Nach der Wahl ist vor der Wahl...
Am Montag, 29. Sep 2008 im Topic 'Politik usw.'
Nach der Wahl ist vor der Wahl, vor allem wenn sich die derzeit regierende und stimmenstärkste Arbeiterpartei weigert von einer großen Koalition abzuweichen oder stattdessen in ständiger Furcht vor Neuwahlen gezwungen ist ein Minderheitenkabinett auf die Beine zu stellen. Über all dem wacht der Bundespräsident, der weise alte Mann, der sich über die Jahrzehnte als getreuer Parteisoldat und eigenschaftsloser Funktionär ausgezeichnet hat. Heinz Fischer ist Bundespräsident weil er sich als moralische Instanz aufbauen ließ, etwas das zu Zeiten von Wolfgang Schüssel erwünscht war und in Kauf genommen wurde, aber auch wenn seine Parteimitgliedschaft derzeit ruhend gestellt ist, der Sozialdemokrat weiß genau wem er seine Stellung zu verdanken hat und wer ihm eine eventuelle Wiederwahl, sowie die üblichen Honorierungen eines Tages sichern wird, genau jene Funktionäre, die es nun durch den Regierungsauftrag zufriedenzustellen gilt.
Aber mit wem regieren, das ist hier die Frage. Seit den 90er-Jahren befindet sich die politische Landschaft Österreichs in einer massiven Veränderung, verkörpert vor allem, durch das politische Genie Jörg Haider, der bereits 1999 mit der FPÖ zweitstärkster Anwärter auf den Kanzlerstuhl war und den Stillstand durch die große Koalition, zu beseitigen suchte. Eine Haider-Hysterie war die Folge, das intelektuelle Establishment fürchtet Haider lieber, anstatt mit ihm gemeinsam gegen jene Misstände vorzugehen, die sie vor Haider selbst kritisiert haben, doch die Trotzreaktion vor der braunen Bedrohung ist zu groß. Der politische Umschwung der sich 1999 Bahn brach ist heute wieder da.
Als Wolfgang Schüssel 1999 schwor in die Opposition zu gehen, sollte er nur noch drittstärkste Kraft im Lande werden, wurde er mit Hilfe der FPÖ Kanzler. EU-Sanktionen waren die desaströsen Folgen. Das EU-Trauma hat sich bis heute in der Politik der FPÖ niedergeschlagen. Die blau-schwarze und schwarz-orange Koalition existierte bis 2006, wo Alfred Gusenbauer nach der Wahlniederlage von 2002 überraschend zum Sieger gekürt wurde. Rein wahlarithmetisch sah die SPÖ keinen Ausweg als eine große Koalition einzugehen, in der das halbe Kabinett Schüssel unter Führung Wilhelm Molterers erhalten blieb. Neuwahlen waren absehbar, ein Minderheitenkabinett wollte man nicht riskieren, hätte man damit ja der ÖVP zwangsweise eine Siegeschance eingeräumt, somit witterte Schüssel die Chance weiterzuregieren und die SPÖ hoffte bei Neuwahlen nicht alles zu verlieren oder der ÖVP die Schuld zuschieben zu können.
2008 die Abrechnung. Gusenbauer ist als Möchtegern-Kreisky gescheitert, eine Absolute ist längst illusorisch geworden. Und dennoch kämpft jetzt ein Herr mit grauem Haar, simplen Grinsen und einzigartiger Stimme weiter. Ganz der Archetyp eines Post-Vranitzky-SPÖ-Spitzenkandidaten ist Faymann nicht wirklich Arbeitersohn, nicht Großbürger und vor allem Wiener, ein Häupel-Kanidat, wenn man so will. Als ehemaliger Gemeinderat, steht der mögliche Bundeskanzler ganz unter den Fittichen eines Landeshauptmann-Bürgermeisters der es gewohnt ist mit absoluter Mehrheit zu regieren und dabei vor allem auf Klientelbefriedigung oder anders gesagt Funktionärsruhigstellung setzt. Faymann holt die Gewerkschaften ins Parlament zurück, Faymann wirbt mit 70er-Jahre-Nostalgie, als unter Kreisky der große Aufbruch ins rote Paradies möglich schien, aber der Sozialstaat wird immer teurer, die Konzepte der Partei fruchten nur noch bedingt und außer Buchingers 100-Euro-Almosen hat man scheinbar wenig an realer Politik zu bieten. Stattdessen wurde das Wahlalter gesenkt, weil ja Gusis Tochter mit 16 ihren Papa wählen könnte und die Legislaturperiode auf unmögliche 5 Jahre hochgeschraubt, wobei in den letzten 10 Jahren kaum eine Regierung auch nur annähernd 4 erreicht hat. Nach starken Einbussen, besonders in den roten Hochburgen liegt man als stärkste Partei mit knapp 30 % auf Platz 1.
