Saw Gerreras Rache (Rogue One Review - Episode III)


"Save the Rebellion! Save the Dream!"
- Saw Gerrera

Der Rebell der ersten Stunde

Disneys Star Wars ist ein Star Wars von Fans für Fans und so mancher Eingriff der Story Group lässt sich auch so darstellen, als hätte man schlicht und ergreifend die Gebete dieser oder jener Fangruppe erhöht. Das gewaltige Reservoir an Legends-Charakteren und Figuren aus kanonischen Comics, Serien und Romanen macht es leicht Charaktere für Gastauftritte zu finden, die sofort auf jeder Fansite publiziert und verbreitet werden. In Rogue One sind das einige, sowohl für Filmkenner, als auch für Fans der beiden Serien und alten Legends-Material. In Star Wars Rebels wurde es vorgemacht, denn dort hat man einige The Clone Wars-Charaktere bereits in eine neue Serie übernommen und dabei das Star Wars-Universum sinnvoll ausgebaut. Anstatt in jeder Serie, jedem Film und jedem anderen Ableger sein eigenes Süppchen zu kochen verbindet man nun diese ganzen Einzelteile, sodass es sich auch ganz so anfühlt, als gäbe es nur diese eine große GFFA und nicht verschiedene Universen oder Zeitlinien. Spannend wird es nun, da Rogue One neben dem Cameo Choppers (auf Yavin 4), der Ghost (in der Schlacht über Scarif), der auf in Rebels gekaperten Schiffe (die Hammerheads über Scarif) und „General Syndullas“ (Hera Syndullas, die in Rebels bisher nur Commander ist) sogar einen ehemaligen Seriencharakter als zentrale Figur verwendet. Man hätte sich in früheren Zeiten ja vorzustellen gewagt Saw Gerrera in Rebels zu sehen, immerhin war er ein Seriencharakter, doch nun springt zum ersten Mal in der Geschichte von Star Wars ein „EU-Charakter“ mit einer bedeutenden Sprechrolle in einen Film. Saw Gerrera ist ein Charakter zu dem es bereits eine Vorgeschichte gibt und dessen Erwähnung in Claudia Grays Bloodline schon Hoffnungen auf einen Auftritt in Rebels oder einem anderen Roman weckte. In Bloodline wird Saw Gerrera von palpatinefreundlichen Kreisen im neu-republikanischen Senat als Terrorist bezeichnet und selbst Leia Organa kann sich diesem Argument nicht völlig entziehen. Schlussendlich wird Leia ähnlich verbittert wie Cham Syndulla oder Saw Gerrera sein und ihre eigene Partisanengruppe gründen, die von einem geheimen Stützpunkt aus beginnen wird eine Kampagne gegen den Nachfolgerstaat des Imperiums zu starten. Und so schlittern wir in Episode VII mit General Organa als der gemäßigten Erbin dieser beiden Rebellen und Klonkriegsveteranen.

