Das silberne Zeitalter
Nach dem die Sequel-Trilogie spätestens seit Episode VIII höchst umstritten ist und dafür verantwortlich gemacht wird zu den beschaulichen Einnahmen des Solo-Films beigetragen zu haben (der anscheinend den Start einer Solo-Trilogie bedeutet haben könnte) könnte man sich in jedem anderen Franchise ja fragen, ob man nicht ein paar Jahre Gras über die Sache wachsen lassen wird, um dann ein Reboot zu wagen. Auf jeden Fall wird Star Wars nie wieder so werden wie es war und das liegt schon allein daran, dass George Lucas kein Teil des Franchise mehr ist. Das goldene Zeitalter, in welchem Lucas den Takt vorgab und gerne auch die Fans vor den Kopf stieß, indem er sich von irgendeinem "Kanon" nicht in die Suppe spucken ließ, ist schon seit einigen Jahren vorbei. Was wir heute erleben ist ein eher mutloses Expanded Universe, das aus Rücksicht vor möglichen Filmen oder TV-Serien ein Schattendasein führt und das merkt man nicht nur an den zuletzt veröffentlichten Romanen, welche unter anderem dem Zweck dienen sollen Disneys Star Wars-Themenpark zu bewerben, wofür man via Marvel auch eine Comic-Miniserie gestartet hat. Neben Disneys Bereitschaft die Marke Star Wars auszuschlachten (bereits beim Kauf von Lucasfilm sprach man ja von etwa 40 Jahren die Star Wars Geld abwerfen wird) leidet das Franchise derzeit aber vor allem an einem Mangel an kreativer Kontrolle und Einheitlichkeit. Was beim EU durchaus verschmerzbar war hat der Sequel-Trilogie nun eindeutig geschadet. Kathleen Kennedy kann man vieles vorwerfen, aber seien wir ehrlich, sie ist eine Managerin, keine Erzählerin, was heute als Star Wars verkauft wird ist nicht von ihrer erzählerischen Vision geprägt. Man könnte nun ernsthaft davon sprechen, dass Star Wars mit George Lucas durchaus seine Seele verloren hat. Aber bei aller Verehrung für Lucas, das Franchise wurde neben den Filmen auch von allerlei Ausnahmeerscheinungen wie Zahns Thrawn-Trilogie, Knights of the Old Republic und anderen EU-Werken getragen. Seit Lucasfilm an Disney verkauft wurde gibt es jedoch kaum ambitionierte Projekte wie Dark Empire, die Thrawn-Trilogie oder gar KotOR. Generell scheint sich die Videospiel-Sparte in den letzten Jahren auf Battlefront festgelegt zu haben und selbst das demnächst erscheinende Fallen Order ist weit von den goldenen Zeiten eines Shadows of the Empire entfernt. Konnten ein Zahn oder James Luceno in den goldenen Zeiten des Franchise noch einiges vom Kanon mitgestalten und sogar einige der Visionen des obersten Kreativen aufgreifen, so gestalten sich Zahns und Lucenos Beiträge zum neuen Kanon relativ bescheiden. James Luceno, der mit Lucas Segen und Notizen über die Vorgeschichte von Episode I und III, sowie Darth Plagueis schreiben durfte konnte zuletzt gerade einmal zweitklassige Geschichten über Tarkin und Krennic zu Papier bringen, weil ihm nicht mehr erlaubt war.

