Kriegsschauplatz gesucht - Die ungewisse Zukunft der Ego-Shooter?
Nach den letzten Jahren stellt man als Gamer irgendwann fest dass man jetzt doch einmal genug von den ewigen Kriegen in Afghanistan, Irak oder entfremdeten Nahost-Staaten hat. Selbst die zigste Rückkehr auf die Schlachtfelder des Zweiten Weltkriegs lockt einen längst nicht mehr hinterm Ofen hervor. Und das ist kein Wunder, in den letzten Jahren wurden die aktuellen Kriege in Afghanistan und Irak derart ausgeschlachtet, dass jedes größere Franchise einen entsprechenden Ausflug dorthin unternahm, um die die vom Zweiten Weltkrieg dominierte Shooter-Palette mit etwas aktuellerem aufzulockern. Nicht nur in der Filmindustrie, auch in der Videospielebranche wurde der Irak und etwas nachrangig auch Afghanistan-Krieg zum neuen Vietnam, einem identitätsstifter für allerlei Agenten, Draufgänger und Soldaten. Doch jetzt hat man allmählich irgendwie genug davon gesehen. Daran ändert auch der sanfte Shift vom Irak nach Afghanistan wenig. Die Umgebung in der man kämpft ist stets gelblich-braun, die Gegner laufen mit Ak-47 und allerlei russischen Waffen herum und hin und wieder kommt es zu einem Zusammenstoß mit russischem Truppen.

Wie wär's mit Russland?
Kriegsszenarien mit Russland tauchen seit Mitte der 90er immer wieder einmal auf, denn so ganz will man die Sowjets als Gegner ja doch nie abschreiben. Wohl weil es Autoren wie Tom Clancy einfach so vorgemacht haben. Seit Clancy jedoch eher seinen Namen vermarktet anstatt neue Szenarien zu erschaffen, ist man etwas einfallslos geworden. Kristallisationspunkt der Ratlosigkeit in Sachen neue Gegner wurde Battlfield 2, wo man allerdings neben Russen und Pseudo-Irakern auch auf Chinesen traf. Wohl aus Rücksichtnahme auf außenpolitische Interessen ist China als Gegner in den letzten Jahren jedoch einigermaßen in den Hintergrund getreten. Schade, denn gerade die Volksbefreiungsarmee war als Gegner noch ziemlich unverbraucht. Besonders weil die Konfliktzonen mit China etwas abseits der ausgetretenen Pfade liegen.

Oder China?
Da man sich mit China auch nicht anlegen und somit keinen Anti-USA-Shooter provozieren will, bleiben Konflikte auf chinesischem Boden eher auf Zukunftsvisionen beschränkt. Die Zeiten wo man in einem Command & Conquer einen Weltkrieg zwischen China, den Alliierten und nahöstlichen Armeen entfachte waren schnell vorbei. Bei der aktuellen Ideenlosigkeit und im Wissen dass Battlefield 3 kommt, könnte man dieses heiße Eisen jedoch wieder einmal angreifen (sprichwörtlich). Zumindest wäre das ein Thema das noch nicht so ausgeschlachtet ist, wenngleich auch nicht in der Literatur oder in Hollywood, wo Chinesen in Serien wie 24 und anderen Agententhrillern bereits zu Schurken avancierten.

Wohin denn jetzt? Vietnam?
Mit einem ausgelutschten Russen-Klischee und einem wenigstens noch nicht so abgenutzten China-Klischee sind beide Szenarien nicht der große Wurf den man sich wünschen kann. Wahrscheinlich scheint aktuell nach den letzten beiden russischen Invasionen in Bad Company und Modern Warfare 2 dass wieder einmal Vietnam beschworen werden könnte, wie das Bad Company 2-Addon und eine der Missionen von Call of Duty Black Ops bereits andeuten. Da hat man vielleicht auch chinesische "Berater" im Visier, die sich auf Seiten des Vietcong engagieren oder Russen, wie in Rambo 2. Die Jungleatmosphäre wäre jedenfalls mal etwas anderes als Wüstenstürme, sibrische Militärbasen, afghanische Gebirgsketten oder nahöstliche Kleinstädte.

Gibt Black Ops die neue Marchrichtung vor?
Mit Call of Duty 7 alias Black Ops ergibt sich für das Genre eine Chance zur Neuorientierung. Auf der Reise durch die Weltgeschichte können die Black Ops überall landen. Die Rede ist von Kuba, dem Klassiker Vietnam, doch auch Laos. Schon Modern Warfare 2 ließ einen Abstecher auf einen russischen Flughafen, in amerikanische Vorstädte und südamerikanische Favelas unternehmen. Man versucht also durchaus in neue Richtungen zu gehen, weg vom Beschwören ausgelutschter alter Konflikte, hin zu unbekannteren Militäreinsätzen wie in Laos oder gar Kuba. Dabei wird natürlich auch viel erfunden und das ist gut so. Gerade Black Ops-Titel können sich da als sehr flexibel erweisen, was die Schauplätze des Geschehens und damit die spielbaren Maps angeht.

Ex-Jugoslawien
Eine Möglichkeit mit SpecOps-Einheiten neues Terrain zu betreten ist das ehemalige Jugoslawien, wo man auch mit russischen oder Söldner-Einheiten unterwegs sein könnte. Prinzipiell wäre dieses Terrain leicht herzustellen, man nehme einfach Pläne zur Gestaltung russischer Dörfer und versehe sie mit einem neuen Namen. Auch die Waffen der einheimischen Fraktion könnten russische Fabrikate sein.