Das Besondere an Saw Gerrera ist, dass er einer Initiative der Jedi entstammt, die gegen Ende der Klonkriege eine zweite Front gegen die Separatisten eröffneten, indem sie begannen entgegen der diplomatischen Zurückhaltung der Republik Widerstandsgruppen auf neutralen Planeten Hilfe zukommen zu lassen. Jedi-Generäle und Klonoffiziere bildeten als Berater „Rebellen“ aus. Man kann sich schon vorstellen wie dieses vor dem Senat und Palpatine geheim gehaltene Vorgehen nach Order 66 in die Liste der Verbrechen der Jedi-Generäle aufgenommen wurde. Die Jedi bildeten schließlich einige jener „Terroristen“ aus, die wie Saw Gerrera jahrelang zu einem Dorn im Auge des Imperators werden sollten. Nicht zu vergessen wäre dabei auch, dass der Twi’lek-Freiheitskämpfer Cham Syndulla (der Protagonist von Paul Kemps Lords of the Sith, ein Roman der Rogue One-Fans gefallen könnte) einst ebenso von den Jedi protegiert wurde, auch wenn sich Twi’leks Senator Orn Free Taa (ein dekadenter Palpatine-Lakai) gegen ein Bündnis mit dem Radikalen aussprach und Palpatine selbst Bedenken anmeldete. Für den Masterplan der Sith wäre es wohl sinnvoller gewesen Syndulla bereits durch die Separatisten eliminieren zu lassen, womit ein Machtspiel wie in Lords of the Sith erst gar nicht notwendig gewesen wäre. Saw wurde von Captain Rex, den Generälen Kenobi und Skywalker, sowie Commander Ahsoka Tano auf Onderon ausgebildet, nachdem sich der Planet zu Kriegsbeginn von der Republik los gesagt und schließlich für die Separatisten entschieden hatte. Onderons Senatorin Nina Bonterri war indessen eine idealistische Verfechterin von Dookus Sache und hätte als Vertraute Padme Amidalas fast einen Waffenstillstand in den Klonkriegen erreicht. Durch das Schicksal der Bonterris wird erst klar wie verlogen die Klonkriege auf beiden Seiten geführt wurden, denn viele von Dookus Anhängern glaubten an die Korruptheit der Republik und erkannten nichts von Dookus Kriegsverbrechen oder seinem Paktieren mit den Gilden. Man setzte auf Droiden anstatt eine Sklavenarmee aus Klonen und mit Dooku schlug sich ein weltoffener und wortgewandter Ex-Jedi auf ihre Seite, der vielleicht auch etwas vom Ruf seines Padawans Qui-Gon Jinn für sich nutzte. Leider kamen solche alternativen Sichtweisen in The Clone Wars nur gelegentlich vor und wurden in den Romanen seit Episode II fast völlig außer acht gelassen. Nur James Luceno gelang es in seinen Werken den anderen Dooku aus dem Schatten zu holen.

Als die Separatisten auf Onderon (der Planet selbst stammt aus dem Expanded Universe und kam sogar in Knights of the Old Republic II vor) den Sturz des rechtmäßigen Königs tatkräftig unterstützten etablierte dieser ein zunehmend repressiver werdendes Regime, gegen welches Saw und Steela Gerrera zu den Waffen griffen. Unterstützt von Lux Bonterri nahmen sie Verbindung zum Jedi-Orden auf. Nach dem Abzug von Kenobi, Skywalker und Rex blieb Ahsoka auf Onderon zurück, um die Rebellen weiterhin zu beraten. Die Expertise der Jedi und ihrer Klone beim Kampf gegen die Droiden der Separatisten erwies sich als entscheidend für die frühen Erfolge der Rebellion auf Onderon. Die Methoden der Aufständischen verunsicherten jedoch die Zivilbevölkerung, welche sich fest im Griff der separatistischen Propaganda befand. Mehr Sicherheitscheckpoints, mehr Truppen auf den Straßen, mehr Unsicherheit – die Rebellen mussten ihre Strategie ändern, um öffentliche Unterstützung zu gewinnen. Bis dahin wurden die Rebellen von Saw Gerrera geführt, der sich aufgrund seines soldatischen Talents als Anführer etabliert hatte.




Als öffentliches Gesicht der Rebellion bot sich jedoch die weniger hitzköpfige Scharfschützin Steela Gerrera an, Saws Schwester. Nach einer verlorenen Kampfabstimmung um die Führung der Rebellen stürzte Saw aus dem Raum und wollte eigenhändig den gestürzten König befreien, wobei er jedoch nur in Gefangenschaft geriet. Unter Steelas Führung gelang es den Rebellen Saw, sowie den gefangenen König zu befreien und der Patriotismus der Gerrera-Geschwister beeindruckte sogar den General der Königlichen Garde, sodass dieser inspiriert durch Steela und Saws Widerstand gegen seine separatistischen Folterer ebenfalls die Seiten wechselte. Der fortgesetzte Widerstand der Rebellen führte schließlich zum Einsatz experimenteller Killerdrohnen durch den separatistischen Militärberater Kalani (einen Super Tactical Droid der sogar die Klonkriege überstand und in Rebels auftreten durfte). Mit Hilfe einer Lieferung von Sienar Raketenwerfern durch Hondo Ohnaka (der dafür wiederum unter strikter Geheimhaltung von den Jedi angeworben und bezahlt wurde) gelang es den Rebellen auch diesen Angriff abzuwehren, er kostete jedoch das Leben Steela Gerreras. Zum Glück der Rebellen zogen die Separatisten kurz darauf ihre Truppen zurück und Kalani ermordete den falschen König, womit es den Rebellen gelang Onderon wieder zu einem freien Staat zu machen, jedenfalls bis zum Untergang der Republik. Wie aus Rebels hervorging dürften die Imperialen Onderon wieder besetzt haben und Saw Gerrera sah sich wohl gezwungen seinen Krieg wiederaufzunehmen.

