Der US-Wahlkampf in österreichischen Medien Teil 6
John McCain - Albtraum oder Hoffnungsträger?

Es ist nicht völlig unerwartet, aber trotzdem ein bisschen amüsant, dass auch außerhalb der USA mediale Kontroversen über die US-Präsidentschaftskandidaten geführt werden. Teils mit sehr unterschiedlichen Positionierungen, wie letzte Woche im Falle der österreichischen Fox pardon Kronen Zeitung.

Bekannt als Medium des Volkes und politisches Organ von ungefähr 10-20% der protestierenden Menge, Lieblingswerbemittel diverser "volksnaher" Regierungen und der FPÖ, steht die Kronen Zeitung meist für eine traditionelle und "konservative" Wertegemeinschaft ein, deren Weltbild sie als auflagenstärkste Zeitung Österreichs so gut wie in jeden Haushalt liefert.

Doch gerade gegen Senator John McCain den Spitzenkandidaten der konservativen Republikanischen Partei scheint eine sehr irritierende Beziehung vorzuliegen, denn obwohl McCain im Grunde für die gleichen Werte steht wurde er letzte Woche als von Hautkrebs entstellter Mann mit einem wahnsinnigen Glitzern in den Augen und halbgelähmten Händen dargestellt, ein Tonfall der sonst nur für islamistische Terroristen bestimmt ist. Kein sehr vorteilhaftes Bild vom Spitzenkandidaten der Republikaner, aber verständlich und wohl erzwungenermaßen in Verwendung, wenn man bedenkt dass McCain anders als alle Mitbewerber nicht für einen Abzug aus dem Irak ist. Unter Umständen ist aber ein Präsident John McCain derzeit der einzige Mensch der verhindern könnte dass der Irak-Krieg als Debakel wie Vietnam in die Geschichte eingeht.

Etwas widersprüchlich ist dabei die Berichterstattung über seine angebliche Nähe zu den "Neokonservativen", die ja den Irak-Krieg angezettelt haben. Grundsätzlich ist zwar McCain auch für diesen eingetreten, doch ähnlich wie Obama ist er gegen dumme Kriege, die man aus McCains Sicht damals mit weit zu wenig Truppen ohnehin nicht gewinnen konnte. Vor geraumer Zeit ist er daher für eine Aufstockung der Truppenkontingente eingetreten und medial wirksam selbst in den Irak gereist, um von hunderten Soldaten geschützt zu beweisen dass der Irak dadurch sicherer geworden ist. Dass er es wahrscheinlich nicht ist spielt keine Rolle, denn die mediale Aufmerksamkeit ist seitdem stark geschwunden. Durch seine Kritik am Vorgehen der Kriegstreiber Wolfowitz, Rumsfeld und Cheney hat McCain eindeutig die Unterstützung dieser riskiert und falls er Präsident wird, war diese Provokation durchwegs erfolgreich, wenn die Ideologen später wieder zu ihm angekrochen kommen werden. Gelinde gesagt ist McCain, dessen Name schön einprägsam klingt, etwas seltsam und schwer unterzukriegen, er sagt was er denkt, provoziert die radikalen Elemente der eigenen Partei, betreibt Politik mit Hilfe von Demokraten und vertritt dennoch republikanische Ideale. Er ist schwer einzuordnen, dieser John Sydney McCain, wohl auch weil der ehemalige Soldat in ihm immer wieder durchschlägt und sich seine Kämpfernatur einfach nicht verbergen lässt. Der alte Haudegen ist kein aalglatter Politiker, aber auch kein Charisma wie eine Wunderkerze versprühender Typ, er hat seine Ecken und Kanten, entweder man akzeptiert das oder auch nicht. Fakt ist jedoch, er hat die erzkonservativen Prediger weit hinter sich gelassen und dafür ein großes RESPECT.

Im deutschen Wochenmagazin SPIEGEL ist diese Woche sogar ein sehr aussagekräftiges Interview mit ihm zu finden, doch auch wenn der Politiker McCain gegen Verharmlosungen, Beschönigungen und Halbwahrheiten nicht ganz immun ist, lassen sich seine oft unerwartete Ehrlichkeit und harte Worte fern diplomatischer Gepflogenheiten als besondere Note hervorheben.

Es ist ein Experiment würde er das Amt für sich gewinnen, denn dann würde sich unter realen Bedinungen beweisen müssen, wie weit ein ehrlicher Soldat und Kriegsveteran, der selbst schlimmste Folter und Verletzungen ertragen musste im politischen System der USA kommen kann. Wovon manche Thriller-Autoren sonst nur träumen würde wahr werden, die Welt würde mit eigenen Augen sehen wie sich diese Träumereien in der Realität schlagen.

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