So einengend sich die Zusammenarbeit mit Disneys Lucasfilm für Buchautoren und Videospieldesigner gestalten dürfte, so freizügig gibt man sich gegenüber Drehbuchautoren. Allerdings könnte genau das zum Problem von Phase 2 des silbernen Zeitalters werden, das von den Game of Thrones-Produzenten D.B. Weiss und David Benioff bestimmt werden könnte. Vor der finalen GoT-Staffel war man noch voll des Lobes über diese beiden, doch nun könnte man durchaus versucht sein zurückzurudern und das wäre für Disneys Lucasfilm nichts neues. Man musste schon Jurassic World-Regisseur und -"Drehbuchautor" Colin Trevorrow los werden und sich auch des Fantastic Four-Rebooters Josh Trank entledigen. Chris Miller und Phil Lord feuerte man sogar erst während des Drehs von Solo. Bliebe noch Gareth Edwards zu erwähnen, der wegen seines Erfolgs mit seinem Godzilla-Reboot angeheuert wurde, dann aber auch bei den Nachdrehs von Tony Gilroy (bekannt durch die Bourne-Trilogie) ersetzt wurde. Mit Leuten wie J.J. Abrams, die dafür bekannt sind Blockbuster mehr oder weniger erfolgreich einem Reboot unterzogen zu haben oder zumindest Franchise-Erfahrung mitzubringen ist klar, dass sich Lucasfilm an einen sehr kleinen Kreis von Regisseuren und Drehbuchautoren zu wenden versucht, wobei gerne auch Vorschusslorbeeren vergeben werden, die man dann zurückziehen muss. In diesem Sinne sind Benioff und Weiss ein interessanter Fall, denn sie haben zwar sehr wahrscheinlich das Finale von GoT vergeigt, aber zumindest vorher noch gute Arbeit geleistet. Allerdings hatten sie bei GoT die Möglichkeit auf George R.R. Martin und dessen Werke zurückzugreifen, während Star Wars mittlerweile ja völlig ohne George Lucas auskommen muss und die möglichen Bezugswerke wurden für unkanonisch erklärt. Was Benioff und Weiss bei Star Wars also fehlt ist etwas woran sie sich orientieren können, genauso wie bei den letzten Staffeln von Game of Thrones. Während ich Weiss in diesem Fall schwer einordnen kann, ließe sich bei Benioff jedoch ein klarer Trend erkennen. Benioff arbeitet meiner Meinung nach am besten, wenn er Quellenmaterial zum verarbeiten hat. Beispiele dafür könnte die Verfilmung von Khaleed Hosseinis Roman Drachenläufer oder auch Benioffs Drehbuch zur letzten Hollywood-Inszenierung von Troja sein. Wer sich eine Verfilmung von Drew Karpyshyns Bane-Trilogie durch Benioff erhofft, sollte sich durchaus einmal ansehen, was Benioff aus Homers Ilias gemacht hat, um sein Drehbuch in Hollywood an den Mann zu bringen. Orlando Bloom oder Eric Bana als Lord Kaan und Sean Bean als Lord Hoth? Ich könnte mir das ja gut vorstellen, zumindest da Sean Bean ja auch an GoT mitgewirkt hat und eben gerne der Darsteller ist, von dem man erwartet, dass er im ersten Teil einer Trilogie umkommen würde. Zugegeben, mich hat Troja seinerzeit durchaus beeindruckt, zumal es mein erster Blu-ray Film geworden ist und allzu viel moderne Sandalenfilme gibt es ja auch nicht. Etwas lockerer durfte Benioff das Quellenmaterial jedoch im Fall seines schlimmsten Flops nehmen, X-Men Origins: Wolverine! Der Film, der 20th Century Fox dazu brachte die Pläne für eine Reihe von X-Men-Prequels aufzugeben und stattdessen einiges davon in X-Men: First Class zu verpacken. X-Men hatte es als Franchise nie leicht und endete mit katastrophalen Kontinuitätsproblemen, welche zumindest von Deadpool gerne aufs Korn genommen werden. Benioff ohne konkrete Vorgaben arbeiten zu lassen könnte meiner Meinung nach zur nächsten Katastrophe führen und allzu viel