Korea
Gerne vergissen, weil weder gewonnen noch wirklich verloren ist natürlich der Korea-Krieg. Ein recht turbulentes Ereignis, für das man Teile eines Vietnam-Settings verwenden kann. Mit Waffen die weitgehend noch dem Arsenal der WW2-Shooter entstammen bietet sich hier ein schon sehr unverbrauchtes Setting an, das sich jedoch noch leicht aus vorhanden Bauteilen konstruieren lässt. Nur die Bewaffnung der Nordkoreaner und Chinesen müsste vielleicht neu eingeführt werden, soweit sie damals nicht eine Abwandlung russischer Fabrikate waren.

USA-Europa
Modern Warfare 2 hat es vorgemacht, wie ein solches Heimatfront-Szenario aussehen kann. Bad Company 3 wird sich damit wohl auch beschäftigen müssen. Dabei kann man wieder auf ein Invasions-Szenario zurückgreifen, von Alaska bis zur amerikanische Westküste. Oder aber auch, was etwas ungewohnter wäre, Europa. Ein SpecOps-Krieg hinter dem feindlichen Vorhang vielleicht, in der damaligen Tschechoslowakei. Oder aber ein hitziges Feuergefecht in einem abgeriegelten Londoner Vorort, mit dem SAS gegen Muhjaheddin, die IRA oda sonstige obskure Fanatiker. Auch interessant wäre in diesem Zusammenhang ein Szenario mit verräterischen Söldnern, etwa in einem Einkaufszentrum oder Parkhaus. Selbst Bürogebäude wie teilweise im Multiplayer von Call of Duty würden eine interessante Atmosphäre abgeben. Von Häfen und Flughäfen nicht zu schweigen.

Südamerika
Das Dschungelfieber kann einen auch in Südamerika packen, wo man auch, wie ebenfalls wieder Modern Warfare 2 bewiesen hat, die engen Gassen der Slumviertel und kleine Dörfer als Schauplätze benutzen kann. Um politisch korrekt zu sein kann es ja gegen einen Drogenbaron gehen, wenn nicht schon gegen Guerillas oder im Falle eines SpecOps-Shooters, gleich gegen Regierungstruppen.

Ein fiktives Kuba
Inselstaaten wie Kuba, ob nun fiktiv, real oder halb-halb, egal ob in der Karibik oder Südostasien bieten gleich so ziemlich alles was man sich an Szenarien wünschen kann. Ein kleines Tropico kann einem Städte genauso wie Dörfer, Strände, Dschungel und weite Flachebenen bieten. Dazu vielleicht eine Küsteninvasion und Exfiltration am Flughafen, in der Nacht.

Afrika
Die Welt ist groß und reich an Konflikten, doch aufgrund vielfältiger Klimazonen und doch auch einiger großer weiter unbewohnter Ebenen bietet sich Afrika geradezu als Schauplatz für die eine oder andere Mission an. Ob nun mit einem Black Hawk Down Szenario oder im Rahmen eines SpecOps-Einsatzes.

Erster Weltkrieg?
Meist scherzhaft eingebracht werden auch Szenarien aus dem ersten Weltkrieg. Der einzige Einwand gegen diese besteht darin dass die Waffen wohl zu hohe Nachladezeiten hätten und Fahrzeuge praktisch kaum vorhanden wären. Doch so sehr diese Idee auch belächelt wird, man könnte gegen die "technischen" Einwände Red Dead Redemption als Beispiel anführen. Und mit dem Ersten Weltkrieg hätte man gleich eine ganze Menge neuer Kriegsschauplätze gewonnen.

Die andere Perspektive
Innovativ könnte sich auch eine Art sowjetisches Black Ops erweisen, bei dem man eine sowjetische Spezialeinheit von den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs bis nach Afghanistan begleitet. Allerdings steht dem wohl der verpflichtende US-Patriotismus der meisten Shooter gegenüber, von dem sich nur Battlefield gelegentlich abzusetzen versucht.

Als Söldner ist alles möglich
In Agenten-Thrillern jüngeren Datums (ja sogar im Film A-Team und der Serie 24) spielen Söldner immer wieder gerne die bösen Buben, sind allerdings im Irak heutiger Tage fester Bestandteil der US-Truppen, wenngleich deren Gerichtsbarkeit nicht unterstellt. Hieß es in Jeremy Scahills Buch zum Söldner-Unternehmen Blackwater die Kriege der Zukunft könnten von kleinen flexiblen Söldnereinheiten für Länder geführt werden, haben die meisten Shooter diese Möglichkeit bis jetzt außer Acht gelassen. Noch kann man sich mit dieser Idee nicht wirklich anfreunden und setzt lieber auf Spezialeinheiten, die ja auch meistens ihre eigene Ausrüstung zusammenstellen können. Die ultimative Individualisierbarkeit von Multiplayer-Avataren würde jedoch ein Spiel bieten bei dem eine Einheit exzellent ausgebildeter Söldner gegen Diktatoren, Terroristen und andere Söldner zu Felde zieht. Allerdings wäre das auch sehr offensichtliche PR für die Branche, die nur durch "böse" Söldner-Gegner abgemildert werden könnte und wiederum wahrscheinlich in US-Patriotismus a la carte enden würde (wobei ein unter Deckname operierende Spezialeinheiten-Söldner keinesfalls automatisch Amerikaner sein muss). Als Ultimate Black Ops (Rainbwo Six lässt grüßen) in Anlehnung an Sylvester Stallones The Expandables oder Hunde des Krieges sollte ein solches Szenario allerdings seine Berechtigung haben.

Kommentieren