Zwei Arten dunkler Jedi

Mace Windu vs. Asajj Ventress

Vorsicht, dieser Titel kann ungewollte Spuren von Ironie enthalten.

Beim Rückblick auf die Klassenstorys von Jedi-Botschafter und Jedi-Ritter fallen einem gewisse Dinge auf, doch man hat nicht immer den richtigen Vergleich parat, um die Zusammenhänge zu erkennen. Zur häufigen Krieg am Botschafter gehört etwa, dass diesem unterstellt wird, dass er gar kein echter dunkler Jedi sein kann. Worauf diese Kritik abzielt ist allerdings die Vorstellung, dass dunkle Jedi (wie Ventress, Pong Krell, Set Harth, Exar Kun oder Brakiss) Verräter und nicht länger Mitglieder des Jedi-Ordens sind. Manche (wie Krell, Anakin Skywalker oder Count Dooku) lösen sich jedoch erst langsam vom Jedi-Orden, nachdem sie bereits mit der dunklen Seite in Verbindung gekommen sind, eine Tradition in die man auch den dunklen Jedi-Ritter stellen kann.

Der traditionelle dunkle Jedi-Begriff beschreibt in der allgemeinen Vorstellung einen der dunklen Seite verfallenen Jedi, der sich vom Orden abwendet und in den meisten Fällen den Übertritt in eine neue Organisation (meistens die Sith) sucht. Dunkler Jedi ist demnach ein Zwischenstadium zwischen Jedi und Sith, was ja so auch nicht ganz stimmt, aber gerne so verstanden wird. Dunkler Jedi bedeutet eigentlich nur, dass sich ein Jedi der dunklen Seite zugewandt hat. Dafür muss man keine Karriere als Sith-Lord anstreben. Es gibt ja auch Gestalten wie Set Harth, der (allerdings als Legends-Charakter) seine Jedi-Roben abgelegt hat und als wohlhabender Sammler von Artefakten auf Nar Shaddaa lebt. Harth nutzt die Macht, trägt ein Lichtschwert und greift auf Sith-Relikte zurück, allerdings aus rein praktischen Gründen und ohne ideologische Ziele.

Bevor sie zur Sith-Akolythin wurde war Asajj Ventress eine Jedi-Padawan und als ihr Meister ermordet wurde verfiel sie der dunklen Seite. Sie herrschte als Kriegsherrin ehe sie von Count Dooku als Attentäterin angeworben und auf Jedi-Generäle angesetzt wurde. Gegenüber Darth Sidious behauptete Dooku stets Ventress sei nur seine Attentäterin, eine dunkle Jedi und keine echte Sith-Schülerin. Bis zu ihrem Tod blieb unklar, ob Ventress je die Bezeichnung Sith verdient hätte. Sie war wohl doch nur eine gefallene Jedi. Und Nachtschwester, wenn The Clone Wars miteinbezieht.

Den Gegenpol zu Ventress bilden Charaktere wie Mace Windu, Vrook Lamar, Jaric Kaedan oder auch Anakin Skywalker während der Klonkriege. Jedi-Ritter die ihre dunkle Seite als Waffe nutzen (etwa in ihrer Lichtschwertform, wie Windu mit Form VII Vaapad, durch die er seine dunkle Seite kanalisiert) gibt es zumindest in den Legends und Romane wie Christie Goldens Dark Disciple bringen diese Konzepte aus den Legends auch wieder zurück in den Kanon. Mace Windu ist in The Clone Wars und Goldens Dark Disciple jedenfalls jemand der mit seinen Konversationsentscheidungen recht häufig auch mal die DS-Option austestet. Im neuen Kanon ist es Windu, der etwa einen Attentatsversuch (durch Quinlan Vos) auf Count Dooku ins Spiel bringt und damit die dunkle Seite des Jedi-Ordens illustriert.

Windu ist dunkel und nicht bloß aufgrund seiner Abstammung von Harun Kral bzw. seiner Hautfarbe. Windu ist dunkel weil er in seiner Jedi-Distanziertheit Handlungen billigt die klar gegen die hohen moralischen Ansprüche des Jedi-Ordens verstoßen. Windu tut das nicht leichtfertig, aber es ist durchaus ein Ausdruck seiner wahren Persönlichkeit. Windu gehört im Jedi-Rat zu den Erzkonservativen und ist damit auch einer der Fanatiker. Man muss kein machtgeiler Egomane sein, um auf der dunklen Seite zu stehen, es reicht auch der unerbittliche Vertreter seiner Fraktion zu sein. Windu & Co waren in den Klonkriegen so sehr davon überzeugt die Guten zu sein, dass sie es gar nicht mehr begriffen, als sie moralische Grauzonen betraten und sogar bereits hinter sich ließen.