Die Rache der Jedi-Ritter



"Another armed occupation is not a free Ryloth! How long before I am fighting you, Master Jedi?"
- Cham Syndulla zu Mace Windu

Dass sich die Jedi freiwillig mit der Klonarmee umgaben war ihr Untergang. Palpatines Befehl zur Ausführung von Order 66 war ein Geniestreich der über ein Jahrzehnt Vorbereitungszeit gebraucht hatte. Die Jedi mit einer Klonarmee auszustatten war auch insofern sinnvoll, weil ihr Einfluss auf das ihnen unterstellte militärische Personal enorm war. Klone wie Rex hätten sich der Ausführung von Order 66 widersetzt. Dass Order 66 von normalen Menschen ausgeführt worden wäre war unwahrscheinlich, nur Captain Tarkin wäre wohl mit dabei gewesen. Schon bei Admiral Yularen hätte ich meine Zweifel gehabt. Hätte man in Episode II keine Klonarmee besessen, so wären die Jedi gezwungen gewesen planetare Milizen zu mobilisieren oder im Stil der Rebellen von Onderon Widerstandsgruppen zu organisieren. Anstatt eines Klonkriegs hätte es eine sehr machtvolle Rebellion gegeben.

Die ersten Rebellen sind das Erbe des Jedi-Ordens, auch wenn sie zum Scheitern verurteilt waren. Nur Anakin Skywalker konnte die Herrschaft der Sith schließlich beenden und auch das funktionierte nur durch den Umweg über Anakins Sohn. Die zweite Generation der Helden erweist sich in der Star Wars-Saga als strahlender als die erste. Bei der dritten steht ein solches Urteil noch aus, immerhin hat Ben Solo 2015 nicht gerade den Eindruck erweckt ein Held zu sein. Luke Skywalkers Ruf als legendärer Pilot und Bezwinger des Imperators strahlt jedoch auch auf die dritte Generation der Helden aus. Ein Poe Dameron, der auf Yavin 4 aufgewachsen ist und in die Fußstapfen seiner Mutter der Pilotin trat, tat das wohl auch, weil er vielleicht ein wenig wie Luke Skywalker sein wollte. Yavin 4 hätte es ohne Lukes „Glückstreffer“ sonst auch nicht mehr gegeben und der machtsensitive Baum im Garten der Damerons war ein Geschenk Lukes. Wenn man schon Jyn Ersos Kyberkristall-Anhänger als Verbindung zur Macht deuten kann, welchen Effekt hatte es dann wohl im Schatten eines Baumes aufzuwachsen, wie er einst im Hof des Jedi-Tempels auf Coruscant stand? Man muss kein Jedi sein, um durch die Macht beeinflusst zu werden. Die Midichlorianer sind seit Rogue One offiziell nur noch eine Möglichkeit den Einfluss der Macht zu erklären. Die Macht darf nun wieder mysteriös und unberechenbar sein.

Verluste

“What will you do when they catch you? What will you do if they break you? If you continue to fight, what will you become?“


