Retro-Review: Die Klassenstory des Sith-Inquisitors

Vorwort

Keine andere Klasse wird im Verlauf ihrer Klassenstory so mächtig wie der Sith-Inquisitor. Man beginnt als zur Sith-Ausbildung zugelassener Ex-Sklave und endet als Mitglied des Dunklen Rats. Man erreicht einen Rang der es einem in den Augen einiger Zweifler eigentlich unmöglich machen sollte überhaupt noch am Rest des Contents teilzunehmen. BioWare hat dieses Problem aber elegant gelöst, man wird zwar Mitglied der Regierung, aber hat als Minister für altes Wissen nicht soviel zu tun und kann sich daher auch an der Front engagieren. Gerade weil man der Experte für Artefakte und Sith-Rituale ist braucht einen das Imperium auch, wenn es darum geht exotischen Bedrohungen wie den Schreckensmeistern, Revan oder Vitiate gegenüberzutreten. Man kontrolliert vielleicht das in Kriegszeiten unwichtigste Ministerium, aber man ist der mächtigste Sith und im Vergleich mit den anderen Ratsmitgliedern auch noch deutlich jünger und kampffähiger.

Die Klassenstory des Inquisitors bietet eine ganze Reihe epischer Momente, wobei sie durch deren Anzahl meiner Meinung nach auch den Jedi-Ritter aussticht. Man überwindet nach und nach jeden seiner Vorgesetzten, bis man selbst an der Spitze des Imperiums steht. Man duelliert sich mit Darth Zash in einer Kammer des Dunklen Tempels, man konfrontiert Darth Thanaton und wird dabei von seiner eigenen Macht überwältigt, man nimmt an der Demonstration der Feuerkraft seines eigenen Superlasers teil und schlussendlich wird man vor dem versammelten dunklen Rat in den Rang eines Darth erhoben, wobei man sogar seinen eigenen Sithnamen und Thanatons Sitz im Rat erhält. Aber die Klassenstory endet da noch nicht. Man zieht triumphal in Thanatons Büro auf Dromund Kaas ein, gibt Anweisungen an seine neuen und alten Untergebenen und entscheidet sich die gefangenen Geister entweder zu entlassen oder auf ewig an sich zu binden. #Gänsehautmomente

Der Inquisitor ist womöglich die mächtigste aller Klassen, persönlich wie politisch. Man ist ein Mitglied der imperialen Regierung, sitzt im Sith-Rat, kommandiert seine eigene Flotte und hat ein Arsenal von Superlasern zur Verfügung. Als Nachfolger Thanatons hat man außerdem Zugang zu allen Sith-Relikten und alten Schriften die je vom Bergungsdienst gesammelt wurden. Selbst ohne seine Ghostbuster-Fähigkeiten ist man in der Lage sogar noch mächtiger zu werden. Auch der Sith-Imperator begann seine politische Karriere als politisch bedeutungsloser Fürst, der seine Freizeit in ein intensives Studium des alten Wissens investierte. Der Inquisitor ist der Darth Plagueis seiner Zeit. Ein immens mächtiger Gelehrter, der nach Unsterblichkeit strebt, aber nicht zwangsläufig selbst herrschen müsste.

Schwächen

Akt I

Mein persönliches Ärgernis am Inquisitor ist der eher ereignislose Akt I. Man jagt für Darth Zash Artefakte und zwischendurch sammelte man den Helm und das Lichtschwert seines Vorfahren Aloysius Kallig ein. Ist ja ganz nett, fühlt sich aber nicht so episch oder bedeutend an wie die Jagd nach Terroristen, die Rettung des Jedi-Ordens oder der Kampf gegen einen gnadenlosen Sith-Lord.

Ashara

An Ashara Zavros werden sich vor allem dunkle Inquisitoren stören, die immer wieder daran erinnert werden, dass Ashara sich nie auf die dunkle Seite zerren lässt. Krieger haben es mit Jaesa Willsaam deutlich besser, die lässt sich nämlich zur echten Sith ausbilden, auch wenn sie etwas über das Ziel hinaus schießt. So großartig die Inquisitor-Story auch is, da unterliegt sie doch klar dem Sith-Krieger.

