Österreichische Patrioten
Des einen Terrorist, des anderen Freiheitskämpfer, des einen Nationalist, des anderen Patriot. Der Begriff des Patrioten ist am Beginn des 21. Jahrhunderts durch starken inflationären Gebrauch längst in Verruf geraten, denn selbst wahre Patrioten sind nicht unfehlbar und Patriotismus ist nicht gleichbedeutend mit einem Bekenntnis zu Demokratie und Rechtsstaat.

Konzentrieren wir uns daher lieber zuerst auf die Definition von Patriotismus gemäß wikipedia:

Als Patriotismus (von gr. πατρίς; patris, Vater; lat. patria, Heimat, Vaterland) wird eine emotionale Verbundenheit mit der eigenen Nation bezeichnet. Im Deutschen wird anstelle des Lehnwortes auch der Begriff „Vaterlandsliebe“ synonym verwendet.

Diese Bindung wird auch als Nationalgefühl oder Nationalstolz benannt und kann sich auf ganz verschiedene als Merkmale der eigenen Nation angesehene Aspekte beziehen, etwa ethnische, kulturelle, politische oder historische.

Im Unterschied zu einer historisch-kulturellen Bindung steht der Verfassungspatriotismus für das positive Bekenntnis zu den in einer staatlichen Verfassung verankerten übernationalen ethischen und politischen Grundwerten. Diese beziehen sich in der Tradition westlicher Rechtsstaaten auf die unveräußerliche Menschenwürde und davon abgeleitete Menschenrechte, für die universale Geltung beansprucht wird.

Patriotismus wird heute allgemein von Nationalismus und Chauvinismus unterschieden, insofern Patrioten sich mit dem eigenen Land und Volk identifizieren, ohne ihre Nation über andere zu stellen und andere Völker implizit abzuwerten. Er bezieht sich auf die im staatsbürgerlichen Ethos wurzelnde, zugleich gefühlsbetonte, oft leidenschaftlich gesteigerte Hingabe an das überpersönliche staatliche Ganze, das in dieser Form nicht nur als rechtliche und politische Ordnung, sondern als die den einzelnen tragende Gemeinschaft empfunden wird. Inwieweit dieser Unterschied tatsächlich besteht und historisch wirksam wurde, ist in vielen Ländern umstritten.

In Mitteleuropa hat sich der Patriotismus aus dem revolutionär verstandenen Liberalismus und Nationalismus des Bürgertums entwickelt, das gegen den Feudalismus einen anfangs demokratisch verfassten Nationalstaat anstrebte. Diese als Macht von unten aufgefasste Volksherrschaft hat sich seit der US-amerikanischen Revolution von 1776 und der Französischen Revolution von 1789 langfristig in den meisten europäischen Staaten als Verfassung und Selbstverständnis durchgesetzt, nachdem sie zunächst nur ein Thema intellektueller Eliten war und dann vielfachen historischen Rückschlägen unterlag. Heute ist Patriotismus als überwiegend positiv verstandener Begriff in der Bevölkerung der meisten Staaten verankert.

Kritiker sehen jedoch fließende Grenzen zwischen dem heutigen positiv verstandenen Patriotismus und einem negativ verstandenen Nationalismus und die Gefahr, dass heutige Rechtsextremisten ihren Nationalismus als Patriotismus ausgeben und verschleiern.


Dem gegenüber steht der

Nationalismus bezeichnet eine politische Ideologie, die auf eine Kongruenz zwischen einer (beispielsweise ethnisch definierten) Nation und einem Staatsgebilde abzielt (Ernest Gellner, 1983). In der Umgangssprache und teilweise im neueren Sprachgebrauch wird darunter oft eine Überhöhung der eigenen Nation (siehe Chauvinismus) verstanden. Diese zweite Bedeutung von Nationalismus wird oft vom romantisch-emotionalen Patriotismus abgegrenzt, der sich für die Werte und Symbole seines Landes einsetzt und dies auch anderen Nationalitäten zubilligt.


Das spezifisch österreichische Problem ist in diesem Zusammenhang dass die vermeintlichen Patrioten insgeheim, oft mehr und manchmal weniger, Deutschnationale also Deutschnationalisten sind, die in der Tradition der Nationalsozialisten ein Großdeutsches Reich anstreben, das aus Österreich, Deutschland, Südtirol und der deutschsprachigen Schweiz bestehen sollte. Ein solches Reich wäre natürlich alles andere als demokratisch gesinnt und schon allein von der Größe her, würde sie zwangsläufig Tendenzen folgen, die den europäischen Frieden gefährden. Denn Patrioten stehen ein und sterben notfalls für ihre Werte, Nationalisten drohen und töten andere, die diese absoluten Wertvorstellungen nicht teilen wollen und wer in der Lage ist seine Träume zu verwirklichen, will auch Sekundärziele wie die Ausschaltung der Opposition verwirklichen, massives Blutvergießen ist die Folge.

