Die Sith würden ihren Triumph nicht verkraften
Darth Bane zerstörte die Sith unter Lord Kaans Führung bekanntlich nicht weil er an Kaans Führung oder einem möglichen militärischen Erfolg der Bruderschaft zweifelte, sondern weil er Kaans Sith-Orden für eine Perversion hielt, die es nicht verdienen würde zu herrschen. Hätten Kaans Sith gewonnen, so Banes Theorie, wäre der Orden wohl wieder zerfallen und es hätte sich eine Herrschaft der Schwachen durchgesetzt, in welcher die Starken (wie Bane) von den zahlreichen Schwächlingen an der Macht unterdrückt worden wären. Bane hatte ja auch Erfahrungen damit gemacht wie dieses schwächliche Establishment mehrmals versucht hatte ihn zu eliminieren, eben auch auf sehr unehrenhafte Weise wie mit einem Giftanschlag oder durch die Entsendung von Banes Mentor Kas'im als Attentäter.

Die Sith der Alten Republik sind sich ebenso einig wie Kaans Bruderschaft, aber man ist doch weit weniger egalitär. Der grobe Unterschied ist in meinen Augen, dass Kaan tatsächlich durchsetzte, jedem Machtsensitiven ein Lichtschwert die Hand zu geben, um alle möglichen "Sith" an die Front zu schicken. Kaans Sith-Lords waren lediglich die Spitze des Eisbergs, denn unter ihnen dienten Sith mit allerlei Spezialisierungen, die in den entsprechenden Sith-Akademien ausgebildet worden waren. Korriban war quasi die Offiziersschule von Kaans Bruderschaft und selbst dort hatte man traditionelle Sith-Praktiken aufgehoben, um möglichst viele Abgänger zu produzieren. Was gut für die Propaganda war sorgte jedoch auch zu einem dramatischen Verfall der Qualität jeder Sith-Ausbildung. Bane hatte nicht ganz unrecht, dass Kaans Bruderschaft mehr oder weniger eine militärische Organisation war und kein wirkliches Instrument der dunklen Seite der Macht. Kaan dachte nicht ideologisch, sondern zutiefst pragmatisch.

Der wichtigste Unterschied zwischen Lord Kaans Orden und den Sith unter Darth Marr oder Acina liegt bereits in ihrer Ausbildung. Marrs und Acinas Sith-Orden kennt keine Gnade für die Schwachen und Akolythen verschwinden regelmäßig in den Katakomben Korribans, etwas das unter Lord Kaan unvorstellbar gewesen wäre. Dadurch werden die Reihen der Sith zwar ausgedünnt, aber man sortiert eben auch jene aus, die nicht in der Lage wären mit dem gewünschten Durchschnitt mitzuhalten. Kurzum, Marrs und Acinas Sith sind im Durchschnitt qualifizierter und stärker. Jemand wie Darth Bane hätte unter den Augen eines Aufseher Tremel oder Harkun sehr viel eher sein Potential entfaltet als unter Lord Qordis. Bane wäre wohl genauso oft verraten worden wie durch die Sith seiner Zeit, aber er hätte seinen Ärger eher auf bestimmte Persönlichkeiten konzentrieren können, wie Darth Baras.

Kaans Sith hätten womöglich ihren Krieg gegen die Republik zu gewinnen vermocht und sehr wahrscheinlich hätte sich eine Machtstruktur etabliert, welche den Großteil der eroberten Territorien zusammengehalten hätte. Die Sith wären zu zahlreich gewesen und zu viele hätten von etablierten Machstrukturen profitiert, als dass sich Abtrünnigkeit wirklich bezahlt gemacht hätte. Doch genau diese Zufriedenheit und Stabilität war eben auch was Bane als Idealvorstellung so abgestoßen hat.

Ein galaktischer Krieg der mit dem Triumph von Acinas Sith-Imperium enden würde hätte wohl andere Folgen. Acinas Sith haben zwar auch gelernt miteinander auszukommen, doch ihr Imperium und ihr Sith-Orden bieten eine klare Machtstruktur und Hierarchie. Während man in Kaans Orden als Lord aussteigt und das Maximum an Macht erreicht hat können Acinas Sith nach der Sith-Akademie sich zunächst einmal einige Jahre als Sith-Schüler für einen Meister im Rang eines Lords oder Darths abmühen. Erst danach werden sie Lords und dann wäre der Aufstieg zum Darth schon das nächste Ziel. Und selbst Darths können immer noch weiter aufsteigen, bis zu einem Sitz im Dunklen Rat oder sogar bis zum Imperialen Thron. Acinas Sith bemühen sich Ambitionen zu kanalisieren und durch eine umfangreiche Hierarchie auszubremsen, doch ohne die Jedi als Gegner fallen die Sith auf ihre ursprüngliche Ausbildung zurück - den Kampf Sith gegen Sith. In alter Zeit mag das anders gewesen sein, doch die Ausbildung im Stil Korribans hat einen Sith-Orden geschaffen der darin brilliert Sith zu vernichten. Sith sind die gefährlichsten Gegner ihresgleichen.