Brüder im Geiste: Windu, Kaedan, Lamar

Doch Windu ist in der Geschichte des Jedi-Ordens nicht der einzige uneinsichtige Fanatiker, denn es gab auch andere, die auch sehr aggressiv für ihre Ideologie eintraten. Einer der militantesten Jedi-Meister der alten Republik war Vrook Lamar. Militant bedeutet in diesem Sinne nicht, dass er sich in den Mandalorianischen Kriegen auf die Seite der Revanchisten schlug, sondern dass er durchaus gewaltbereit die Position des phlegmatischen Jedi-Rats vertrat. Es waren Meister wie Lamar die Revan am liebsten aus den Orden geworfen oder unter Hausarrest im Jedi-Tempel gestellt hätten, weil dieser in den Krieg gegen die Mandalorianer ziehen wollte. Revans Erfolge zwangen die Konservativen still zu halten, doch in Revans Fall sahen sie sich rückwirkend vollinhaltlich bestätigt. Wäre nie passiert, wenn man das gesamte Outer Rim an die Mandos verloren hätte. Doch es war auch Lamar, der mit einer loyalen Jedi-Eingreiftruppe gegen den von einem Sith unterwanderten Jedi-Geheimbund auf Coruscant vorging.

Trotzdem, unterm Strich hätte sich Lamar mit seiner Jedi-Emotionslosigkeit und seiner Überzeugung das richtige zu tun genauso wie Windu zum einen oder anderen kaltblütigen Mord hinreißen lassen. Es hätte ihn der dunklen Seite vielleicht nicht einmal näher gebracht, weil er den Jedi-Werten ja bis ins Mark treu geblieben wäre. Außer man sieht die Macht als etwas organisches und die dunkle Seite somit auch als eine Art Lebewesen. Aber in den Legends gibt es eben auch die Sicht, dass die Macht an sich völlig neutral ist und die dunkle Seite nicht existiert. Es gibt dieser Theorie nach nur die rohe ungezähmte Macht, in die man sowohl durch Leidenschaft, als auch Emotionslosigkeit (sich der Macht völlig hingeben) eintauchen kann. Die dunkle Seite ist demnach ein Teil des Anwenders, aber nicht der Macht. Es geht also mehr darum welche Emotionen man nutzt und wenn man mit reinem Gewissen und uneigennützig handelt sollte man auch seine weiße Weste behalten.

In Lamars Fußstapfen trat später der aus SWTOR bekannte Jaric Kaedan (der im Original übrigens von HK-47, 51 und 55 gesprochen wird - Kristoffer Tabori), wie Windu ein Meister von Form VII, in seiner Juyo-Kos Ausprägung. Form VII war in den Legends die gefährlichste aller Lichtschwertformen, denn sie basiert darauf seine Aggressionen und damit auch die dunkle Seite zu kanalisieren. In konservativen Kreisen wurde die Form durch ihre Nähe zur dunklen Seite kritisch beäugt, wurde sie ursprünglich ja auch sehr gerne von Anhängern der dunklen Seite genutzt. Jaric Kaedan erwies sich wie Windu allerdings als tiefloyales Mitglied des Jedi-Ordens und nutzte seine dunkle Seite ebenfalls nur als Waffe gegen die Sith, womit er sich wohl wie Windu in der Lage befand auch einige der mächtigsten Sith-Lords in die Schranken zu weisen, indem er deren dunkle Energien gegen sie selbst verwendete. Kaedan gelang es mit der Hilfe von Juyo und seiner tiefen Überzeugung ein Jedi zu sein einst sogar die Schreckensmeister zu besiegen und auf Belsavis in Stasiskammern zu stecken. Als Mitglied des Jedi-Rats erwies sich Kaedan als unerwartet aggressiv und bedrohte sogar den Sith-Überläufer Lord Scourge. Kaedans Herz war am rechten Fleck, doch seine Methoden wirkten nicht sehr jedihaft. Man kann sich durch Meister wie Kaedan, Windu oder Lamar aber gut vorstellen, warum der Jedi-Orden in manchen Gegenden der Galaxis verhasst gewesen sein muss. Nicht jeder Jedi waren eben weise wie Yoda oder diplomatisch wie Obi-Wan, es gab auch Grobiane und realitätsfremde Zeloten.

