Arcann und die Mandalorianer
Arcanns Rolle als jemand der Revans Rolle übernommen und tatsächliche Erfolge damit erzielt hat ist ja einer der Aspekte, die mich an seinem Charakter-Arc besonders faszinieren, zumal sie ingame nur durch seine Handlungen und nicht durch explizite Wortäußerungen erkennbar sind. Arcann handelt wie ein Revaniter, er hat geholfen Vitiate zu ermorden, er nutzt die dunkle Seite wie ein Werkzeug und er stellt sich als Verkörperung des Graubereichs dar, wobei er so mächtig ist, dass er Jedi, Republik, Sith und Imperium dazu gezwungen hat sich ihm zu unterwerfen und ihren endlosen Krieg einzustellen. Davon konnte Revan gerade einmal träumen.

Von Interesse ist hinsichtlich dieses Vergleichs in meinen Augen auch Arcanns Verhältnis zu den Mandalorianern. Die mandalorianischen Heimatwelten wurden scheinbar belagert, sodass die Kriegerclans keine Möglichkeit hatten Arcanns Reichsfrieden zu gefährden. Dass Arcann Droiden gegen sie kämpfen ließ mag wie eine kulturell wenig sensible Handlung erscheinen, da das die Mandalorianer ja eindeutig provoziert hat. Aber diese Provokation blieb ohne Folgen und drückte eher die mandalorianische Moral, da man mit Waffengewalt gegen das Ewige Imperium eben keinen Ruhm erlangen konnte. Arcanns Strategie entsprang also sehr wahrscheinlich der Absicht die Mandalorianer auf ihren Platz zu verweisen, ohne jedoch einen radikalen Genozid anzustreben. Arcann wollte die Mandalorianer nicht restlos auslöschen, wie Jedi und Sith es in ihren Glaubenskriegen immer wieder versuchten. Und Arcann hielt seine menschlichen Truppen zurück, womit er die Verluste seiner Seite äußerst gering hielt. Die Belagerung der mandalorianischen Welten war für Zakuul eben kein unpopulärer Guerillakrieg, sondern eine ziemlich saubere Angelegenheit. Ritter von Zakuul gegen die Mandalorianer einzusetzen hätte den Konflikt erheblich angestachelt und womöglich auch dazu geführt, dass die Ritterschaft sich entweder gegen Arcanns Befehle gewandt hätte oder zunehmend aggressivere Strategien gegenüber den Mandalorianern verfolgt hätte. Immerhin sind Machtnutzer bevorzugte Gegner für die Mandalorianer, da sie zu besiegen tatsächlich Ruhm und Ehre verspricht.

Arcanns Krieg mit den Mandalorianern war sauberer als jener Revans, wobei man auch davon ausgehen kann, dass die Mandalorianer unter Artus Lok durchaus einen signifikanten Teil ihrer Streitkräfte verloren hatten. Revan nutzte seinen Sieg über Mand'alor den Ultimativen, um dessen Maske zu verstecken und den Aufstieg eines Nachfolgers von Mand'alor zu verhindern. Arcann ging nicht soweit sich eines solchen Verbrechens gegenüber der mandalorianischen Kultur und Gesellschaft schuldig zu machen. Dass er den Mandalorianern Droiden entgegenschickte war ja schon brutal genug, aber eben auch notwendig, um die entsprechende Botschaft zu vermitteln - kämpft nicht gegen das Ewige Imperium, denn es wird euch keinen Ruhm einbringen. Shae Vizlas Wahl zur neuen Mand'alor führte zwar gleich einmal dazu, dass sich die neue mandalorianische Anführerin Mand'alor die Rächerin nannte und damit einen Rachefeldzug gegen Zakuul ins Programm aufnahm, doch Vizla war auch eine strategisch eher unerfahrene und nicht unbedingt erfolgreiche Anführerin. Man könnte wohl fast von einer schwachen Kompromisskandidatin oder einer Übergangsherrscherin sprechen, die von mächtigen Clanchefs eingesetzt wurde, weil keiner von ihnen ins Rampenlicht treten wollte. Entweder weil die Clans fürchteten, dass ihr wahrer Wunschkandidat gleich Opfer eines Attentäters werden könnte oder weil man sich auf keinen stärkeren bzw. fähigeren Kandidaten einigen konnte. Durch die Kriegsverluste war man womöglich auch zu schwach und keine Clankoalition konnte sich wirklich eine tragfähige Mehrheit aufbauen. Arcann war wohl bewusst, wie sich seine Angriffe auf mandalorianische Clanfestungen auswirken würden - sehr wahrscheinlich agierte er sehr gezielt, um die mächtigsten Clans zu schwächen, sodass diese in eine Führungskrise schlitterten.