Highlights

Aufseher Harkun

Krieger und Inquisitor werden gerne verglichen, unter anderem auch in Hinsicht auf ihren Ausbildner. Je nachdem ob man Tremel als Krieger tötet erhält man sogar Post von dessen Kollegen Harkun. Harkun ist genau wie Tremel einer der Puristen, die jeden verachten, der nicht von den reinblütigen Sith abstammt. Die beiden sind sich wohl gar nicht so unähnlich und Harkun hält Inquisitoren den Spiegel vor wie Tremel Vemrin sehen dürfte. Auch wenn man seit Game Update 1.2 auch ganz unkanonisch Nicht-Sith-Spezies als Krieger wählen kann, die Krieger-Story orientiert sich doch an einem reinblütigen Menschen oder Sith. Mein Rattataki-Juggernaut ist vermutlich nur ein glatzköpfiger Mensch mit Vorliebe für Gesichtsfarbe. Oder man bringt die genetische Kompatibilität von Menschen, Sith und anderen Humanoiden ins Spiel. Aber selbst dann ist die Abstammung immer noch verwässert.

Harkuns Bevorzugung seines Reinblut-Schülers wirkt auf Inquisitoren allerdings unfair und man kann diesen Umstand seine ganze Ausbilung hindurch mit spitzfindigen Bemerkungen kommentieren. In Akt III gibt es allerdings ein Wiedersehen mit Harkun, der nun eine neue Schiffsladung machtsensitiver Ex-Sklaven zu Sith ausbilden soll. Man kann nun mit Harkun scherzen, über die gute alte Zeit schwärmen und sogar Wetten über die neuen Akolythen abschließen. Doch Xaleks Mord an einem Twi'lek-Akolythen führt zu einem jähen Ende der guten Beziehungen zu Harkun. Der alte Drillsergeant will Xalek hinrichten oder den Vorfall zumindest Darth Thanaton melden. Daraufhin erhält man unter anderem die Möglichkeit Harkun mittels Geistestrick alles vergessen zu lassen (man kann ihn sogar zwingen Xalek sein Lichtschwert zu geben) oder sich an Harkun zu rächen, indem man ihn tötet. Falls man Harkun überleben lässt taucht er auch bei der Siegesfeier des Inquisitors auf Dromund Kaas wieder auf.


Der Erbe Aloysius Kalligs und Tulak Hords

Die Klassenstory des Inquisitors baut die Lore um Tulak Hord weiter aus, der beiläufig in KotOR I etabliert wurde. SWTOR stellt Hord seinen treuen Attentäter Khem Val und den General Aloysius Kallig zur Seite. Hord und Kallig waren einst Freunde, aber später auch Rivalen. Hord ließ Kallig ermorden, als ihm dieser wohl zu mächtig wurde. Kalligs Familie musste untertauchen und verschwand, während Kalligs rachsüchtiger Geist weiterlebte. Wie mächtig Kallig zu Lebzeiten war wird deutlich, wenn man auf Dromund Kaas erfährt, dass die Wahnsinnigen im und um den Dunklen Tempel größtenteils durch Kalligs Geist in den Wahnsinn getrieben wurden.

Im Verlauf von Akt I entdeckt man nach seiner Abstammung von Kallig auch diverse Erbstücke des dunklen Lords wieder. Unter anderem Helm und Lichtschwert. Nach seinem Sieg über Darth Zash erklärt Aloysius Kallig den Iqnuisitor auch zu seinem offiziellen Erben und verleiht ihm die Würde sich künftig Lord Kallig nennen zu dürfen.

An der Seite Lord Kalligs findet sich jedoch eine ganz besondere Trophäe des späten Triumphs Kalligs über Hords, nämlich Khem Val. Obwohl einem Khem Val zunächst misstraut ringt man dem Schattenkiller mit der Zeit Respekt ab, sodass er Kallig II. nach dessen Sieg über Thanaton auch zum rechtmäßigen Erben Tulak Hords erklärt. So gesehen ist der Inquisitor auch die am tiefsten in der Lore verwurzelte Klasse und die einzige mit einem offiziellen Nachnamen.


Zash Val

Essenztransfer ist für Kenner der Darth Bane-Trilogie eine interessante Machttechnik, die jedoch in der Geschichte des Sith-Ordens irgendwann verloren ging. Selbst zu Zeiten der Alten Republik ist die Technik nur auserwählten Gelehrten bekannt und der Inquisitor bewegt sich genau in jenen Kreisen (innerhalb der Sphäre für altes Wissen), die zumindest von der Technik wissen. Sie anzuwenden ist ein anderes Problem und Darth Zash hat wohl einen Großteil ihres Lebens damit verbracht ihre Technik zu entwickeln. Schlussendlich musste sie jedoch auf Artefakte Tulak Hords zurückgreifen und war nicht in der Lage, das notwendige Ritual wie Darth Bane aus dem Stegfrei durchzuführen.