Dicht gefolgt von der geschlagenen ÖVP mit an die 25%. Das Drama ist nicht neu, schon 1999 lag man hinter Haiders drittem Lager zurück, das auch diesmal prozentuell überlegen ist. Fast glaubt man die letzten 8 Jahre hätte es nicht gegeben, die letzten 2 erst recht nicht, der Beweis ist für viele erbracht, mit der SPÖ in eine Koalition gehen, es reicht, nein danke. Sympathische Spitzenkandidaten, die Stammwähler motivieren sollen, kennt die ÖVP nicht wirklich, zu sehr ist man als Wirtschaftspartei verschrien, zu stark ist die bündische Struktur, die einen parteiinternen Proporz je nach Organisationseinheit verlangt. Was bei der ehemaligen Konkurrenz ein Wiener Bürgermeister, das ist bei der ÖVP eine ganze Reihe von Mitgliedern im Bundesvorstand, aber auch die Männer im Schatten, bei Wirtschafts- und Landwirtschaftskammer, sowie Industriellenvereinigung. Die Wirtschatfs- und EU-Partei hat versagt, der einst vertretene Neoliberalismus tot und zur ideologischen Last geworden. Blau und Orange bedienen sich an den einstigen Wählern der Mitte, vor allem die Jugend kann mit der Bauernpartei nur noch wenig anfangen, ähnlich wie Mutter Kirche hat man die Zeichen der Zeit übersehen und bekommt nun die Konsequenzen zu spüren. Exakt 70 Jahre nach dem Anschluss kann man sich mit etwas Fantasie in die Lage der Großväter und -mütter versetzen, die nicht selten obwohl streng katholisch für den Untergang der Ersten Republik stimmten und somit katholisch-konservative, sowie christlichsoziale und kryptofaschistische Kleriker ins KZ schickten, zusammen mit den letzten Resten der Sozialdemokratie und der katholischen Linke. Der Mythos Lagerstraße hat die zweite Republik begründet, statt politischen Konflikt setzte man auf Packelei in Hinterzimmern von Kammern und Gewerkschaften, die Schattenregierung nannte sich Sozialpartnerschaft und wurde zum Opfer alltäglichen politischen Missbrauchs.
Fortsetzung folgt... vielleicht
Aber mit wem regieren, das ist hier die Frage. Seit den 90er-Jahren befindet sich die politische Landschaft Österreichs in einer massiven Veränderung, verkörpert vor allem, durch das politische Genie Jörg Haider, der bereits 1999 mit der FPÖ zweitstärkster Anwärter auf den Kanzlerstuhl war und den Stillstand durch die große Koalition, zu beseitigen suchte. Eine Haider-Hysterie war die Folge, das intelektuelle Establishment fürchtet Haider lieber, anstatt mit ihm gemeinsam gegen jene Misstände vorzugehen, die sie vor Haider selbst kritisiert haben, doch die Trotzreaktion vor der braunen Bedrohung ist zu groß. Der politische Umschwung der sich 1999 Bahn brach ist heute wieder da.
Als Wolfgang Schüssel 1999 schwor in die Opposition zu gehen, sollte er nur noch drittstärkste Kraft im Lande werden, wurde er mit Hilfe der FPÖ Kanzler. EU-Sanktionen waren die desaströsen Folgen. Das EU-Trauma hat sich bis heute in der Politik der FPÖ niedergeschlagen. Die blau-schwarze und schwarz-orange Koalition existierte bis 2006, wo Alfred Gusenbauer nach der Wahlniederlage von 2002 überraschend zum Sieger gekürt wurde. Rein wahlarithmetisch sah die SPÖ keinen Ausweg als eine große Koalition einzugehen, in der das halbe Kabinett Schüssel unter Führung Wilhelm Molterers erhalten blieb. Neuwahlen waren absehbar, ein Minderheitenkabinett wollte man nicht riskieren, hätte man damit ja der ÖVP zwangsweise eine Siegeschance eingeräumt, somit witterte Schüssel die Chance weiterzuregieren und die SPÖ hoffte bei Neuwahlen nicht alles zu verlieren oder der ÖVP die Schuld zuschieben zu können.
