Dragon Age Inquisition Review (Teil 3): Und die Moral von der Geschicht
Schon seit Dragon Age Origins rühmt sich das Dragon Age-Franchise des Verzichts auf eine klare Trennung zwischen Gut und Böse. Was nach einer "guten" Entscheidung klingt muss in Inquisition nun auch nicht unbedingt richtig sein.

Nun ist auch die Welt von Inquisition ein einzig großer Graubereich mit dunkleren und helleren Facetten. Und das gefällt dem verwöhnten Rollenspieler doch sehr, auch wenn es mir zeitweise fast das Herz bricht auf ungeahnte Opposition für meine gutherzigen Entscheidungen zu stoßen. First Try heißt für mich ja auch normalerweise den Weg der Rechtschaffenheit zu suchen und eben alles "richtig" zu machen... weil es halt eben so ist. Nun ist es allerdings nicht so.

DAI belohnt Durchgreifen mit eiserner Faust zwar auch nicht, aber der gewohnte Schulterklopfer der versammelten Mannschaft für Verschonen und Entkommen lassen bleibt ebenfalls aus. David Gaider hat als Chefautor von Dragon Age 2 schon betont, wie man sich im DA Franchise von Mass Effects Paragon/Renegade-Rating entfernt hat. Spielerfreiheit über alles, auch in Hinsicht auf moralische Entscheidungen.

Wenn man endlich erkennt wie frei man sich in Inquisition bewegen kann ist es meistens schon zu spät und man hat den alten Dogmen folgend schon einige bittere Erfahrungen in dieser Welt gemacht, die so gar nicht einfach in bekannte Schwarz-weiß Schemen passt.

Magier oder Templer, die Wahl scheint doch relativ einfach? Die armen unterdrückten Magier... doch die Welt um einen herum sieht sie als Monster und potentielle Brandstifter neuer Katastrophen, auch wenn man alles dafür tut, das Ansehen der Magier zu retten. Wer sich für die Magier entscheidet treibt die Templer dem Oberschurken Corypheus in die Arme und umgekehrt würden die Magier auf Corypheus Seite landen, wenn man sich mit den Templern verbündet. Es gibt keinen dritten Weg der die Sonne strahlen und einen Regenbogen erscheinen lässt.

So oder so muss man für seine Entscheidung nicht nur Kritik aus den eigenen Reihen einstecken, sondern auch auch feststellen, dass man einiges Leid über die Opfer dieser Entscheidung gebracht hat. Die Hardliner bleiben Hardliner, egal ob sie sich einem nun anschließen oder nicht. Anders als andere Bioware Spiele ist in DAI nicht plötzlich jeder ursprüngliche Gegner einer Entscheidung doch zufrieden oder nur noch skeptisch. DAI ist in Hinsicht auf die Sturköpfigkeit seiner NPCs erstaunlich realistisch.

Die vermeintlich Guten sind nicht immer fehlerlos, so sollte auch die Lehre aus dem Schicksal der Grauen Wächter lauten. Corypheus lockt sie in eine Falle und bietet ihnen durch einen Emissär einen Ausweg, ohne dass die Wächter dabei ihre Prinzipien verraten müssten. Die Prinzipientreue der Grauen Wächter ist das was sie zu Helden macht und genau das nutzt Corypheus in DAI auch aus. Hier wird keine Gedankenkontrolle oder Erpressung verwendet, denn Corypheus unfreiwillige Verbündete agieren mit hehren Idealen, sie wissen nur nicht, dass sie damit genau das tun was sich ihr Erzfeind wünschen würde.

Graue Wächter die von einem der Schöpfer der Dunklen Brut manipuliert werden ihren Orden praktisch in einem letzten Gefecht zu opfern und sich dadurch in willenlose Sklaven des Feindes verwandeln könnten. Diese Ironie muss schmerzen, war man in Dragon Age 1 doch selbst einer dieser heldenhaften Grauen Wächter und hätte für die Vernichtung des Erzdämons sogar mit dem Leben bezahlen können. Ein bisschen Ritualverkehr mit Morrigan rettet damals meinen Wächter vor seinem unweigerlichen Tod und das Produkt dieser Nacht steht in der Skyhold nun als "Kieran" neben Morrigan, sollte man sich für Kaiserin Celene und nicht ihren thronräuberischen Cousin entscheiden.

In DAI ist es nicht mehr länger der einzig richtige Weg ein guter Mensch zu sein, denn mit eiserner Faust kann man genauso seine Ziele erreichen und muss mit diesen Entscheidungen auch nicht einsam bleiben.

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