Der dunkle Jedi-Botschafter

Manchmal glaube ich, dass der Jedi-Schatten die kanonische Erweiterte Klasse des Jedi-Botschafters sein muss. Alleine deshalb weil der Schatten in SWTOR als energischer Kämpfer gegen die dunkle Seite beschrieben wird, der mit seiner unerbittlichen Einstellung und im Auftrag des Jedi-Rats auch sehr nahe an die dunkle Seite rücken kann.

Das macht umso mehr Sinn, wenn man sich vergegenwärtigt, dass Mace Windu, Jaric Kaedan und Vrook Lamar Vorbilder für diese Klasse waren. Man kann natürlich auch nach Antworten im Jahre 2011 suchen, als Pre-Launch Videos das Moralsystem in SWTOR erklärten. Anders als in KotOR führte man die Sith in SWTOR als eigene Fraktion ein, womit einem aber auch die Möglichkeit genommen wurde sich bewusst für einen Seitenwechsel zu entscheiden. Dunkle Republikaner wurden damals als böse Alliierte beschrieben, helle Imps als gute Nazis. Nur weil man Gefangene foltert und Kriegsverbrechen begeht ist man ja noch kein Angehöriger der Gegenseite.

Der Botschafter folgte der 2011 gesetzten Zielsetzung, dass es auch böse Reps geben soll, während der Ritter sich mehr Freiheiten herausnahm und eher an KotOR orientierte.

Dunkle Jedi-Ritter

Tiefdunkle Ritter werden durch die Bengel Morr-Entscheidung zu heimlichen Abtrünnigen, die auf einem Pfad wandeln, der sie früher oder später zu Sith machen könnte. Es ist wie im Prolog beschrieben, Bengel Morr ist kein Sith, aber verdammt nahe dran einer zu sein, ohne dem Orden anzugehören. Morr ist der klassische gefallene Jedi, ein Ex-Padawan, der den Orden hinter sich gelassen hat und nun auf die dunkle Seite vertraut. Doch Morr ist auch bemüht seine eigene Organisation auf die Beine zu stellen, er trainiert zu Beginn der Ritter-Story sogar einen eigenen Schüler. Wenn der dunkle Ritter den Vibe eines Möchtegern-Sith vermittelt ist das mit ziemlicher Sicherheit gewollt.

Und im Gegensatz zum Botschafter, der selbst auf der dunklen Seite kaum für seine Handlungen gerügt wird, muss der Ritter am Ende von Akt III feststellen, dass er sich seine Chancen auf eine Ernennung zum Jedi-Meister verbaut hat. Der Jedi-Rat ist ja nicht blind und erkennt zumindest die abtrünnige Haltung des Ritters. Man fühlt sich an Anakin Skywalker erinnert, der in Legends auch einem Ordensaustritt zuneigte. Aussteiger verfolgt man in den meisten Sekten auch härter als solche die es mit den Geboten nicht so ernst nehmen. Der Botschafter hingegen ist gemäß seiner Klassenstory loyal bis auf die Knochen, aber er gehört als dunkler Jedi eben zu den Fanatikern. Auf gewisse Weise ist man dann ja schon ein "grauer Jedi", wenn man Hell V erreicht, weil man sich so eben noch am deutlichsten vom Mainstream abhebt. Graue Jedi waren zu Zeiten Qui-Gon Jinns (der oft als solcher bezeichnet wurde) keine moralisch grauen Jedi, sondern solche die immer wieder gegen den konservativen Jedi-Rat aufbegehrten und sich damit in Grauzonen wagten, denn ihr Handeln wurde dabei nicht von höheren Stellen gedeckt, selbst wenn es moralisch korrekt war.

Der dunkelste Jedi

Wer ist böser? In meinen Augen der dunkle Jedi-Ritter, der in seiner Klassenstory auch reichlich Gelegenheit hat Kriegsverbrechen zu begehen, andere Machtnutzer zur dunklen Seite zu bekehren und der dunklen Seite in Form von Sel-Makor ein Menschenopfer darzubringen.

