Klasse Story
Die Klassenstories auf Rishi waren kurz und für manche Klassen auch eher unbefriedigend, doch der Sith-Inquisitor hat es mir einfach angetan. Meistens wird die Story des Inquis auf Rishi auf dessen Suche nach einer Quelle der ewigen Jugend reduziert, doch mich begeistert da ein viel unscheinbareres Detail.

Zunächst jedoch noch ein kleiner Exkurs zum Thema Rishi und die Unsterblichkeit. Die Entscheidung für oder gegen Unsterblichkeit ist klar gestrickt und fällt in die übliche Hell/Dunkel-Einteilung, weshalb ich von ihr bei weitem nicht so angetan war wie andere. Zumindest einmal habe ich mich jedoch auch mit einem hellen Sith-Attentäter dafür entschieden „Truppen nach Rishi zu senden und den Planeten zu befrieden“. Andere sehen darin nur den Aspekt des Strebens nach Unsterblichkeit und eines hohen Blutzolls, der für dieses Ziel entrichtet wird, doch ich dachte auch daran Rishi zu erobern und in das Imperium einzugliedern. Keine der acht Klassen besitzt die Möglichkeit irgendeinen bleibenden Eindruck auf Rishi zu hinterlassen und den Planeten zu einer besseren Welt zu machen, auch wenn sich selbst manche Imperiale über die auf Rishi praktizierte Form der Sklaverei beschweren und die Piratenherrschaft über Rishi den Reps eigentlich sauer aufstößt. Nach dem Abzug von Rishi hinterlässt man ein gewaltiges Machvakuum durch die Zerschlagung der größten Piratengruppe, ein bürgerkriegsähnlicher Machtkampf zwischen den übrigen Gangs wäre wohl die Folge und dieses Blutvergießen versucht eigentlich keine einzige Klasse zu vermeiden. Die Taten des Jedi-Ritters sind auch nur ein Tropfen auf dem heißen Stein und der Jedi-Botschafter unternimmt rein gar nichts, um das Leben der einfachen Leute zu schützen. Meine helle Attentäterin konnte daher gar nicht anders als ein Garnison für Rishi bereitzustellen, wobei ewige Jugend für eitle Damen wie sie auch ein netter Bonus wäre. Als heller Sith trotzdem nach Unsterblichkeit zu streben wäre auf gewisse Weise auch zum besten für das Imperium, denn nur so kann man den eigenen mäßigenden Einfluss auf den Sith-Orden dauerhaft sicherstellen.

Das entscheidende Detail auf Rishi ist für mich allerdings die Entscheidungsmöglichkeit bei Annahme der Klassenquest. Nach der Möglichkeit sein persönliches Superwaffenprojekt stillzulegen, einen Verbesserungsversuch zu starten oder die Probleme zu ignorieren erhält man konkrete Hinweise darauf, dass der Inqui offscreen wohl doch ein sehr aktives Mitglied des Dunklen Rats ist. Darth Ravage hat einen Planeten erobert, doch die Talentscouts des Inquisitors sind der Ansicht die Bevölkerung des von Ravage in Beschlag genommenen Planeten könnte potentielle Rekruten für die Sith-Akademie beherben. Es begeistert mich schon, dass der Inquisitor als Hüter des Alten Wissens über seine eigenen Aufseher an der Sith-Akademie verfügt, doch nun machen sich diese auch Gedanken darüber, woher man neue Rekruten beziehen kann. Ist der Inqui als Thanatons Nachfolger vielleicht gleichzeitig der Herr über die Sith-Akademie und deren Direktor? Kann man diesen frischen Akolythen auch einen etwas unorthodoxen Weg der Machtnutzung aufzeigen, um sie etwas grauer als den Mainstream werden zu lassen?

Wer Krieger und Inquis durch das Ende von Akt III und nach Ilum geführt hat wird sich bei Ravage an einen ziemlich aufbrausenden und kurzsichtig denkenden Charakter erinnern, der nur wegen der Verluste auf Corellia und Malgus Rebellion derart mächtig werden konnte. Ravage würde als Außenminister des Imperiums eigentlich auf einem politischen Abstellgleis stehen, denn diplomatisch ist er ganz und gar nicht, doch als Kriegstreiber kann er defensiven Strategien durchaus schaden. Als Konservativer hat Ravage außerdem wohl so einige andere Ratsmitglieder auf seiner Seite und stellt ein Problem für Reformpläne dar.

