Sareshs Siedlungspolitik
Taris galt einst als Coruscant des Outer Rim (ein Status der Welten wie Tarkins Heimatwelt Eriadu in blanken Neid versetzte), doch tatsächlich war Taris erst relativ spät in seiner Entwicklung ein Mitglied der Alten Republik geworden. Die Wichtigkeit dieses neuen Mitglieds der Republik galt als so hoch, das man nicht bloß einen einzigen Jedi-Wächter für Taris nominierte, sondern gleich einen eigenen Jedi-Rat auf Taris installierte, inklusive Jedi-Tempel. Nach Ausbruch der Mandalorianischen Kriege wurde Taris jedoch ein Opfer der mandalorianischen Neo-Kreuzritter und die örtliche Jedi-Niederlassung musste geschlossen werden. Wenig später wurde Taris ein Aufmarschgebiet für die republikanische Gegenoffensive des Revanchisten und noch später fiel die Welt dem Sith-Imperium Darth Revans zu.

So simpel klingt die Geschichte dieser Welt die in KotOR I durch Malak bombardiert und in SWTOR von Gouverneurin Saresh mühevoll neu besiedelt wurde. Doch was verbirgt sich hinter dieser Idylle?

Zunächst einmal gehörte Taris ja wie erwähnt nie zu den wichtigsten republikanischen Territorien. Die Republik hat Taris nicht gegründet oder kolonisiert, sondern Taris hat wohl einige Jahrzehnte vor den Mandalorianischen Kriegen Schritte unternommen sich der Republik anzuschließen. Wirtschaftlich war das eine kluge Entscheidung, jedenfalls bis die Republik keinerlei Schritte unternahm Taris vor den Mandalorianern zu schützen. Taris ist eine Welt die außenpolitisch immer wieder im Stich gelassen worden war, weil sie eben nicht zu den Kernwelten zählte. Während der Wiederaufbau von Welten wie Telos raschest vonstatten ging, dauerte es 300 Jahre bis man überhaupt wieder Interesse an Taris zeigte. Da war es schon viel zu später, um das ökologische Desaster der Bombardierung durch Malak rückgänig zu machen. Taris war gänzlich entvölkert und von Rakghulen verseucht.

Warum also Sareshs Interesse gerade hier eine republikanische Kolonie zu gründen? Weil die Welt nahe an der Grenze zum Sith-Imperium lag. Die künftige Kanzlerin war höchst clever und die Opfer einer Kolonialisierung von Taris waren es ihr wert einen Militärstützpunkt an der Grenze zum Imperium zu schaffen. Durch die Rakghule war eine starke Militärpräsenz bestens gerechtfertigt und so konnte man wohl auch Bestimmungen des Vertrags von Coruscant aushebeln. Sareshs Kalkül war unter anderem wohl auch, dass eine derart grenznahe Kolonie Übergriffe und somit einfach zu dokumentierende Vertragsverletzungen des Sith-Imperiums verursachen würde. Wiederum waren ihr die zivilen Opfer solcher Vorfälle herzlich egal, hauptsache sie könnte als Gouverneurin so ihren eigenen Krieg führen und ihrer Partei auf Coruscant propagandistisch Zulauf verschaffen. Rückblickend ist es kein Wunder, dass sich Saresh freiwillig als Gouverneurin dieses Höllenlochs meldete.

Die verbotene Welt: Das Versteck des Muur-Talismans

Was die Sache jedoch besonders pikant macht ist der Muur-Talisman. Die Vergangenheit von Taris mag vergessen worden sein, doch während der mandalorianischen Kriege wurde ausgerechnet hier ein Artefakt der ersten Sith-Lords gefunden. Karness Muur gehörte zu den verbannten gefallenen Jedi, welche unter Ajunta Pall die ersten dunklen Lords der Sith wurden. Dass Muurs Talisman (in welchem Muurs Geist gewissermaßen begraben war) ausgerechnet hier gefunden wurde deutet zumindest an, dass Taris in grauer Vorzeit zum Reich der Sith gehört haben könnte. Die Republik kam Jahrtausende später und nahm ein da schon unabhängiges Taris als Mitglied auf, wobei man sich jedoch nicht besonders gut um diese Welt kümmerte.