Immerhin waren die Mandalorianer schon zu Revans Zeiten ein Opfer von Vitiates bzw. Valkorions Manipulationen. Über die Jahrhunderte dürfte der unsterbliche Imperator seine einst so willigen Stoßtruppen genau beobachtet und studiert haben. Als Arcann und Thexan alt genug waren kämpften sie bekanntermaßen gegen einige republikanische und imperiale Randewelten, wobei wir jedoch nichts von möglichen Begegnungen mit den Mandalorianern erfahren haben. Angesichts der Angewohnt der Mandalorianer die Schwäche von Regionalmächten zu nutzen, um zu Kriegszügen aufzubrechen und als klassische Kriegernomaden kräftig zu plündern... hätte Arcann ja ein ideales Umfeld für mandalorianische Feldzüge geschaffen, wenn er ihre Welten nicht blockiert hätte. Und wieder ein Grund warum man Arcann als den Großen oder den Friedensstifter titulieren könnte. Langsam bekomme ich ja immer mehr den Eindruck er hätte wirklich einen Friedensnobelpreis verdient. Und Arcann hat ja wirklich viel für den Frieden und die Abrüstung getan, nicht nur mit seinen Verträgen mit den Großmächten, sondern auch indem er seine eigenen Streitkräfte zunehmend auf Droiden umrüstete, um das buchstäbliche Blutvergießen zu reduzieren. Tyrann bleibt trotzdem Tyrann, aber so ziemlich jeder historische Alleinherrscher hätte sich mit diesem Argument ebenfalls als "Lichtgestalt" disqualifiziert. Bei Arcann bekommen wir es zumindest sehr deutlich zu Gesicht, was hinter historischer Größe wirklich stecken kann.

Arcanns Verhalten gegenüber Shae Vizlas Invasion von Darvannis ist ebenfalls von nobler Zurückhaltung gekennzeichnet, während seine Schwester am liebsten ein sehr grobes Kriegsverbrechen angezettelt hätte. Soweit geht Arcann jedoch erst, als er den Avatar seines Vaters auf Darvannis entdeckt. Bis dahin hätte er zugelassen, dass sich die Mandalorianer an den Verteidigungsanlagen auf Darvannis tot laufen. Arcann fühlte sich sicher und das nicht ohne Grund, denn den Mandalorianern fehlte es am notwendigen Knowhow, um Arcanns Verteidigungslinien zu überwinden. Erst eine Intervention durch die Allianz änderte diesen Umstand und erforderte eine Änderung der Kriegsstrategie. Als Kriegernomaden hatten es Shae Vizla und ihr Gefolge leicht auf der Flucht zu bleiben und der Allianz in mehreren künftigen Schlachten zur Seite zu stehen. Die Strategie der Clans war es wohl sich im Ernstfall zu zerstreuen, um der Ewigen Flotte entkommen zu können. Arcann löste ja keine Mandalorianer-Verfolgung aus und ließ sie in einzelnen Gruppen davonkommen. Brutale Vergeltungsmaßnahmen schienen der vermeintlich von Valkorion geführten Allianz vorbehalten zu sein und das Monster Valkorion hätte ja auch der Allianzkommandant nicht unterschätzt, wie man in Kapitel I von KotFE beobachten kann. Als Verbündete hatten die Mandalorianer zumindest einen gravierenden Nachteil, sie mussten ihre Truppen erst einmal sammeln, bevor sie sich in einem Feldzug anschließen können. So ist die Abwesenheit Shae Vizlas und Khomo Fetts auf Voss damit zu erklären, dass die Allianz nur einen Teil der Clans auf Odessen einquartiert hatte und folglich auch nur mit den verfügbaren Mandalorianern in die Schlacht ziehen konnte. Trotz ihrer Namenswahl als Rächerin sah sich Shae Vizla wohl eher als Bewahrerin und setzte alles daran die Clans am Leben zu halten.

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