hat man bisher nicht für die Zukunft des Franchise angekündigt, außer einer ominösen zweiten Trilogie von "Ein gespaltenes Publikum bürgt für einen guten Film"-Rian Johnson, die aufgrund von Johnsons Ausfällen gegenüber Fans und dem Streit um Episode VIII wohl bis auf weiteres unter den Teppich gekehrt wird. Aber im Gegensatz zu vielen anderen Star Wars-Regisseuren hat Johnson ja tatsächlich seinen Beitrag zum Franchise überlebt und er darf weiterhin in Hollywood Filme drehen, ohne von "kleineren Projekten" sprechen zu müssen. Nebenbei ist Kathleen Kennedy mit 66 Jahren auch nicht mehr die allerjüngste und könnte sich aus gesundheitlichen Problemen oder um mehr Zeit mit der Familie verbringen zu können zurückziehen, wenn sich der nächste Flop anbahnen sollte. Und dann? Dann wird sich zunächst wohl wenig ändern, immerhin hat Disney seinen Themenpark auf Kennedys Sequel-Trilogie aufgebaut und will sich dieses Millionen-Investment vielfach vergüten lassen. Ein Reboot der Sequel-Trilogie würde ich für die nächsten 10-20 Jahre also ausschließen. Allerdings kann man den Themenpark auch umgestalten, wobei das nicht notwendig sein muss. Baatu ist eine Enklave in der Wild Space-Region und man findet dort unzählige Relikte aus vergangenen Tagen des Star Wars-Universums, ab 2022 wohl mit Nachbauten von Requisiten aus der nächsten Star Wars-Trilogie der Herren Benioff und Weiss. Die Probleme von Teilen des Fandoms mit dem "Disney-Reboot" sind vielleicht verständlich, wenn man daran denkt wie andere für beendet erklärte Geschichten gerne in lizenzierten Fan Fiction-Werken fortgesetzt werden. Irgendwo findet sich ein Verlag, der die Rechte erhält neue Geschichten in einem Universum zu platzieren, das auf einem oder mehreren Filmen basiert und aus unterschiedlichen Gründen fürs erste nicht vom ursprünglichen Schöpfer fortgesetzt wird. Und wenn das Reboot oder Sequel kommt, dann blickt die breite Masse eben auf die aufgebrachten Fans dieser "Fan Fiction" herab. Meistens fehlt diesen Fan die Plattform oder auch nur die zahlenmäßige Größe, um sich Gehör zu verschaffen, aber im Fall von Star Wars konnten die vergraulten Anhänger des "echten Kanons" eine kritische Masse erreichen. Als jemand der sich aber auch noch daran erinnern kann wie vor Disney Konflikte zwischen Prequel-Hatern, TCW-Hatern, Del Rey-Hatern und allerlei Spezialfällen hochkochen konnten frage ich mich eher, wer die heutigen Disney-Hater oder EU-Hater vorher waren. Als jemand der die Romane bis zum Ende durchgehalten hat und bei den Comics auch erst nach dem Finale der ersten Legacy-Comics ausstieg bin ich durchaus manchmal beeindruckt, wie sich heute ehemalige Hater des gesamten EU-Materials ab 1999 zu den Verteidigern des Expanded Universe aufschwingen können. Unter der auf Hochglanz polierten Fassade gärt jedoch weiterhin die gleiche altbekannte Verachtung für die Vong und alles was danach kam. Solange man gegen die Maus kämpfen kann sind diese Realitäten wohl ohne Belang, aber sollte sich ein Erfolg erreichen lassen, dann wäre der Burgfrieden gleich dahin. Welche EU-Reihe würde man denn fortsetzen? Rein zeitlich würde sich ja die Sword of the Jedi-Trilogie anbieten, aber genau diese Ära ist nicht wenigen EU-Verteidigern ja komplett verhasst. Und egal was man als neuen Legends-Content nachlegen würde, Teile der noblen Bewegung würden sich sofort daran machen diese neuen Werke zu verreißen, weil sie nicht sind, was sie sich gewünscht haben.

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