Moff Pyron präsentiert dem Inquisitor jedoch drei Möglichkeiten mit der Situation um Ravage umzugehen, man kann die Rekrutierung der Sith-Anwärter sein lassen, man kann das Risiko eingehen sich Ravage zum Feind zu machen oder man kann seine künftigen Rekruten heimlich entführen lassen. Was mich nun fasziniert ist wie offen diese Entscheidung ist, denn als hell, dunkel oder grau lässt sich keine der drei Möglichkeiten eindeutig festlegen. Ravage zu provozieren könnte dunkel sein? Als heller Sith wäre man Ravage sowieso ein Dorn im Auge und entscheidet man sich dafür verweist der Inqui selbst darauf wie wichtig Verbündete für das Imperium sind. Ravage freie Hand zu lassen klingt hell, aber tatsächlich lässt man diesen damit wertvolle Humanressourcen verschwenden und neue Feinde auf den Plan rufen, nur um vielleicht einem Mordanschlag auszuweichen. Frieden mit Ravage wäre ein Verlust für das Imperium und die eigene Machtbasis. Konflikt mit Ravage wäre das erwartungsgemäße Sith-Verhalten, aber es bringt einem selbst, dem Imperium und der betroffenen Bevölkerung einfach mehr als Untätigkeit. Die dritte Möglichkeit versucht das Beste aus den beiden Gegensätzen zu kombinieren. Man beauftragt Sklavenhändler damit die gewünschten Machtempfänglichen zu rekrutieren und rekrutiert vor Ravages Nase, ohne dass dieser es auch nur mitbekommt. Das Risiko, dass dieser Schwindel auffliegt, besteht und damit ist eine spätere Rache Ravages auch nicht ganz ausgeschlossen. Zumindest „rettet“ man einigen Leuten allerdings das Leben, gewinnt neue Verbündete und füllt die Ränge des Sith-Ordens nach dem Angriff auf Korriban wieder auf, mit Akolythen die nun jedoch dem neuen Lord Kallig gegenüber loyal sein könnten.

Seit Rishi frage ich mich, ob diese Entscheidungen vielleicht noch Folgen haben werden, da die Klassenstories auf Rishi wie der Auftakt zu einem neuen Kapitel in der persönlichen Charakterentwicklung wirken. Andere Klassen erleben auch besondere Entscheidungen auf Rishi, der Jedi-Ritter kann sich nach Rishi etwa wieder an seine Gefangenschaft in der Festung des Imperators erinnern und auch andere vermeintlich abgeschlossene Charaktergeschichten werden neu aufgerollt und mit einem offenen Ende versehen (General Garza, Darth Vowrawn, Shara Jenn, Beryl Thorne, Thera Markon). Für mich wirkt Rishi nicht wie ein Epilog zu Akt III, der wie in KotOR II erklärt was aus wem wurde, sondern wie der Prolog zu etwas das noch kommen wird. Die Krieger-Story ist sicher überdeutlich was ihre Prolog-Wirkung betrifft, bereits beim Jedi-Ritter ist es jedoch weniger klar erkennbar, worauf Rishi bereits hindeutete. Die Erlebnisse des Botschafters, Schmugglers und Kopfgeldjägers scheinen ebenfalls ziemlich isoliert zu sein und nicht über Rishi hinaus zu führen, aber Agenten und Soldaten stellen doch die Weichen für eine mögliche Rückkehr ihrer primären Questgeber.

Aus erzählerischer Sicht waren die Bündnis-Flashpoints der Rolltext zu SWTOR Episode V Shadow of Revan und aus dem Cliffhanger auf Yavin 4 (vergleichbar mit Angriff der Klonkrieger oder Rache der Sith) entspinnt sich eine ganze Content-Epoche (wie die Klonkriege oder Dark Times), die dann wiederum vom Rolltext des nächsten Addons erwähnt werden sollte. Auch zwischen zwei Episoden kann es Charakterentwicklung geben, man bedenke nur das angespannte Verhältnis zwischen Anakin und Obi-Wan in Episode II, das offscreen entstand oder die Beziehung der beiden zu General Grievous, die erst von The Clone Wars thematisiert wurde (btw Anakin begegnet Grievous in Ep III nach 3 Jahren Krieg zum ersten Mal persönlich). Luke wuchs überhaupt erst zwischen zwei Filmen auf und Lando Calrissian mauserte sich zwischen Episode V und VI zum General der Rebellenallianz. Während wir im Fall der Filme nicht wissen wie es zu bestimmten Dingen kam besitzt SWTOR die Möglichkeit auch zu erzählen was in der Zwischenzeit vorfiel und wie manches seines spätere Gestalt annahm, wobei es jedoch auch möglich sein wird von Addon zu Addon zu springen, ohne zu wissen was hinter dem Rolltext steckt. Ähnlich wie Kinobesucher kein dutzend Romane oder Comics über die Jahre zwischen zwei Episoden kennen müssen versucht auch Bioware seine Addons als Kapitel ähnlich zugänglich zu halten. Klassenstories könnten also auch zwischen zwei Addons eingesetzt werden, was allerdings mehr dem Konzept der Prequels entspricht, in der OT war die Charakterentwicklung deutlich stärker auf die Filme konzentriert und hatte dementsprechend weniger Erklärungsbedarf.

Kommentieren