2008 die Abrechnung. Gusenbauer ist als Möchtegern-Kreisky gescheitert, eine Absolute ist längst illusorisch geworden. Und dennoch kämpft jetzt ein Herr mit grauem Haar, simplen Grinsen und einzigartiger Stimme weiter. Ganz der Archetyp eines Post-Vranitzky-SPÖ-Spitzenkandidaten ist Faymann nicht wirklich Arbeitersohn, nicht Großbürger und vor allem Wiener, ein Häupel-Kanidat, wenn man so will. Als ehemaliger Gemeinderat, steht der mögliche Bundeskanzler ganz unter den Fittichen eines Landeshauptmann-Bürgermeisters der es gewohnt ist mit absoluter Mehrheit zu regieren und dabei vor allem auf Klientelbefriedigung oder anders gesagt Funktionärsruhigstellung setzt. Faymann holt die Gewerkschaften ins Parlament zurück, Faymann wirbt mit 70er-Jahre-Nostalgie, als unter Kreisky der große Aufbruch ins rote Paradies möglich schien, aber der Sozialstaat wird immer teurer, die Konzepte der Partei fruchten nur noch bedingt und außer Buchingers 100-Euro-Almosen hat man scheinbar wenig an realer Politik zu bieten. Stattdessen wurde das Wahlalter gesenkt, weil ja Gusis Tochter mit 16 ihren Papa wählen könnte und die Legislaturperiode auf unmögliche 5 Jahre hochgeschraubt, wobei in den letzten 10 Jahren kaum eine Regierung auch nur annähernd 4 erreicht hat. Nach starken Einbussen, besonders in den roten Hochburgen liegt man als stärkste Partei mit knapp 30 % auf Platz 1.
Dicht gefolgt von der geschlagenen ÖVP mit an die 25%. Das Drama ist nicht neu, schon 1999 lag man hinter Haiders drittem Lager zurück, das auch diesmal prozentuell überlegen ist. Fast glaubt man die letzten 8 Jahre hätte es nicht gegeben, die letzten 2 erst recht nicht, der Beweis ist für viele erbracht, mit der SPÖ in eine Koalition gehen, es reicht, nein danke. Sympathische Spitzenkandidaten, die Stammwähler motivieren sollen, kennt die ÖVP nicht wirklich, zu sehr ist man als Wirtschaftspartei verschrien, zu stark ist die bündische Struktur, die einen parteiinternen Proporz je nach Organisationseinheit verlangt. Was bei der ehemaligen Konkurrenz ein Wiener Bürgermeister, das ist bei der ÖVP eine ganze Reihe von Mitgliedern im Bundesvorstand, aber auch die Männer im Schatten, bei Wirtschafts- und Landwirtschaftskammer, sowie Industriellenvereinigung. Die Wirtschatfs- und EU-Partei hat versagt, der einst vertretene Neoliberalismus tot und zur ideologischen Last geworden. Blau und Orange bedienen sich an den einstigen Wählern der Mitte, vor allem die Jugend kann mit der Bauernpartei nur noch wenig anfangen, ähnlich wie Mutter Kirche hat man die Zeichen der Zeit übersehen und bekommt nun die Konsequenzen zu spüren. Exakt 70 Jahre nach dem Anschluss kann man sich mit etwas Fantasie in die Lage der Großväter und -mütter versetzen, die nicht selten obwohl streng katholisch für den Untergang der Ersten Republik stimmten und somit katholisch-konservative, sowie christlichsoziale und kryptofaschistische Kleriker ins KZ schickten, zusammen mit den letzten Resten der Sozialdemokratie und der katholischen Linke. Der Mythos Lagerstraße hat die zweite Republik begründet, statt politischen Konflikt setzte man auf Packelei in Hinterzimmern von Kammern und Gewerkschaften, die Schattenregierung nannte sich Sozialpartnerschaft und wurde zum Opfer alltäglichen politischen Missbrauchs.
Fortsetzung folgt... vielleicht