Fällt die Möglichkeit weg sich Ruhm und Ehre zu verdienen indem man externe Feinde tötet schrumpfen die verfügbaren Möglichkeiten in der Hierarchie aufzusteigen auf interne Machtkämpfe zusammen. In den Dunklen Rat aufzusteigen hängt nicht mehr davon ab, dass man als Nachfolger eines verstorbenen dunklen Lords ausgewählt wird, sondern davon, dass man alle seine Gegner aus dem Weg räumt und sogar noch erzwingt vom restlichen Rat in seiner neuen Rolle bestätigt zu werden. Man wäre also vielleicht gezwungen sogar noch andere Ratsmitglieder zu töten, um sich einen einzigen Ratssitz zu sichern. Würde man den Thron selbst begehren, so führte wohl überhaupt kein Weg daran vorbei mehrere Ratsmitglieder aus dem Weg zu räumen. Solange es eine Republik und die Jedi gibt wohnt dem Imperialen Thron auch noch keine ultimative Macht inne. Sobald es jedoch einen Kaiser der gesamten Galaxis gäbe wäre so mancher Sith bestrebt seine Position im Imperium zu verbessern, zumal die Kaiser ja eine sehr aktive Rolle spielen müssten, um ihren Untertanen den Ruhm vor der Nase wegzuschnappen. Es würde also kaum vermeidbar sein, dass einige Sith große Siege erringen werden und sich in ihrem Machtanspruch bestätigt sehen.

Ein Beispiel für das Problem der Sith ist auch Darth Malgus Versuch Imperator zu werden. Sollte an der Spitze eines siegreichen Imperiums ein Machtvakuum entstehen, so würde dieses womöglich sofort einen Imperialen Bürgerkrieg entfesseln, bei welchem es zu katastrophalen Folgen kommen könnte, wie in den unzähligen Bürgerkriegen der römischen Geschichte. Zwei Anwärter für den imperialen Thron wären da noch das klarste Ergebnis, wenn sich jedoch einige Darths entschließen gestützt auf loyale Garnisonen Teil-Imperien zu errichten, damit man sich um andere Probleme als den Bürgerkrieg kümmern kann, dann wäre der Zerfall des Imperiums vorprogrammiert. Malgus war bekanntlich ein sehr erfolgreicher imperialer Feldherr und er hatte trotz seiner radikalen politischen Ansichten durchaus eine realistische Chance irgendwann in den Dunklen Rat aufzusteigen, vor allem nachdem in kurzer Zeit (Vengean, Baras, Arho) mehrere seiner wahrscheinlichen Vorgänger das Zeitliche gesegnet hatten. Malgus verfügte über eine ihm treu ergebene Garnison und Flotte, während der Dunkle Rat in seinen Augen stets für kaanartige Zwistigkeiten und Meuchelmorde verantwortlich war. Aus Malgus Sicht fehlte dem Imperium eine klare Kriegspolitik und vor allem - ein Kriegsherr an der Spitze! Der Dunkle Rat hatte seine letzten beiden Kampagnen auf Corellia und Ilum ja massiv vergeigt, vor allem durch die internen Machtkämpfe bei der Eroberung Corellias, welche zum Verlust der Welt und den Tod von drei Ratsmitgliedern führten (wobei zwei weitere schließlich auf Korriban den Tod fanden - was sich ebenfalls als interne Machtkämpfe deuten ließe). Während Baras Intrigen spinnte und Arho aus dem Nichts kam hatte Malgus dem Imperium lange Zeit loyal gedient und allerlei wichtige Erfolge orchestriert, nämlich jeden Flashpoint von der Hammerstation bis Red Reaper, darunter auch den Sieg des Imperiums über einen erstarkenden Revan.

Auch wenn er ihm nie selbst gegenübertrat, Malgus besiegte Revan und dessen "Proto-Revaniter". Malgus war zu diesem Zeitpunkt sogar bewusst, dass es eine schattenhafte Organisation von Revanitern gab und schlussendlich hatte diese wohl auch die imperialen Truppen unter Malgus Kommando infiltriert. Sehr wahrscheinlich liebäugelten so einige von Malgus Anhängern mit der Philosophie der Revaniter und auch umgekehrt, sodass Malgus mehr oder weniger ein Faktor gewesen sein dürfte, der die imperialen Revaniter in Schach hielt. Die Revaniter unter Lord (oder eher Lady) Tari Darkspanner glaubten ja auch fest an eine Verschwörungstheorie, bei der die Mitglieder des Dunklen Rats Revan gefangen hielten, der ihr wahrer Imperator wäre. Mit dem "Tod" des Imperators nach seiner kurzen Rückkehr aus dem Exil auf Voss wurde der Glauben der Revaniter auf eine harte Probe gestellt und Malgus Griff nach dem Thron bot sich wohl als erstbeste Gelegenheit an, um den verhassten Dunklen Rat zu stürzen. Malgus Scheitern festigte die Herrschaft des Dunklen Rats, doch mit Darth Arkous konnte man einen Revaniter auf genau jenem Posten installieren, der nach Darth Arhos Tod auf Ilum zunächst wohl Darth Malgus zugestanden hätte. Unter Darth Marrs Reformen konnten sich die Revaniter perfekt als Anhänger der neuen Ideologie tarnen. Marr konnte die Revaniter jedoch nicht mehr an seinen Kurs binden, da Revan zu diesem Zeitpunkt bereits die Kontrolle über den Orden erlangt hatte und nun zu seinem Kreuzzug aufrief.

Abtrünnige wie die Schreckensmeister, Malgus oder auch Revan machen deutlich, dass das Sith-Imperium einen außergewöhnlich starken Herrscher benötigt, der extrem mächtige Persönlichkeiten und Fraktionen vereinen muss. Dass Darth Acina in der Lage war oder ist ihr Imperium zusammenzuhalten liegt wohl auch daran, dass man einen Großteil der "schädlichen Elemente" los werden konnte. Acina herrscht über jene die überlebt haben und faktisch dürfte sie schon dafür gesorgt haben, alle potentiellen Rivalen und Rivalinnen zu eliminieren. Man kann Acinas Imperium also auch als personell erschöpft und mit einem eklatanten Mangel an Talenten darstellen, aber die Sith-Akademien bilden dessen ungeachtet wohl bereits die nächste Generation an Herausforderern aus. Stabilität hat ihren Preis.

Kommentieren