Kommentieren



arzurag, Donnerstag, 4. Februar 2016, 11:49
Allgemein sollte BW die Möglichkeit einbauen, komplett eine Seite zu wechseln.
Das wäre mal ein schönes feature, für das sich ein Abo wieder lohnen würde.

Das die Macht an sich neutral ist, sollte dementsprechend gewürdigt werden.
Klar, ein Seitenwechsel ist vielleicht etwas radikal, würde aber der eigenen Geschichte endlich mehr individualität geben.

walks by night, Donnerstag, 4. Februar 2016, 13:55
Da gebe ich Dir Recht; allerdings hat ein Wechsel der Gesinnung Jedi<->Sith in SWtOR auch gleich Einfluss auf die Fraktion. Und das jetzt noch umzusetzen wird wohl eher nicht passieren.
Der Eingriff ins System wäre einfach zu groß.

Ob die Macht an sich neutral ist, ist schon fast ein theologisches Thema.
Ich würde diese Aussage anfechten ;-)

arzurag, Freitag, 5. Februar 2016, 15:47
Interessant, eine Diskussion über das Wesen der Macht, das wäre fast schon ein eigenen Thread wert :)

Das mit dem Seitenwechsel wird wohl immer auf meiner Wunschliste ganz oben stehen.

pfannenstiel, Freitag, 5. Februar 2016, 19:56
Die Potentium-Lehre ist ja leider nicht mehr kanonisch, insofern ist man als Anhänger der Theorie einer neutralen Macht mittlerweile ja Häretiker. Aber die von oben verordnete Vorstellung, dass die Macht wie auf Mortis von gottähnlichen Wesen beeinflusst werden könnte ist zumindest für mich auch nicht gerade attraktiv.

Wobei Sohn und Tochter ja auch nur zwei Aspekte einer dreifaltigen Macht sind, in der es noch den über allem stehenden Vater gibt, der an sich neutral ist und ein Gleichgewicht seiner Kinder anstrebt. Es müsste also neben heller und dunkler Seite (innerhalb der lebendigen Macht?) auch noch die vereinende oder universelle Macht (die kosmische Macht) geben.

Das Problem ist meiner Ansicht nach, dass die dunkle Seite in den meisten Fällen einfach als Abnormalität der Macht gesehen wird, während man die helle Seite als Normalzustand der Macht annimmt. Das würde aber keinem Gleichgewicht entsprechen. Da die dunkle Seite auf normalen Emotionen wie Zorn und Leidenschaft basiert sollte sie einfach zum Leben (und damit der lebendigen Macht) dazugehören und auf diese Weise auch unauslöschlich sein, genauso wie die helle Seite. Ohne beide stagniert aber das Leben und damit die Macht.

Meiner Vorstellung nach ist Anakin Skywalker eine Verkörperung der lebendigen Macht. Wenn er sich der dunklen Seite zuwendet kippt das Gleichgewicht auf die dunkle Seite. Als er durch Luke bekehrt wird kippt das Gleichgewicht neuerlich. Aber wie weit? Das wissen wir am Beginn der Sequel-Trilogie noch nicht, diese Geschichte wurde noch nicht geschrieben. Auf Wookieepedia steht zumindest etwas davon, dass nach Vaders Bekehrung eine 30jährige Stille in der Macht eintrat, die sich erst mit Reys Erwachen in etwas entlud. Ich denke da mit nostalgischen Gefühlen an Stovers Episode III-Roman und die Thematik mit den toten Sternen. Wenn Vaders Tod so etwas wie ein schwarzes Loch in der Macht hinterließ oder das "Universum" zum Einsturz brachte, dann könnte man Reys Erwachen als eine Art Urknall betrachten. Was wir im Film teilweise ja sehen könnten ist ein Erwachen von anderen Machtnutzern, Maz hätte etwa einige Szenen mit ihren Machtkräften erhalten sollen. Und Kylo Rens Unfertigkeit als "Sith" hängt vielleicht auch mit der 30 Jahre schlummernden dunklen Seite zusammen. Die Macht war da, aber ihre beiden Seiten waren schwach. Han Solo käme demnach die Rolle der Ikarus II-Crew in Sunshine zu, er starb um die Sonne zum Erwachen zu bringen.