Zashs Ritual misslingt jedoch und so landet sie im Körper Khem Vals. Ein interessantes Plot-Werkzeug, das auch zum Element von Khems Gefährtenstory wird. Die Gefährtenstory endet schließlich sogar damit, dass man sich zwischen Khem und Zash entscheiden muss. Der andere landet in einem Rakata-Gedankengefängnis, sodass sich ein loser Faden ergibt, der bisher nicht wieder aufgegriffen wurde. Fallen Empire macht es jedoch ein bisschen wahrscheinlicher eine Rückkehr Darth Zashs zu erleben, die zuletzt entweder in Khems Körper lebte oder in einer Gedankenfalle festsaß. Auch Khem Vals Körper ist nach Fallen Empire verschollen.

Während ich Khems Geschichte als abgeschlossen betrachten würde sehe ich in Zashs Fall noch die Möglichkeit einer Rückkehr. Khem ist wenig mehr als ein loyaler, aber hirnloser Gefährte ohne eigene Ambitionen. Zash hingegen... Zash war verschlagener als SCORPIO. Während sie den Inquisitor umschmeichelte und sogar wie eine helle Sith wirkte plante sie jedoch nichts anderes als ihren Schüler zu töten, um dessen Körper zu stehlen. Mit Darth Thanatons Tod ist Zash neben dem Inquisitor eine der letzten großen Sith-Gelehrten.


Geisterschlucker

Das interessanteste am Inquisitor ist sein besonderes Machttalent Geister binden zu können. Dadurch kann der Inquisitor seine Macht steigern und sich zugleich vor Angriffen mit sonst tödlichen Machttechniken wappnen. In der Folge seines übermäßigen Geisterkonsums wurde der Inqui jedoch regelrecht von seiner neuen Macht zerrissen. Das Geister sammeln in Akt II war interessant, doch die Heilung in Akt III ebenfalls.

Man musste Körper und Geist seines Inquisitors reparieren, der danach zu einem verbesserten Menschen wurde. Die genauen Auswirkungen der Maschine auf Belsavis sind unklar, aber sie bieten einiges RP-Potential. So kann man argumentieren, dass die "Behandlung" auf Belsavis den Inqui auch immun gegenüber den üblichen Auswirkungen der dunklen Seite macht. Ringe unter den Augen, blasser Teint, hervortretende Adern? Mit einer Rakata Spa Behandlung kann das alles der Vergangenheit angehören.


Das Streben nach Macht

Kommen wir zum Eingemachten, der Inquisitor ist die einzige Klasse die im Besitz einer eigenen Flotte ist. Moff Pyron bietet einem die Möglichkeit an sich eine Machtbasis im Imperium zu verschaffen, wenn man ihm hilft seinen Superlaserprototypen fertig zu stellen. Das ganze Projekt fußt auf einer Versorgung mit speziellen Chips, die nur der Inquisitor und dessen Kult auf Nar Shaddaa produzieren können. So führt das eine zum anderen und Pyron schließt sich dem Inquisitor an, der so seine eigene Superwaffe und eine Flotte erhält. Die Privatarmee des Inquisitors ist im Machtspiel unter den Sith ein Druckmittel, politisches Kapitel und etwas, das er im Falle eines Untergangs des Imperiums behalten könnte. Man ist vielleicht ein zweitrangiger Minister, aber man besitzt seine eigene Armada von Flottenkillern. Nur hängt sehr viel von der Macht des Inquisitors eben von Moff Pyron ab. Und gute Nachrichten für Inquisitoren auf dem Weg durch Fallen Empire – die Flotte hat vermutlich überlebt, wurde aber von Pyron ins ferne Outer Rim verlegt. Dort untersteht sie nun wohl auch nicht mehr dem Oberkommando des Sith-Imperiums, sondern wartet auf die Rückkehr Kalligs II.

Der Kult auf Nar Shaddaa spielt in der Klassenstory eine wichtige, aber keine überragende Rolle. Für RP-Zwecke und vielleicht auch in Hinsicht auf Fallen Empire ist er allerdings interessant. Man hat neben einem eigenen Ministerium innerhalb des Imperiums eine einem persönlich verpflichtete Flotte und außerhalb des Imperiums einen eigenen Kult mit personellen, wirtschaftlichen und militärischen Ressourcen.