Ich wage also zu behaupten, dass Sareshs Siedlungspolitik durchaus Parallelen zu Israel oder der Militärgrenze des Habsburgerreichs aufwirft. Der Kampf um Taris war selbst ohne imperiale Beteiligung wahrscheinlich ähnlich blutig wie die Besatzung Balmorras, weshalb sich beide Schauplätze durchaus vergleichen lassen. Für republikanische Soldaten glich die Versetzung nach Taris einem Todesurteil und Saresh bemühte sich explizit die Nachfahren von vor 300 Jahren vertriebenen Bewohnern anzusiedeln, wohl um ihrem Siedlungsprogramm einen noblen Anstrich zu geben. Gleichzeitig warb man jedoch auch um Morgukai- (bekannte Jedi-Killer im Dienste der Hutten) und Cathar-Siedler. Letztere hatten in den Mandalorianischen Kriegen einen Völkermord durch die Mandalorianer überlebt. Eine radikalisierbare Diaspora anzusiedeln, damit wollte Saresh ihr Projekt gegen mangelnde Unterstützung durch die republikanischen Streitkräfte absichern. Saresh stand wohl der Sinn danach bei einer imperialen Besatzung ethnische Säuberungen anzuzetteln, um die Zivilbevölkerung in einen Guerillakrieg zu treiben, wie auf Balmorra, nur eben mit voller Absicht.

Taris mag kein Korriban, Ziost oder Dromund Kaas gewesen sein, aber die Welt lag doch einst innerhalb der Grenzen eines mythenumrankten Vorgängers des Sith-Imperiums. Für die Sith war Taris wahrscheinlich eine verbotene Welt, was eine Besiedlung von vornherein ausschloss und weshalb man die Zerstörung der Welt durch Darth Malak als Reinigung dieses Ortes betrachtet haben mag. Was Saresh hier also unter dem republikanischen Banner betrieb war durchaus eine Provokation, welche die "religiösen Gefühle" der Sith verletzt haben sollte (selbst wenn Muurs Grab nun leer war, was aber vielleicht nicht bekannt geworden ist). Die Sith hatten Taris seinerzeit wohl bewusst geräumt, um Karness Muurs Grab geheim und verschlossen zu halten, wobei man als Schutzmaßnahnme wohl die Aufzeichnungen manipuliert hatte, um den Hinweis auf den Muur-Talisman zu verschleiern. Die späteren menschlichen Siedler könnten Flüchtlinge aus dem Reich der Sith gewesen sein oder sie fanden einfach so eine fruchtbare grüne Welt vor, die allerdings auch durch Muurs finsteres Erbe die Rakghul-Plage hervorbrachte. Die Neigung der Tarisianer Wolkenkratzer zu bauen und sich vom Dschungel zu distanzieren entstandt vielleicht auch aus einer Angst vor den Rakghulen. Als kulturelle Schutzmaßnahme könnte man bereits sehr früh mit dem Bau von Pfahlbauten begonnen haben, woraus sich später eine Trennung in Ober- und Unterstadt entwickeln konnte. Der imperiale Gegenangriff auf Taris sorgte dafür, dass der Planet wieder entvölkert wurde und die überwiegend zivilen Opfer sicherten der nach Coruscant geflüchteten Saresh wenig später die Wahl zur Kanzlerin. Mission erfolgreich!

Jahre später planten die Sith eine Allianz gegen das Ewige Imperium zu unterstützen, während die Republik dank Saresh beabsichtigte diese Allianz und das Sith-Imperium zu sabotieren, damit Saresh sich als Militärdiktatorin der Allianz dank eines republikanischen Marionettenkanzlers und eines an ihren Fäden hängegen imperialen Kaisers nie wieder einer Wahl stellen müsste. Sareshs Machthunger und Verschlagenheit war unvergleichlich. Kaiserin Acina hatte kein Interesse am Ewigen Thron, aber Kanzlerin Saresh wollte Allianz, Imperium und Republik in ihre Gewalt bringen, um sich später auch noch auf den Ewigen Thron zu setzen. Wenn ihr das sogar noch wichtiger war als die Auslöschung des Sith-Imperiums, dann stellt sich auch die Frage, ob sie als Politikerin überhaupt jemals eine Ideologie verfolgte oder ob es ihr immer nur um Macht ging.

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