Saw Gerrera kennt sich mit Verlusten aus. Schon in den Klonkriegen verlor er seine Schwester. Es war der Preis um die Separatisten von Onderon zu vetreiben. Zuvor wurde er durch sein eigene Hitzköpfigkeit noch gefangen und gefoltert. Seine im Trailer vorkommende Ansprache hat es zwar nicht in den Film geschafft, aber sie ist interessant, denn sie beschreibt wohl Saws eigenen Lebensweg. Der erste Rebell gab nie auf und kämpfte immer weiter. Er überlebte und opferte sich Stück für Stück auf, um den Kampf weiterzuführen. Doch wofür? Und was wurde er dadurch? Ein Cyborg, wäre die naheliegende Antwort. Cyborg-Saw ist jedoch eine krude Gestalt, die im Gegensatz zu Darth Vader oder einem Count Vidian eher so wirkt, als wären lebenserhaltenden Systeme einzig und allein dazu da ihn am Leben zu halten. Saws Cyborg-Körper ist kein Kampfanzug und damit bleiben Saw nur sein eiserner Wille und sein Ruf als Waffen. War Saw in den Klonkriegen ein Mann in seinen 20ern sollte er nun in seinen 40ern sein, auch wenn Forest Whitaker selbst bereits 55 wäre und in seiner Rolle sogar noch etwas älter aussieht. Saw ist durch Verletzungen, Folter und Anstrengung wohl frühzeitig gealtert. In Rogue One wirkt er sogar so als wäre er wirklich verbittert geworden. Saw hat in den letzten 20 Jahren wohl so ziemlich jeden sterben gesehen der ihm etwas bedeutet hat, trotzdem kämpfte er weiter. Weil es in seiner Natur liegt. Schon der junge Saw ist ein geborener Rebell und dann wird er auch noch Kriegsheld. Er hätte wohl eine Karriere als General auf Onderon ansteuern können und da wäre es ihm auch möglich gewesen sich an die Macht zu putschen oder einen blutigen Bürgerkrieg gegen das Imperium zu entfesseln. Doch zum ersten Mal begegnet man Nachkriegs-Saw im Luceno-Roman Catalyst. Dort gibt er sich als Schmuggler aus und betreibt mit einigen anderen Onderonianern eine onderonische Schmugglergruppe. Inwieweit Saws Schmugglertätigkeit vielleicht nur eine Tarnung ist bleibt unklar, womöglich hat er es wirklich versucht als Schmuggler Fuß zu fassen und konnte mit seinem Charisma einige Landsleute für seine Sache gewinnen. Oder Saw versuchte nur in der Unterwelt Fuß zu fassen, um sein eigenes Rebellennetzwerk samt Logistikabteilung auf die Beine zu stellen. Saws Rebellenhöhle in Rogue One erinnert ja auch ein wenig an eine derartige aus kriminellen Elementen rekrutierte Rebellenzelle.

Während jemand wie Admiral Ackbar in Kevin Hearnes Roman Heir to the Jedi sogar Probleme damit hat mit Schmugglern zusammenzuarbeiten oder zu stehlen, um an Versorgungsgüter für die Rebellion zu kommen, dürfte Saw derartige moralische Standards relativ schnell über Bord geworfen haben. Saw ist meines Wissens auch der erste Rebell abseits der Legends (und dort war das eine Aufgabe für Han Solo oder Lando Calrissian), der sich wie in Catalyst aktiv darum bemühte dem Imperium feindlich gesonnnene Kriminelle für die Rebellion zu gewinnen. Man muss wohl wirklich zwischen politischen Rebellen wie Mon Mothma, Leia Organa oder den ehemaligen Gardehauptmann Ackbar und den Soldaten Saw Gerrera, Cassian Andor oder General Draven unterscheiden. Die Rebellion Gerreras ist eine andere als die der rebellischen Würdenträger.

Saws Bruch mit der Führung der Allianz war wohl absehbar, da er schon in den Klonkriegen einiges an Unverständnis über die öffentliche Wahrnehmung seiner Anschläge auf separatistische Ziele äußerte. Ohne Steelas mäßigenden Einfluss ist Saw völlig entfesselt. In Freeds Rogue One-Roman stellt sich etwa die Frage, wie Saw wohl mit Gefangenen umgeht. Genauso müsste man sich fragen, wie Saw sich wohl gegenüber imperialen Kollaborateuren oder Spionen verhält. Letzteres könnte jedoch auch das Buch zum Film beantworten, in welchem Jyn eine Szene beschreibt in der Saw einen Verräter hinter seinem Speederbike herschleifte und vor einer imperialen Barracke ablud. Man wird Saws Vorgehen wohl als „Keine Gefangenen“ beschreiben können.

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