Was das mit Österreich und dem 21. Jahrhundert zu tun hat? Politische Bildung wäre essenziell um diese Frage nicht stellen zu müssen. Die Europäische Union mag in kaum einer Hinsicht perfekt sein, doch sie gilt als einzigartiges Friedensprojekt, das auf dem europäischen Festland eine bedeutende Erfolgsgeschichte verwirklicht hat. Das noch junge (1995) Mitgliedsland Österreich wurde 2000 Opfer von EU-Sanktionen, die nicht überall gutgeheißen wurden, doch die Konsequenz war die Schaffung eines Nährbodes für Anti-EU-Propaganda. Die damit verbundene scheinheilige Forderung nach einem nationalen Volksbegehren über EU-Verträge ist ein kongenialer politischer Schachzug der nicht EU-kritischen, sondern nationalistischen Parteien, denn ein solches Volksbegehren einzuführen, könnte andere Länder animieren nachzuziehen und schon hätte man 27 Staaten deren Bürger politisch instrumentalisiert nein ankreuzen würden, eine gesamteuropäische Volksabstimmung, bei der nicht ein Land ein anderes blockiert, sondern das europäische Volk als ganzes entscheidet, wird insgeheim abgelehnt, man ignoriert die Idee eines geeinten Europas ohne ein "Herrenvolk" bereits, wie es wohl in den Hinterköpfen der Forderer des Europas der "Völker" herumspukt.

Am Ende sind alle Politiker nur Vertreter von Parteien und ihren Organisationen. Es ist nichts an der FPÖ, das sie von den anderen 2 Großparteien abhebt, nur dass ihre Vertreter statt aus sozialpartnerschaftlichen Institutionen, Gewerkschaften und so weiter, oft aus informellen Burschenschaften und Vereinigungen stammen. Das Konzept, dass Quereinsteiger ohne entsprechendes politisch arrangiertes Vorleben nicht vorkommen trifft also genauso zu, wie bei allen anderen Parteien. Der einfache Mann, die Jugend, die sie gewählt haben, hat in der Partei nichts zu sagen, man braucht den dummen Wähler lediglich, um sich Sitze im Parlament zu sichern, die rein rechnerisch entsprechend der Wahlbeteiligung nicht in dieser Menge vergeben werden dürften. Ärgerlich nur, dass viele der Spitzenpolitiker Erben der einstigen Braunen sind, die nach dem Krieg ihre absolute Macht verloren hatten und Jahrzehnte auf ihr Comeback unter Haider warten mussten. Doch die Partei ließ sich nicht säuberun und zur bürgerlichen Alternative zur ÖVP in Stellung bringen, den Wählern fällt das mangels politischer Bildung aber kaum auf. Mit der Gründung und Positionierung des BZÖ spricht Haider explizit ÖVP-Wähler an, die einen radikaleren Kurs fordern, während der Klon des jungen Haider mit der FPÖ in ehemalige SPÖ-Domänen vorzudringen versteht.

Österreichische Patrioten? Wenn man ein Pferd mit weißen Streifen versieht, ist es dann ein Zebra? Genauso hängen sich die ideologischen Nachfolger jener Männer, die schon vor 1938 den Verrat an Österreich probten, einfach einen Österreich-Schal um und spielen mit der Patriotismus-Formel. Ein echter Österreicher ist für die (im Grunde Anti-)EU-Volksabstimmung, ein echter Österreicher unterstützt Russland und Serbien im Kampf um den Anschluss ehemaliger Gebiete. Aus taktischen Gründen wagt Strache es die serbische Gemeinde Wiens in seine politischen Strategien einzubeziehen und erhebt sie wie einst Herr H. aus Braunau die Kroaten zu "Freunden Österreichs", ungeachtet des Anschlags serbischer Nationalisten 1914.

Herrn S. Versuche die Bundeshauptstadt zu erobern sind nichts weiter als Hoffnungen die beinahe totalitären Traditionen der sozialen Stadtherren einfach zu übernehmen und fortzuführen. Regime Change und nicht Demokratisierung, im Jargon des US-Außenministeriums.

Man darf sich freilich fragen, was soll ein österreichischer Patriot sein? Jemand der seine Kartoffel beharrlich Eradpfel nennt, obwohl er seinen Mitmenschen die sprachlichen Wirrungen des Hochdeutschen nicht ausreden will oder ein Mann der sich als Feind des Islamismus bezeichnet, sich aber nicht von Beziehungen zum Iran distanziert hat, der mit Hamas und Hisbollah zwei der bekanntesten Terrororganisationden der Welt finanziert und zugleich mit den Revolutionsgarden eine weniger bekannte im eigenen Land unterhält. Der Iran, auch wenn er durch seine Außenpolitik Mitschuld an Terroranschlägen auf österreichischen Boden haben könnte, ist aber anderenseits der bedeutendste Förderer des Antisemitismus und veranstaltet fast jährlich Konferenzen für Holocaust-Leugner, die mitunter loyale, gut organisierte und finanzkräftige Förder entsprechender politischer Ambitionen sein können.

Und um es zuletzt noch einmal zu sagen, jene"Patrioten", die sich heute medienwirksam als solche inszenieren, wären 1938 genau jene "Patrioten" gewesen, die Österreich verraten hätten. Das sollte man berücksichtigen und zumindest mit diesem Wissen in die Wahlkabine gehen, um am Ende nicht zu behaupten, man hätte ja nichts von all dem gewusst, wem kann man den heute noch trauen? Niemand und wirklich niemand, dazu haben wir die Politik nämlich gemacht, eine große Show, in der das Publikum nur dazu da ist, für diesen oder den anderen Kandidaten anzurufen. Konkrete Wünsche werden nur erfüllt, wenn es in die Show passt, das beste hebt man sich halt auf.

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