seitenverkehrt vor.

Nehmen wir mal eine Gestalt wie Asajj Ventress, eine ehemalige Jedi-Padawan, die auf die dunkle Seite wechselte, nachdem ihr Meister ermordet wurde und dann zur bekanntesten Jedi-Hasserin neben Grievous wurde. Haben wir so jemanden in SWTOR? Mir fällt jedenfalls kein Ex-Padawan auf Seiten der Sith ein, dafür aber eine Ex-Akolythin, die durch ein traumatisches Erlebnis der Sith-Akademie entkam... und damit meine ich nicht Veeroa Denz (die ich durchaus als eine Ventress einstufen wurde) sondern Kira Carsen, die ähnlich wie Ventress einige Jahre ziellos umherstreifte, bis sie von den Jedi rekrutiert wurde.

Selbst jemand wie Scourge der ursprünglich eine klassische Ordenskarriere einschlug, seine Ordensideale ohne mit der Wimpern zu zucken auslebte und schließlich erst zum Zweifeln kam, als er auf einen Vertreter der anderen Seite traf - sowas kennt man doch von Jedi die der dunklen Seite verfielen oder zumindest von Sith wie Sidious oder Tyranus manipuliert wurden. Unter Palpatines Inquisitoren befanden sich zumindest einige idealistische Jedi, welche daran zerbrachen, dass ihre Ideale nicht mehr mit der Realität in Einklang zu bringen waren. Genauso erwies sich für Scourge der Mythos des Sith-Imperators als Lüge und der Jedi-Orden als gar nicht so bösartig.

Kommen wir aber auch noch zu einem sehr aktuellen Fall, die fähigste Sith-Killerin von allen ist ja nun Tau Idair. Ihre "Gabe" Sith sogar ohne Waffen im Nahkampf töten zu können erinnert mich sehr stark an Darth Maul und vor allem seine Darstellung in den Legends. Einen vergleichbaren Jedi-Killer findet man auf imperialer Seite vergeblich und Darth Malgus wird ihr allein deshalb als Gegenstück vorgehalten, weil er sehr erfahren darin ist andere Sith oder auch vergleichsweise kompetente Jedi zu töten. Malgus hatte aber immer sein Lichtschwert zur Hand und er zog wohl kaum Darth Maul-Stunts ab.

In SWTOR war die Republik als Verkörperung der hellen Seite lange nicht der Underdog, völlig anders als die Republik oder die Rebellen-Allianz. Diese Sympathieträgerrolle wurde dem Sith-Imperium verliehen und schlussendlich erlitten die Imperialen auch weit mehr Verluste, was ihre Führungsriege oder symbolische Ziele betraf. Man stellte die Jedi zwar nicht als die Bösen dar, aber man transformierte Kanzlerin Saresh von einer Heldin zur korrupten Machtpolitikerin.

Selbst verbitterte Clanführer, die den Verlust ihrer Machtstellung und ihrer Heimatwelt zu verdauen haben sind in SWTOR keine natürlichen Verbündeten der Sith - anders als General Grievous in den Prequels. Akghal Usar ist zwar ein eher dunkler Charakter, der kein Problem damit hat seine Opfer zu verspeisen, aber er wurde in seinem Leben sowohl vom dunklen Lord Exar Kun, als auch vom Sith-Imperator Vitiate um sein Lebensglück betrogen. Exar Kun zerstörte Lord Usars Heimatwelt, Vitiate lockte ihn in eine Stasiskammer, nachdem er versuchen wollte aus Rache Exar Kuns Geist zu zerstören.

Man kann auf diese Weise wohl durchaus verstehen, warum sich manches an SWTOR für konservative (nicht im politischen Sinne) Fans falsch anfühlt. SWTOR weicht gerne mal von der etablierten Erfolgsformel ab und lehnt sich auch gerne an Legends-Material oder den Prequels an. Man will aber auch gar nichts kopieren, sondern versucht seine eigene Geschichte zu erzählen, wofür man sich zwar des gewohnten Rahmens bedient, ihn aber gerne völlig anders ausschmückt, um eben keine Nacherzählung zu liefern.

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