Xalek, Khem Val und Talos Drellik

Verglichen mit dem Jedi-Botschafter haben Inquisitoren eine wirklich ideal zur Klasse passende Crew, zumindest großteils. Es gibt immer 1-2 Gefährten die nicht so recht zur Klasse oder der gewählten Spielweise (hell/dunkel) passen. Khem Val ist der über den Tod hinaus loyale Bodyguard, Xalek der typische Sith-Schüler und Talos Drellik der ergebene und intellektuell kompetente Assistent. Talos fungiert sogar als der Verbindungsoffizier zum Imperialen Bergungsdienst, der dem Ministerium des Inquisitors unterstellt ist. So würden nur noch ein militärischer Adjutant und ein Verbindungsmann zu den Kultisten fehlen.


Darth Imperius / Darth Occlus / Darth Nox

Je nachdem wo man auf der Moral-Skala in Akt III endet erhält man vom Dunklen Rat einen von drei möglichen Sith-Titeln: Darth Imperius (hell), Darth Occlus (grau) und Darth Nox (dunkel). Über die Klassenstory hinaus werden diese Titel leider nur noch sehr selten verwendet. Die meisten NPCs sprechen den Spieler nur noch als Lord oder Dunkler Lord an. Schade eigentlich, weil man sich im Finale der Klassenstory ja noch riesig über seinen Original-Sithnamen gefreut hat.


Im Dunklen Rat

Dass der Spieler zum Anführer seiner eigenen Fraktion wird gilt in RPGs und vor allem MMORPGs als völlig unmöglich. Und vor allem, wie soll sich das mit RP vertragen? Aber BioWare hat schon in den ursprünglichen Klassenstorys und in Fallen Empire eine elegante Lösung gefunden. Man kann die wahre Arbeit ja seinen Adjutanten anlasten und wird wegen seiner persönlichen Eigenschaften als Krieger und Auserwählter immer wieder gefordert, sodass es doch zu keinen Quests wie wnterzeichne 12 Urlaubsanträge, überlebe eine 4stündige Besprechung oder bezwinge einen Beschwerdeführer kommen muss. Der Inquisitor erreicht einen Sitz im Dunklen Rat und seine Geschichte geht trotzdem weiter, weil er einer der größten Gelehrten des Imperiums ist und über Macht verfügt, die ihn wohl zum mächtigsten Sith-Lord der Galaxis (der Imperator einmal ausgenommen) macht. Wer sonst könnte es mit Darth Malgus oder den Schreckensmeistern aufnehmen? Die anderen Ratsmitglieder sind zwar kompetent und gelehrt, wie Darth Vowrawn, aber im Zweikampf mit Malgus oder Revan würden sie vermutlich den Kürzeren ziehen. Der Inquisitor garantiert den Erfolg und ist hochrangig genug, damit der Rat keinen ambitionierten Aufsteiger (wie Malgus) fürchten muss.

Die Ambitionen des Inquisitors dürften kanonisch darauf ausgelegt sein wie Plagueis unsterblich zu werden und nicht wie Sidious auf dem Thron zu sitzen, zumindest interpretiere ich die Rishi-Klassenmission des Inquisitors so und es gibt auch einschlägige Dialogoptionen in Fallen Empire. BioWare gibt uns manchmal also auch eine Richtung vor, mit der man als Spieler nicht einverstanden sein muss. Nach Makeb hatte sich im Imperium ohnehin so etwas wie eine Doppelspitze aus Darth Marr und dem Inquisitor gebildet, wobei Marr als Seniorpartner in dieser Beziehung immer auch versuchte den Inqui in seine Richtung zu lenken. Vermutlich sah Marr im Inquisitor sogar seinen designierten Nachfolger als Reichsverweser oder sogar als nächsten Imperator. In meinen Augen hatte Marrs Verhältnis zum Inqui etwas mentorenhaftes, aber Fallen Empire hat dem ganzen einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Kommentieren



walks by night, Donnerstag, 18. Februar 2016, 14:58
Auch hierfür, mal wieder, vielen Dank!

Meine Güte, wie schaffst Du es bloss so eine Menge zu schreiben? o_O

pfannenstiel, Donnerstag, 18. Februar 2016, 20:15
Gern geschehen ;-)

Durch die Hilfe der Macht und Übung.